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Wirtschaftsumfeld | EU, Russland | Sanktionen | Dienstleistungsverbote

Sanktionen auf Dienstleistungen

Die Europäische Union hat die Erbringung bestimmter unternehmensrelevanter Dienstleistungen an russische Kunden untersagt. Welche Dienstleistungen betroffen sind, lesen Sie hier.

Von Edda Wolf, Hans-Jürgen Wittmann | Bonn, Berlin

Die Europäische Union (EU) hat verboten, unmittelbar oder mittelbar bestimmte Dienstleistungen für die Regierung Russlands oder in Russland niedergelassene juristische Personen wie Unternehmen, Organisationen oder Einrichtungen zu erbringen.

Seit 4. Juni 2022 ist es untersagt, Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung (einschließlich Abschlussprüfung), Buchführung und Steuerberatung sowie Unternehmens- und Public-Relations-Beratung zu erbringen. Lobbyarbeit könnte Public-Relations-Dienstleistungen darstellen und fällt daher unter das Verbot.

Ab 5. Juli 2022 dürfen keine Trust- und Treuhand-Dienstleistungen für russische Treugeber oder Begünstigte erbracht werden.

Um den Druck auf die Industrie Russlands zu erhöhen, hat die EU am 6. Oktober 2022 beschlossen, die Palette der Dienstleistungen, die nicht mehr für Russland erbracht werden dürfen, auf Architektur- und Ingenieurdienstleistungen, IT-Beratung und Rechtsberatung auszuweiten.

Am 16. Dezember 2022 wurde zusätzlich ein Verbot der Erbringung von Werbediensten, Markt- und Meinungsforschungsdiensten sowie Produktprüfungen und technischen Inspektionen verhängt.

In der EU niedergelassene Unternehmen, einschließlich Tochtergesellschaften von in Russland niedergelassenen Firmen, sind durch die EU-Sanktionen gebunden.

Nicht vom Verbot betroffen sind Dienstleistungen für in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, welche sich im Eigentum oder unter der alleinigen oder gemeinsamen Kontrolle eines EU-Mitgliedsstaates befinden.

Wirtschaftsprüfung, Buchführung, Steuerberatung, Unternehmens- und Public-Relations-Beratung

Im 6. Sanktionspaket stellt die EU mit dem Beschluss (GASP) 2022/884 vom 3. Juni 2022 die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung (einschließlich Abschlussprüfung), Buchführung und Steuerberatung sowie Unternehmensberatung und Public-Relations-Beratung in Russland unter Strafe.

Wirtschaftsprüfung, Buchführung und Steuerberatung umfassen die Führung von Geschäftsbüchern für Unternehmen und andere Wirtschaftsteilnehmer, Dienstleistungen der Prüfung von Geschäftsbüchern und Jahresabschlüssen, die Steuerplanung und -beratung für Unternehmen sowie die Zusammenstellung von Steuerunterlagen.

Unter Unternehmens- und Public-Relations-Beratung versteht die EU die Beratung, Anleitung und praktische Unterstützung von Unternehmen bei der Durchführung unternehmenspolitischer und strategischer Maßnahmen und bei der Gesamtplanung, Struktur und Kontrolle einer Organisation. Managementgebühren, die Leistungsbeurteilung von Führungskräften, Beratungsleistungen in Fragen der Vermarktung, des Personalmanagements, des Produktions- und Projektmanagements sowie Beratung, Anleitung und praktische Unterstützung bei Maßnahmen zur Verbesserung des Rufes bei den Kunden und der Beziehungen zu anderen Einrichtungen und zur Öffentlichkeit sind eingeschlossen.

Trust- und Treuhand-Dienstleistungen für russische Treugeber oder Begünstigte

Verboten ist es gemäß Verordnung 833/2014 (idgF) Artikel 5m, einen Trust oder eine ähnliche Rechtsgestaltung zu registrieren oder einen Sitz, eine Geschäfts- oder Verwaltungsanschrift oder Verwaltungsdienstleistungen dafür bereitzustellen, wenn eine der folgenden Personen, Organisationen oder Einrichtungen Treugeber oder Begünstigter ist:

  • russische Staatsangehörige oder in Russland ansässige natürliche Personen,
  • in Russland niedergelassene juristische Personen oder juristische Personen, deren Anteile zu über 50 Prozent unmittelbar oder mittelbar von einer vorgenannten Person gehalten werden oder kontrolliert werden,
  • Personen, die im Namen oder auf Anweisung einer der vorgenannten Personen handeln.

Ab dem 5. Juli 2022 ist es verboten als Treuhänder, nomineller Anteilseigner, Geschäftsführer, Sekretär oder in einer ähnlichen Funktion für einen in Bezug auf die vorgenannten Personen genommenen Trust oder eine dort in Bezug genommene ähnliche Rechtsgestaltung zu handeln oder dies einer anderen Person zu ermöglichen.

Die Verbote gelten nicht für Transaktionen, die unbedingt erforderlich sind, um vor dem 9. April 2022 geschlossene Verträge, die mit Artikel 5m nicht vereinbar sind, oder für deren Erfüllung erforderliche akzessorische Verträge bis zum 5. Juli 2022 zu beenden. Das Verbot gilt auch nicht, wenn der Treugeber oder Begünstigte ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats oder eine natürliche Person ist, die über einen befristeten oder unbefristeten Aufenthaltstitel in einem EU-Mitgliedstaat verfügt. Zudem können die zuständigen Behörden für bestimmte in Absatz 5 des Artikel 5m genannte Zwecke unter ihnen angemessen erscheinenden Bedingungen vom Verbot abweichende Genehmigungen erteilen.

