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Wirtschaftsumfeld | Russland | Krieg in der Ukraine

EU erlässt neue Beschränkungen im Russlandhandel

Die EU verschärft das Export- und Transitembargo, erschwert die Umgehung des Ölpreisdeckels, untersagt den Import von Metallprodukten und dreht der Druschba-Pipeline den Hahn zu.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Berlin

Der Staatenverbund erweitert im 11. Sanktionspaket (Beschluss GASP 2023/2017) die Liste der Güter, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands beitragen. Nun dürfen auch Waren, die zur Entwicklung oder Herstellung der militärischen Systeme beitragen, nicht dorthin ausgeführt werden. Betroffen sind unter anderem elektronische und optische Bauteile, Halbleitermaterialien oder Navigationsinstrumente sowie Schiffsausrüstung.

Ausweitung des Ausfuhrembargos auf Technologie und Luxusgüter

Die EU verhängt weitere Beschränkungen für die Ausfuhr von Gütern, die insbesondere zur Stärkung der industriellen Kapazitäten Russlands beitragen könnten. Die neuen Exportverbote belaufen sich auf rund 1,5 Milliarden Euro. Zudem werden die Produktkategorien breiter gefasst und nicht mehr in sechsstelligen, sondern nur noch in vierstelligen Zolltarifnummern ausgewiesen. Dadurch sollen falsche Klassifikationen erschwert werden. 

Die Mitgliedsstaaten verbieten den Verkauf von Rechten des geistigen Eigentums oder von Geschäftsgeheimnissen, die Erteilung von Lizenzen dafür oder jede anderweitige Weitergabe nach Russland. Auch die Gewährung von Rechten auf Zugang zu oder Weiterverwendung von Materialien oder Informationen, die durch Rechte des geistigen Eigentums geschützt sind oder Geschäftsgeheimnisse darstellen, unterliegt Sanktionen. Darunter können bei enger Auslegung auch Lizenzen für Computer-Software fallen.

Das Exportverbot für Luxusfahrzeuge (ab 50.000 Euro pro Einheit) wird auf alle Neu- und Gebrauchtwagen mit einem Hubraum ab 1,9 Liter sowie auf alle Elektro- und Hybridfahrzeuge ausgeweitet.

Umgehung des G7-Ölpreisdeckels wird erschwert

Versuche, den Ölpreisdeckel der G7-Staaten zu umgehen, führen zu einer starken Zunahme der Verschleierung der Herkunft von Rohöl und Ölprodukten aus Russland. Vor allem vor der Küste Griechenlands wird häufig Öl, das nicht in die EU geliefert werden darf, auf andere Schiffe umgepumpt (Ship-to-Ship-Transfer, STS).

Ab dem 24. Juli 2023 verbietet die EU Schiffen, die an der Umladung von Öl aus Russland beteiligt sind, den Zugang zu ihren Häfen und Schleusen. Dies geschieht, wenn der begründete Verdacht besteht, dass diese Schiffe das Einfuhrembargo der EU auf Öl und Ölprodukte aus Russland auf dem Seeweg umgehen oder den G7-Preisdeckel für Rohöl und Erdölerzeugnisse aushebeln wollen. Das Verbot gilt für alle Schiffe, unabhängig von der Flagge, unter der sie registriert sind. Das Einlaufen in Häfen und Schleusen wird ebenso untersagt, wenn die Besatzung verdächtiger Schiffe das Ortungssystem AIS stört, manipuliert oder deaktiviert.

Einfuhrverbot für Metallerzeugnisse aus Russland verschärft

Die EU weitet im 11. Paket zudem die Importbeschränkungen für Eisen- und Stahlerzeugnisse aus Russland aus. Unter anderem dürfen Halbzeug, Flachzeug oder Walzdraht aus Eisen und nicht legiertem Stahl nicht mehr mittelbar oder unmittelbar eingeführt werden. Auch Importeure von Eisen- und Stahlprodukten, die in einem Drittland verarbeitet wurden, müssen den Nachweis erbringen, dass die verwendeten Materialien und Vorleistungen keinen Ursprung in Russland haben. Ansonsten unterliegen auch sie ab 30. September 2023 dem Einfuhrembargo.

Für in Anhang XVII aufgeführte Erzeugnisse, die in einem Drittland unter Verwendung von Halbzeug aus Eisen oder nicht legiertem Stahl (KN-Code 7207 11) mit Ursprung in Russland verarbeitet werden, tritt das Einfuhrverbot ab dem 1. April 2024 in Kraft. Für Erzeugnisse aus Halbzeug aus Eisen oder nicht legiertem Stahl (KN-Code 7207 12 10) sowie aus legiertem Stahl in Rohblöcken (KN-Code 7224 90) gelten die Sanktionen ab 1. Oktober 2024.

