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Branchen | Polen | Schiffsverkehr und Häfen

Wachsender Güterumschlag zwingt Häfen zum Ausbau

Polens Ostseehäfen müssen durch den Krieg in der Ukraine verursachte Güterströme bewältigen. Sie sind daher gut ausgelastet. Die Betreiber müssen Kapazitäten erweitern.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Der Güterumschlag in den drei großen polnischen Seehäfen Gdańsk (Danzig), Szczecin-Świnoujście (Stettin-Swinemünde) und Gdynia (Gdingen) erhöhte sich 2022 um 18 Prozent gegenüber 2021 und stieg auf 133,2 Millionen Tonnen (einschließlich kleinerer Schiffe). Für 2023 erwarten Experten weitere Steigerungen aufgrund veränderter Güterströme.

Der Containerumschlag stagniert dagegen wegen der wirtschaftlichen Schwäche in Asien, insbesondere Chinas. Einen gewissen Ausgleich könnte laut dem Vizeminister für Infrastruktur, Marek Gróbarczyk, der Containerverkehr zwischen Polen und Singapur, den Philippinen sowie dem Vereinigten Königreich schaffen.

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Danzig festigt seine Führungsposition

Polens wichtigster Hafen ist Gdańsk. Dieser verzeichnete 2022 einen kräftigen Zuwachs um 28 Prozent auf 68,2 Millionen Tonnen verladene Güter. Die vorhandene Jahreskapazität schätzt der Vorsitzende des Danziger Hafens, Łukasz Greinke, in einem Beitrag in der Tageszeitung Rzeczpospolita auf 84 Millionen bis 90 Millionen Tonnen. Im Jahr 2023 rechnet er mit einem Güterumschlag von 78 Millionen bis 80 Millionen Tonnen und damit mit einer Auslastung, die allmählich an ihre Kapazitätsgrenze stößt.

Etwas weniger Güter als der Danziger Hafen verluden 2022 die beiden anderen großen Ostseehäfen Szczecin-Świnoujście und Gdynia zusammen. Die Hafengruppe Szczecin-Świnoujście brachte es auf 36,8 Millionen Tonnen (+10,8 Prozent gegenüber 2021) und Gdynia auf 28,2 Millionen Tonnen (+5,6 Prozent).

Güterumschlag der polnischen Ostseehäfen nach Produktgruppen (in 1.000 Tonnen, Veränderung in Prozent) *)

2021

2022

Veränderung

Massengüter, trocken

28.526

41.683

46,1

  Kohle, Koks

8.546

22.427

162,4

Massengüter, flüssig

29.890

38.822

29,9

  Erdöl und Erdölprodukte

24.748

32.033

29,4

Container

23.115

22.768

-1,5

Ro-Ro-Cargo (roll on, roll off)

10.032

9.720

-3,1

Übrige kleinere Ladungen

5.100

5.965

17,0

Insgesamt

96.663

118.957

23,1

* Ungenauigkeiten durch Rundung, ohne Schiffe mit einer Bruttoraumzahl (Gross Tonnage) von unter 100Quelle: Statistisches Hauptamt GUS 2023

Seetransport legt zu

Im Jahr 2022 nahm der Umschlag vor allem von Kohle sowie Erdöl und Erdölprodukten stark zu. Aufgrund des gegen die Russische Föderation verhängten Embargos fielen Transporte per Bahn aus östlicher Richtung nach Polen weg. Ersatzlieferungen aus anderen Ländern erreichten Polen per Schiff.

So importierte Polen 2022 vor allem auf dem Seeweg rund 20 Millionen Tonnen Steinkohle unter anderem aus der Republik Südafrika, Kasachstan, Kolumbien, Australien und Indonesien (Import 2021: rund 13 Millionen Tonnen). Durch den Ausfall der ukrainischen Schwarzmeerhäfen wurde außerdem Getreide aus der Ukraine über polnische Häfen verschifft. Auch 2023 rechnen diese mit einer steigenden Verladung von Kohle und Erdöl.

