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Branchen | Spanien | Solarenergie

Hohe Energiekosten fördern die Selbstversorgung

Solarlösungen zur Deckung des eigenen Strombedarfs verkaufen sich in Spanien immer besserBald sollen 10 Milliarden Euro Geschäftsvolumen erreicht werden.

Von Oliver Idem | Madrid

Spanische Stromkunden sind seit Monaten mit hohen Preisen konfrontiert und ein Ende ist nicht abzusehen. In diesem Umfeld wird die teilweise oder vollständige Deckung des eigenen Strombedarfs immer attraktiver.

In den 60 Tagen bis zum 24. August 2022 betrug der Preis auf dem Spotmarkt im Mittel 252 Euro pro Megawattstunde. Er setzte sich zusammen aus dem Großhandelspreis von 144 Euro, zu dem sich die Kompensation für Gaskraftwerke von 108 Euro addierte. Der für zwölf Monate eingeführte Preisdeckel für Gas zur Stromerzeugung verhinderte einen weiteren Anstieg um 64 Euro. Trotz des Gaspreisdeckels ist das Preisniveau für spanische Verhältnisse extrem hoch. 

Hohe Marktdynamik soll sich fortsetzen

Die Unsicherheiten über die künftige Preisentwicklung und das wachsende Bewusstsein für Abhängigkeiten wirken als starker Anschub für die Selbstversorgung mit Energie. Davon dürfte die Fotovoltaikbranche in Spanien auf mittlere Sicht deutlich profitieren: Von der Wirtschaftszeitung Expansión befragte Experten rechnen damit, dass innerhalb der nächsten Jahre 10 Milliarden Euro in die Selbstversorgung fließen werden. 

Der Boom ist nicht völlig neu, nimmt aber immer stärker Fahrt auf. Der Fachverband Unión Española Fotovoltaica (UNEF) registrierte bereits 2021 eine Verdoppelung der installierten Kapazität. Diese nahm auf rund 1,2 Gigawatt zu. Circa 80.000 Gebäude erhielten Solarmodule.

Getragen wurde der Zubau von drei großen Segmenten. Auf die Industrie entfielen 41 Prozent und auf den Eigenverbrauch privater Haushalte 32 Prozent. Auch der Handel stellte mit 26 Prozent ein bedeutendes Anwendungsfeld dar. In allen drei Bereichen besteht ein erhebliches Wachstumspotenzial.

Solarlösungen für Wohngebäude sollen sich stark verbreiten

Ein Motor für die Nachfrage sind gemeinschaftlich genutzte Eigenverbrauchsanlagen. Der rechtliche Rahmen hierfür wurde in den vergangenen Jahren gelockert. Die meisten Menschen leben in Spanien in größeren Wohneinheiten mit mehreren Parteien. In Zukunft dürften auf Dachflächen von Wohnblöcken weitere Anlagen entstehen. Gemeinsam genutzte Solarmodule können auch bis zu 500 Meter entfernt von der Verbrauchsstelle errichtet werden. Mittlerweile sind auch in Einfamilienhaussiedlungen (urbanizaciones) Eigenverbrauchsanlagen erlaubt.

Laut einer Zusammenstellung von Expansión entfallen etwa 30 Prozent des Stromverbrauchs in Spanien auf Wohngebäude. Damit liegt das Land über dem europäischen Durchschnitt. Pro Installation für den Eigenverbrauch fallen Kosten zwischen 7.000 und 10.500 Euro an. Die große Mehrheit der Wohngebäude ist laut Stimmen aus der Solarbranche technisch für derartige Lösungen geeignet. Mit den Anlagen reduziert sich die Stromrechnung um 50 bis 80 Prozent.

Für öffentliche Gebäude kündigte Ministerpräsident Pedro Sánchez im Juli 2022 ein eigenes Programm an. Die Selbstversorgung staatlicher Gebäude mit Energie soll mit einer Förderung im Umfang von 200 Millionen Euro angeschoben werden. 

Auch Unternehmen decken Teile ihres Verbrauchs selbst

Zunehmend setzen auch Unternehmen aus verschiedenen Branchen auf den Eigenverbrauch. Die Palette reicht von industriellen Nutzern über Handelsketten und Dienstleistungsunternehmen bis zur Landwirtschaft.

Der Automobilzulieferer Gestamp will ab 2023 seine Produktionsstätten und Forschungszentren vollständig mit erneuerbaren Energien versorgen. Dazu bildet die Installation von Fotovoltaikmodulen auf den Gebäuden einen wesentlichen Baustein. Der Automobilhersteller Stellantis setzt ebenfalls auf Solarenergie. Am Standort Figueruelas (Saragossa) deckt das Unternehmen bereits 15 Prozent seines Strombedarfs durch eigene Anlagen und baut sein Engagement massiv aus. 

Der Holzverarbeiter Losán wird ebenfalls 15 Prozent seines Verbrauchs mit Solarstrom decken. Das Unternehmen arbeitet rund um die Uhr und hat beschlossen, auf ein "On-Site-PPA"-Modell zu setzen. Dazu schließt Losán laut Wirtschaftszeitung Cinco Días einen Vertrag über 10 bis 15 Jahre mit dem Anbieter Opengy ab. In dieser Zeit wird der Holzbetrieb zum Festpreis mit lokal erzeugter Solarenergie versorgt, während das Fotovoltaikunternehmen die Anlagen errichtet und den Strom bereitstellt. 

Anbieter schmieden neue Allianzen und weiten ihr Angebot aus

Die Selbstversorgung schafft auch neue Kooperationen zwischen Unternehmen. Ein Beispiel sind Banco Sabadell und SolarProfit. Sie fokussieren sich darauf, Privatkunden Anlagen für das eigene Zuhause anzubieten. Die spanische CaixaBank und der portugiesische Energieversorger EDP wollen für Privatkunden Lösungen zur Energieeinsparung und für Nachhaltigkeit entwickeln.

Das Energieunternehmen Repsol und der Telekommunikationskonzern Telefónica planen Eigenverbrauchsangebote für eine breite Kundenpalette. Repsol bringt die Erfahrung aus der Selbstversorgung ein. Telefónica will die mehr als 1.000 eigenen Geschäfte und die stark frequentierten Onlineauftritte und Apps als Vertriebskanäle nutzen.

Fördermaßnahmen ebnen dem Eigenkonsum den Weg 

Subventionen tragen ebenfalls dazu bei, dass die Selbstversorgung mit Strom zunimmt. Der Fachverband UNEF erwartet vom spanischen Aufbau- und Resilienzplan Impulse für die Nutzung von Fotovoltaik in der Industrie. Im Sommer 2022 befanden sich unter den Ausschreibungen und Subventionsbekanntmachungen des Aufbauplans 80 aktuelle Einträge mit Bezug auf den Eigenverbrauch.

Die spanische Zentralregierung beschloss im Juni 2020 die Bereitstellung von 660 Millionen Euro Haushaltsmitteln. Diese sollen in Projekte zur Selbstversorgung mit erneuerbaren Energien, Speichertechnik und Klimatisierung unter Einsatz von erneuerbaren Energiequellen fließen. Perspektivisch kann die Förderung nochmals um 660 Millionen Euro aufgestockt werden.

Das staatliche Instituto para la Diversificación y Ahorro de Energía (IDAE) stellt die Fördermöglichkeiten im Detail dar. Zudem hat das Institut im Juni 2022 eine aktualisierte Handreichung veröffentlicht, die über die Formalitäten auf dem Weg zur Selbstversorgung informiert.

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