Liste sanktionierter Metallprodukte in Anhang XVII

KN-Code

Warenbezeichnung

7206

Eisen und nicht legierter Stahl, in Rohblöcken (Ingots) oder anderen Rohformen (ausg. Abfallblöcke, stranggegossene Erzeugnisse und Eisen der Position 7203)

7207

Halbzeug aus Eisen oder nicht legiertem Stahl

7208

Flacherzeugnisse aus Eisen oder nichtlegiertem Stahl, mit einer Breite von >= 600 mm, warmgewalzt, weder plattiert noch überzogen

7209

Flacherzeugnisse aus Eisen oder nichtlegiertem Stahl, mit einer Breite von >= 600 mm, kaltgewalzt, weder plattiert noch überzogen

7210

Flacherzeugnisse aus Eisen oder nichtlegiertem Stahl, mit einer Breite von >= 600 mm, warm- oder kaltgewalzt, plattiert oder überzogen

7211

Flacherzeugnisse aus Eisen oder nichtlegiertem Stahl, mit einer Breite von < 600 mm, warm- oder kaltgewalzt, weder plattiert noch überzogen

7212

Flacherzeugnisse aus Eisen oder nichtlegiertem Stahl, mit einer Breite von < 600 mm, warm- oder kaltgewalzt, plattiert oder überzogen

7213

Walzdraht aus Eisen oder nichtlegiertem Stahl, warmgewalzt, in Ringen regellos aufgehaspelt

7214

Stabstahl aus Eisen oder nicht legiertem Stahl, nur geschmiedet, nur warmgewalzt, nur warmgezogen oder nur warmstranggepresst, auch nach dem Walzen verwunden (ausg. in Ringen regellos aufgehaspelt)

7215

Stabstahl aus Eisen oder nichtlegiertem Stahl, kalthergestellt oder kaltfertiggestellt, auch weitergehend bearbeitet, oder warmhergestellt und weitergehend bearbeitet, anderweitig nicht genannt

Anhang XVII Liste der Eisen- und Stahlerzeugnisse nach Artikel 3g Quelle: Beschluss GASP 2023/2017

Nördliche Druschba-Pipeline wird geschlossen

Ende des Jahres 2022 verhängte der Staatenverbund ein Embargo gegen Ölimporte per Schiff aus Russland. Eine Ausnahmeregelung erlaubte jedoch, russisches Öl über die Druschba-Pipeline einzuführen. Deutschland und Polen bezogen freiwillig keine Importe mehr über den durch Belarus verlaufenden nördlichen Strang der Pipeline. Mit dem Inkrafttreten des 11. Sanktionspakets beendet die EU die Ausnahmeregelung, russisches Rohöl über den Nordstrang der Druschba-Pipeline nach Deutschland und Polen einzuführen.

Über ihren Südstrang durch die Ukraine darf übergangsweise weiter Rohöl aus Russland in die Slowakei sowie nach Tschechien und Ungarn importiert werden. Auch die Einfuhr von Öl aus Kasachstan oder in einem anderen Drittland, das über die Druschba-Pipeline durch Russland geleitet wird, ist weiter erlaubt.

Einfuhrverbot wird auf russische Lkw-Anhänger ausgeweitet

Seit April 2022 ist es russischen Lkw verboten, das Territorium der EU zu befahren. Doch fanden findige Transportfirmen schnell eine Lücke und spannten ihre Anhänger an der Grenze hinter Zugmaschinen aus der EU. Mit dem 11. Paket wird das Verbot der Beförderung von Gütern auf europäischen Straßen um in Russland zugelassene Anhänger und Sattelauflieger ausgeweitet. Das Einreiseverbot gilt auch dann, wenn russische Anhänger von außerhalb Russlands zugelassenen Lkw gezogen werden. Ein Umspannen auf in Europa zugelassene Lkw ist nun nicht mehr möglich. Das Umladen der Güter ist jedoch weiterhin erlaubt.

Kriterien für Sanktionsverhängung ausgeweitet

Die EU erweiterte die Kriterien für die Verhängung individueller Sanktionen. Unternehmen aus der IT-Branche, die den russischen Nachrichtendiensten kritische Technologie und Software bereitstellen, verfügen üblicherweise über eine Genehmigung des Inlandsgeheimdiensts FSB. Diese ermöglicht es ihnen, mit als Staatsgeheimnis eingestuften Informationen zu arbeiten.

Im 11. Paket wird ein neues Sanktionskriterium für diejenigen russischen IT-Unternehmen eingeführt, die über eine kryptografische Lizenz des Inlandsgeheimdienstes FSB oder eine Lizenz des russischen Industrie- und Handelsministeriums für Waffen und Militärgerät verfügen. Auf Grundlage dieses neuen Kriteriums wurden bereits gegen neun IT-Unternehmen im 11. Paket Sanktionen ausgesprochen.

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