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Saudi-Arabien arbeitet an großen Wasserstoffprojekten

Ein Großteil der saudi-arabischen Wasserstoffproduktion soll blau sein, derzeit finden sich aber keine Abnehmer. Ein grünes Wasserstoffprojekt ist mit deutscher Beteiligung im Bau.  

Von Robert Espey | Dubai

Saudi-Arabien will ein führender Wasserstoffproduzent werden. Offizielle Stellen nennen für 2030 eine Zielgröße von jährlich 2,9 Millionen Tonnen, bis 2035 sind 4 Millionen Tonnen geplant. Die angestrebten Mengen schließen grau-blauen und grünen Wasserstoff ein. Angaben zum Anteil grünen Wasserstoffs fehlen.

Bislang produziert Saudi-Arabien vor allem Wasserstoff aus Erdgas mit SMR-Technologie (Steam Methan Reformer). Dabei entstehen pro Kilogramm Wasserstoff etwa 12 Kilogramm Kohlenstoffdioxid (CO₂). Aktuell verfügt die nationale Ölgesellschaft Saudi Aramco über Kapazitäten zur Herstellung von jährlich 0,8 Millionen Tonnen grauem Wasserstoff.

Das Königreich erzeugt im Rahmen von Pilotprojekten kleine Mengen blauen Wasserstoffs. Im Herbst 2020 gingen 40 Tonnen blaues Ammoniak nach Japan. Zur Herstellung von einer Tonne Ammoniak sind etwa 0,2 Tonnen blauer Wasserstoff erforderlich. Anfang 2023 wurde blaues Ammoniak erstmalig nach Südkorea exportiert. Im April 2023 folgte eine weitere Lieferung nach Japan.

Einsatz von CCUS-Technologien

Der aus Jafurah-Gas erzeugte graue Wasserstoff soll durch den Einsatz von CCUS-Technologien (Carbon Capture Utilization and Storage) zu blauem Wasserstoff werden. Saudi Aramco verkündete 2021, seine Treibhausgasemissionen (nur Scope 1 und 2) bis 2050 auf null zu reduzieren. Damit dürfte in Jafurah spätestens zu diesem Zeitpunkt nur noch blauer Wasserstoff erzeugt werden. In Saudi-Arabien soll CCUS eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung der Industrie spielen.

Megaprojekt: LNG oder blauer Wasserstoff?

Das größte Wasserstoffvorhaben Saudi-Arabiens ist im Rahmen der klimaschädlichen Erschließung der Schiefergasvorkommen von Jafurah geplant. Die dortigen Gasreserven belaufen sich geschätzt auf 5,7 Billionen Kubikmeter. Jafurah liegt in der Ostprovinz zwischen dem riesigen Ghawar-Ölfeld und der Golfküste. Projektbetreiber ist Aramco.

Der Planung zufolge soll ein Großteil der Jafurah-Gasförderung zur Herstellung von blauem Wasserstoff verwendet werden. Bis 2030 wird eine Jahresproduktion von 11 Millionen Tonnen blauem Ammoniak angestrebt. Dazu werden 2,2 Millionen Tonnen Wasserstoff benötigt.

Im Mai 2023 erklärte allerdings Aramco-Chef Amin Nasser in einem Gespräch mit Analysten, dass der Aufbau der sehr teuren blauen Wasserstoffproduktion Abnahmeverträge (Offtake Agreements) voraussetze. Gegenwärtig bestehe bei privaten Unternehmen in Asien und Europa jedoch keine Bereitschaft, zu den hohen Preisen Abnahmeverträge abzuschließen. Staatliche Subventionen in den Abnehmerländern seien erforderlich. Beispielsweise in Deutschland gibt es derzeit öffentliche Fördermittel aber nur für grünen Wasserstoff.

Angesichts fehlender Abnahmeverträge müsse Aramco überlegen, einen Teil des zur Wasserstoffproduktion vorgesehenen Jafurah-Gases anderweitig lokal einzusetzen und/oder als LNG (Liquefied Natural Gas) zu exportieren, so Nasser. Doch bereits am Tag nach den Äußerungen des Aramco-Chefs teilte das Unternehmen in einer Presseerklärung mit, an den Plänen für blauen Wasserstoff werde unverändert festgehalten.