Häfen schlagen mehr Brennstoffe um

Im Danziger Hafen stieg der Umschlag von Kohle auf 13,2 Millionen Tonnen (+175 Prozent). Allein der Kohleimport erreichte dort 12,5 Millionen Tonnen. An flüssigen Brennstoffen verlud Gdańsk 25,2 Millionen Tonnen (+35 Prozent) und bei Holz über 0,5 Millionen Tonnen (+413 Prozent).

Durch das Terminal für Flüssigerdgas in Świnoujście flossen 2022 laut Rzeczpospolita über 0,4 Millionen Tonnen LNG (Liquefied Natural Gas), ein Plus von 54,6 Prozent. Die Hafengruppe verlud 4,3 Millionen Tonnen Kohle (+50,8 Prozent) und 7,5 Millionen Tonnen andere Brennstoffe (+42,5 Prozent).

In Gdynia erhöhte sich der Umschlag von Kohle und Koks um 174,1 Prozent auf 3,4 Millionen Tonnen sowie von Holz um 109 Prozent auf über 0,5 Millionen Tonnen. Mit einer Verladung von 4,7 Millionen Tonnen Getreide ist Gdynia in diesem Segment führend. Das Hafenterminal OT Port Gdynia der Gruppe OT Logistics will im März 2023 einen selbstfahrenden Schiffslader in Betrieb nehmen. Dadurch erhöht sich die Verladekapazität des Terminals von 3,7 Millionen auf 4,7 Millionen Tonnen Massen- und Schüttgut. Für ein ehemaliges Getreideterminal sucht die Hafenverwaltung von Gdynia einen neuen Pächter. Die Bewerbungsfrist endete am 31. Januar 2023. 

Kapazitäten werden ausgebaut

Der zunehmende Güterumschlag in Polens Häfen erfordert einen weiteren Ausbau der Kapazitäten. Im Danziger Containerhafen wurde bereits mit dem Bau des neuen Kai Baltic Hub Terminal 3 für 531 Millionen Euro begonnen. Er soll 2024 seinen Betrieb aufnehmen. Im Innenhafen werden Kais laut Hafenvorstand Greinke so umgebaut, dass ihre Verladekapazität steigt. Zusammen mit dem Erdölhafen Naftoport entwerfe man eine zusätzliche Verladestelle für Erdöl und Erdölprodukte.

Mit dem für die Erdgas-Pipelines zuständigen Unternehmen Gaz-System gab es Gespräche über den Bau eines schwimmenden Terminals (Floating Storage Regasification Unit, FSRU), um per Tanker angeliefertes LNG löschen, speichern und regasifiziert ins Erdgasnetz einspeisen zu können.

Mit dem Bau eines neuen Zentralhafens (Port Centralny) verfolgt der Hafen Gdańsk auch ein schon länger geplantes Großvorhaben weiter, wenngleich in möglicherweise reduzierter Form. Als Vorbereitung sollen laut Greinke 2023 Bodenuntersuchungen beginnen. Gegen Ende des laufenden Jahrzehnts könnten die neuen Kais zur Verfügung stehen. In Gdynia wird der Außenhafen gebaut und die Kais werden modernisiert. Szczecin-Świnoujście erhöht die Kapazitäten für Container und LNG.

Restriktionen bei Verkäufen von Unternehmensanteilen

Mit dem steigenden Güterumschlag wächst auch die strategische Bedeutung der Seehäfen für Polen. Der Staat möchte deshalb mehr Mitspracherechte haben. Der Fiskus sicherte sich daher ein Vorkaufsrecht für zum Verkauf angebotene Aktien und Anteile an Unternehmen, die Hafenimmobilien nutzen. Ein entsprechendes Gesetz zur Meeressicherheit unterzeichnete Staatspräsident Andrzej Duda Ende Januar 2023. Kritiker befürchten, dass dadurch die Tätigkeit von Firmen beeinträchtigt werden und das Vertrauen von Investoren sinken könnte.

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