Wirtschaftsumfeld | Serbien | Investitionsförderung
Perspektiven für ausländische Direktinvestitionen
Die ausländischen Direktinvestitionen in Serbien erreichen einen neuen Höchststand. Vor allem die Autozulieferindustrie steht im Mittelpunkt.
02.11.2022
Von Martin Gaber | Belgrad
Serbiens Wirtschaft wird im Jahr 2022 weiter wachsen. Trotz globaler Krisen geht die Regierung von einem Plus um real rund 3,5 Prozent aus. Serbien ist das größte Land des westlichen Balkans und gilt als Wirtschaftsmotor der Region. Mit 7 Millionen Einwohnern ist der Binnenmarkt allerdings relativ klein. Serbien ist noch nicht Mitglied der EU, allerdings ermöglichen Freihandelsabkommen einen nahezu zollfreien Warenaustausch.
Spätestens seit der Coronakrise gilt Serbien als attraktiver Standort für die Verkürzung von Lieferketten unter dem Stichwort Nearshoring. Im Fokus stehen Investitionen in der verarbeitenden Industrie. Neben den nach wie vor wettbewerbsfähigen Lohnkosten und einer gut ausgeprägten industriellen Basis sprechen Investitionsanreize der Regierung dafür. Außenpolitisch bleibt die Situation allerdings angespannt: Der Kosovo-Konflikt ist weiterhin nicht gelöst und Serbien schaukelt zwischen einer EU-Annäherung und engen Beziehungen zu Russland und China hin und her.
Indikator | 2020 | 2021 | 2022 |
---|---|---|---|
Miete jeweils für Büroraum in Belgrad | |||
Klasse A | 14 bis 16 | 15 | 17 |
Klasse B | 10 bis 11 | 10 bis 12 | 13 |
Die GTAI stellt Ihnen auch Daten zu den Lohn- und Lohnnebenkosten zur Verfügung.
Zukunftstrends: Automotive bleibt im Fokus
Die Ansiedlung ausländischer Investoren hat für die serbische Regierung absolute Priorität. In den letzten Jahren stand vor allem die Automotive-Branche im Fokus. So haben sich gerade Zulieferer der Automobilindustrie in dem Balkanland angesiedelt. Dazu zählen namhafte deutsche Tier 1-Lieferanten wie ZF, Continental, Bosch oder Brose. Dabei zeigt sich, dass die Unternehmen neben der Produktion einen zunehmenden Fokus auf Forschung und Entwicklung vor Ort legen. Die Firmen arbeiten eng mit den lokalen Hochschulen zusammen.
Der Trend zur Elektromobilität spielt Serbien ebenfalls in die Karten. Nicht nur deutsche, sondern auch andere internationale Zulieferer für Systeme und Antriebe im Elektromobilitätsbereich haben Werke in Serbien aufgebaut. In den kommenden Jahren dürften wiederum deren Lieferanten folgen.
Lithiumabbau mit Fragezeichen
Offen bleibt, wie sich das Thema Lithium in Serbien entwickelt. Im Jadar-Tal, im Westen Serbiens, befinden sich die größten Lithiumvorkommen Europas. Der australische Konzern Rio Tinto war für die Erschließung zuständig. Rio Tinto hatte einen Abbau bis 2026 in Aussicht gestellt. Nach massiven Umweltprotesten zu Beginn des Jahres 2022 legte die Regierung jedoch das Projekt auf Eis. Wie es weitergeht, ist noch offen.
Kein Rückhalt für EU-Beitritt in der Bevölkerung
Ebenso ist derzeit offen, wie es mit der europäischen Perspektive für Serbien aussieht. Serbien ist Beitrittskandidat zur EU, allerdings ist der Beitrittsprozess ins Stocken geraten. In der Bevölkerung gibt es laut Umfragen derzeit keine Mehrheit für einen Beitritt. Zudem weigert sich Serbien seine Außenpolitik an die der EU anzupassen. Dazu zählt auch die Einführung von Sanktionen gegen Russland. Stattdessen setzt Belgrad weiterhin auf Russland als wichtigen Partner, beispielsweise im Energiebereich. Das irritiert und verunsichert potenzielle Investoren aus der EU.
Dennoch gilt Serbien im regionalen Vergleich als stabiler Investitionsstandort. Präsident Aleksandar Vučić wurde im Frühjahr deutlich im Amt bestätigt. Seine Politik gilt als wirtschaftsfreundlich. Ausländischen Investoren rollt er den roten Teppich aus und zeigt sich gerne persönlich bei Werkseröffnungen.
Ausländische Direktinvestitionen auf Höchststand
Die Zuflüsse an ausländischen Direktinvestitionen haben über die vergangenen Jahre weiter zugelegt und erreichten im Jahr 2021 mit fast 4 Milliarden Euro einen neuen Höchststand, so Zahlen der serbischen Nationalbank. Deutschland gehört dabei zu den wichtigsten Investoren in Serbien. Laut der serbischen Entwicklungsagentur RAS (Razvojna Agencija Srbije) fallen knapp 20 Prozent aller Investitionsprojekte in den Automotive-Bereich. Gefolgt von Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung. Die meisten Investitionen sind dabei Greenfield-Projekte. Häufig unterstützen die Regierung oder die lokale Gemeinde indem beispielsweise Grundstücke günstig zur Verfügung gestellt werden.
Indikator | 2019 | 2020 | 2021 |
---|---|---|---|
Kumulierter Bestand | 39.029 | 42.572 | 46.126 |
Nettotransfers | 3.815 | 3.039 | 3.863 |
Indikator | 2018 | 2019 | 2020 |
---|---|---|---|
Kumulierter Bestand | 1.860 | 2.269 | 2.378 |
Nettotransfers | 219 | 259 | 204 |
Unternehmen | Branche | Volumen in Euro |
---|---|---|
Hemofarm (Tochter der Stada Gruppe) | Pharmaindustrie | 855 |
Lidl | Einzelhandel | 390 |
Henkel | Chemie | 350 |
ZF | Autozulieferindustrie | 190 |
Brose | Autozulieferindustrie | 185 |