Aramco sucht ausländische Investoren für Jafurah-Vorhaben

Die Erschließung des Jafurah-Feldes macht Saudi-Arabien zu einem weltweit führenden Gasproduzenten. In den nächsten 20 bis 25 Jahren sollen in Jafurah 110 Milliarden US-Dollar (US$) investiert werden, davon 68 Milliarden US$ bereits bis zum Jahr 2031. Die Datenbank MEED Projects gibt den Wert der seit 2020 für das Jafurah-Projekt abgeschlossenen Verträge mit 5,5 Milliarden US$ an.

Die für das Jahr 2025 geplante Gasförderung liegt bei 5,7 Millionen Kubikmeter pro Tag, bis 2030 ist eine Verzehnfachung anvisiert. Über 62 Millionen Kubikmeter sollen 2036 täglich produziert werden. Zusätzlich soll Jafurah unter anderem große Mengen Ölkondensate und Ethan liefern.

Aramco nahm Ende 2022 Gespräche mit potenziellen Investoren über eine Beteiligung am Jafurah-Projekt auf. Als Berater ist die amerikanische Investment Bank Evercore tätig. Im März 2023 wurde bekannt, dass Aramco Verhandlungen mit TotalEnergies aus Frankreich und der chinesischen Sinopec Corporation führt. Branchenkennern zufolge geht es um Investitionen von bis zu 10 Milliarden US$. Die Öffnung des Jafurah-Vorhabens für ausländische Investitionen reiht sich ein in die Bemühungen, Aramco-Projekte teilweise mit externem Kapital zu finanzieren.

Grünes Wasserstoffprojekt in NEOM mit deutscher Beteiligung

Das riesige Regionalentwicklungsprojekt NEOM sieht auch die Erzeugung von grünem Wasserstoff und Ammoniak aus erneuerbaren Energien vor. Das 8,5 Milliarden US$ teure Wasserstoffvorhaben ist bereits im Bau. Die Produktion soll 2026 starten. Der Projektbetreiber NEOM Green Hydrogen Company ist ein Joint Venture aus dem saudi-arabischen Public Investment Fund (PIF; 33,4 Prozent), Air Products (33,3 Prozent) und Acwa Power (Saudi-Arabien; 33,3 Prozent). An Acwa Power ist PIF mit 50 Prozent beteiligt.

Jährlich sollen rund 240.000 Tonnen grüner Wasserstoff erzeugt werden, der dann zur Produktion von 1,2 Millionen Tonnen Ammoniak dient. Air Products ist Abnehmer des grünen Ammoniaks und will das Produkt exportieren. ThyssenKrupp wird die Elektrolysetechnik mit einer Gesamtleistung von 2,2 Gigawatt liefern. Die Anlage basiert auf 20-Megawatt-Modulen.

Zur Finanzierung des Wasserstoffprojekts steuert der saudi-arabische National Development Fund 1,5 Milliarden US$ bei, der Saudi Industrial Development Fund 1,25 Milliarden US$. Die restlichen 5,75 Milliarden US$ stellt ein Finanzkonsortium zur Verfügung, an dem auch die deutsche KfW IPEX-Bank und DZ Bank beteiligt sind.

Weitere Kooperationen bei grünem Wasserstoff

Im Oktober 2021 vereinbarten Aramco, die saudi-arabische Modern Industrial Investment Holding und der Projektentwickler InterContinental Energy aus Hongkong eine Kooperation bei grünem Wasserstoff.

Ende 2022 unterzeichnete PIF mit fünf südkoreanischen Unternehmen eine Absichtserklärung über den Bau und Betrieb eines integrierten grünen Wasserstoff- und Ammoniakkomplexes in Yanbu im Wert von 6,5 Milliarden US$. Dort sollen jährlich 1,2 Millionen Tonnen grünes Ammoniak erzeugt werden.

Im März 2023 unterzeichneten PIF und Marubeni Corporation eine Absichtserklärung über die Entwicklung eines Projekts zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Saudi-Arabien.

Zusammenarbeit mit Deutschland: Wasserstoffpartnerschaft und H2-Diplo-Büro

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Saudi-Arabiens Energieminister Abdulaziz bin Salman Al Saud haben im März 2021 eine "Gemeinsame Absichtserklärung zur Zusammenarbeit im Bereich Wasserstoff" unterzeichnet.


Das Anfang 2022 in Saudi-Arabien eingerichtete deutsche "Wasserstoffdiplomatiebüro" H2-Diplo ist ein Projekt des Auswärtigen Amtes, das in Kooperation mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) durchgeführt wird. Das H2-Diplo-Büro soll Know-how bereitstellen, Analysen über lokale und regionale Auswirkungen der Transformation erstellen sowie die Vernetzung von Entscheidungsträgern, Experten und Unternehmen fördern.

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