Architektur- und Ingenieurdienste, IT-Beratung, Rechtsberatung

Im 8. Sanktionspaket belegt die EU mit dem Beschluss (GASP) 2022/1909 vom 6. Oktober 2022 die Erbringung mittelbarer und unmittelbarer Dienstleistungen in den Bereichen Architektur und Ingenieurwesen, IT-Beratung und Rechtsberatung mit einem Verbot.

Architektur- und Ingenieurbürodienstleistungen beinhalten sowohl Architektur- und Ingenieurbürodienstleistungen als auch integrierte Ingenieurbürodienstleistungen, Dienstleistungen von Städteplanern und Landschaftsarchitekten sowie mit Ingenieurbürodienstleistungen zusammenhängende wissenschaftliche und technische Beratungsdienstleistungen. Nicht betroffen ist hingegen die technische Hilfe im Zusammenhang mit nach Russland ausgeführten Gütern, wenn deren Verkauf, Erbringung, Weitergabe oder Ausfuhr zum Zeitpunkt, zu dem diese technische Hilfe geleistet wird, nicht verboten war.

Unter IT-Beratungsdienstleistungen versteht die EU Beratungsdienstleistungen im Zusammenhang mit der Installation von Computerhardware, Unterstützungsleistungen für Kunden bei der Installation von Computerhardware und -netzen sowie Softwareimplementierungsdienste einschließlich aller Tätigkeiten, die Beratungsdienstleistungen zur Entwicklung und Implementierung von Software umfassen.

Rechtsberatungsdienstleistungen umfassen die Rechtsberatung für Mandanten in nicht streitigen Angelegenheiten, einschließlich Handelsgeschäften, bei denen es um die Anwendung oder Auslegung von Rechtsvorschriften geht. Auch die Teilnahme mit oder im Namen von Mandanten an Handelsgeschäften, Verhandlungen und sonstigen Geschäften mit Dritten sowie die Ausarbeitung, Ausfertigung und Überprüfung von Rechtsdokumenten wird als Rechtsberatungsdienstleistung verstanden. Nicht betroffen sind hingegen die Vertretung, Beratung, Ausarbeitung oder Überprüfung von Dokumenten im Rahmen von Rechtsvertretungsdienstleistungen, insbesondere in Angelegenheiten oder Verfahren vor Verwaltungsbehörden, Gerichten, anderen ordnungsgemäß eingerichteten offiziellen Gerichten oder in Schieds- oder Mediationsverfahren.

Das Verbot gilt unter anderem nicht für die Erbringung von Dienstleistungen, die unbedingt erforderlich sind, um vor dem 7. Oktober 2022 geschlossene Verträge, die mit diesem Artikel nicht vereinbar sind, oder für deren Erfüllung erforderliche akzessorische Verträge bis zum 8. Januar 2023 zu beenden.

Markt- und Meinungsforschung, Werbung

Mit dem 9. Sanktionspaket verbietet die EU mit Beschluss (GASP) 2022/2478 vom 16. Dezember 2022 die Erbringung von Dienstleistungen für die Markt- und Meinungsforschung sowie für Werbung.

Unter Markt- und Meinungsforschungsleistungen werden gemäß der Zentralen Gütersystematik des Statistischen Amts der Vereinten Nationen (UN) Dienstleistungen im Bereich der Markt- und Meinungsforschung verstanden.

Werbedienstleistungen umfassen den Verkauf oder das Leasing von Werbeflächen oder -zeiten sowie Dienstleistungen zur Planung, Gestaltung und Platzierung von Werbung sowie sonstige werbende Dienstleistungen.

Leistungen, die im Rahmen bereits geschlossener Verträge erbracht werden, müssen bis spätestens 16. Januar 2023 abgewickelt werden.

Das Verbot gilt unter anderem nicht für die Erbringung von Dienstleistungen, die unbedingt erforderlich sind, um vor dem 17. Dezember 2022 geschlossene Verträge, die mit diesem Artikel nicht vereinbar sind, oder für deren Erfüllung erforderliche akzessorische Verträge bis zum 16. Januar 2023 zu beenden.

Technische Prüfdienstleistungen: technische, physikalische und chemische Untersuchung

Die EU untersagt mit dem Beschluss (GASP) 2022/2478 vom 16. Dezember 2022 die Erbringung von Dienstleistungen zur Produktprüfung und technische Prüfungsleistungen. Technische, physikalische und chemische Untersuchungsleistungen beinhalten Tätigkeiten zur Untersuchung der Zusammensetzung und Reinheit eines Materials, zur Analyse physikalischer Eigenschaften und integrierter mechanischer oder elektrischer Systeme, technische Überwachungsleistungen sowie andere technische Prüfungsleistungen. Diese sind relevant für sämtliche Maschinen und Anlagen, die eingemessen, kalibriert und abgenommen werden, darunter Labor- und Analysetechnik und Chemieanlagen.

Weiterhin erlaubt ist die Bereitstellung von technischer Hilfe im Zusammenhang mit Gütern, die nach Russland ausgeführt werden, wenn der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr solcher Güter zum Zeitpunkt, zu dem diese technische Hilfe erbracht wird, nicht entsprechend der aktuellen Verordnung verboten ist.

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