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Zoll
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Zollbericht WTO Globaler Handel
Nicht nur durch die derzeitige Coronakrise, auch schon zuvor, litt die internationale Wirtschaft unter zunehmenden Handelshemmnissen.
17.01.2022
Von Melanie Hoffmann, Dr. Achim Kampf | Bonn
Handelshemmnisse jeglicher Art schränken den Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen Handelspartnern ein und wirken sich folglich negativ auf den internationalen Freihandel aus.
Seit 2009 ist die Anzahl der geltenden Einfuhrbeschränkungen stetig gewachsen. 2011 waren lediglich 1,3 Prozent der weltweiten Einfuhren von Einfuhrbeschränkungen betroffen. 2019 erreichte die Kurve ihren Höhepunkt und lag bei 8,7 Prozent. Trotz Corona und der vor allem zu Beginn der Pandemie erlassenen Handelshemmnisse sinkt der Graph in 2020 minimal auf 8,6 Prozent, sodass Ende 2020 knapp 9 Prozent der weltweiten Einfuhren von Einfuhrbeschränkungen betroffen waren, die seit 2009 eingeführt wurden und noch in Kraft sind.
Weitere Informationen zur Entwicklung von Handelsbarrieren
Es gibt tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse, wobei innerhalb dieser Kategorien weitere Formen zu unterscheiden sind.
Tarifäre Handelshemmnisse beschränken den Außenhandel in direkter Weise. Dazu zählen vor allem Zölle. Ob noch weitere Maßnahmen wie zum Beispiel Mindestpreise, Exportsubventionen und Verbrauchsteuern zu den tarifären Maßnahmen zählen, ist sehr umstritten.
Nichttarifäre Handelshemmnisse sind all die Maßnahmen, die nicht in Listen oder Zolltarifen geführt werden und ausländischen Teilnehmern den Zugang zum inländischen Markt erschweren. Aufgrund ihrer Intransparenz lassen sich nichttarifäre Maßnahmen nur schwer erfassen.
Die WTO gliedert Handelshemmnisse beispielsweise in folgende Kategorien:
Weitere Informationen zu den tarifären und nichttarifären Hemmnissen
Eine Umfrage des DIHK (März 2021) zeigt, dass 2017 lediglich 32 Prozent der 2.500 befragten Unternehmen eine Zunahme von Hemmnissen bei ihren internationalen Geschäften spürten - 2019 waren es schon 47 Prozent und 2020 schon 50 Prozent. 2021 bemerken noch 47 Prozent der Unternehmen eine Zunahme von Handelshemmnissen bei ihren internationalen Geschäften.
Der größte Teil der Betriebe, die eine Zunahme feststellten, fühlen sich durch verstärkte Sicherheitsanforderungen benachteiligt. Diese gehen mit zusätzlichen Produktprüfungen und somit weiteren Kosten und Zeitpuffern einher. Aber auch lokale Zertifizierungsanforderungen werden noch als Hindernis gesehen. Denn auch solche Anforderungen diskriminieren nicht nur ausländische Unternehmen, sondern führen folglich auch zu höheren Kosten und längeren Lieferzeiten. Neben dessen stellen auch zusätzliche Zölle sowie Sanktionen nach wie vor ein Problem dar - knapp 30 Prozent der Unternehmen sind davon betroffen.
Handelshemmnisse erschweren jedoch nicht nur den internationalen Handel, sondern auch den Handel innerhalb des EU-Binnenmarktes. Dabei sprechen die Unternehmen vor allem von Barrieren im Zusammenhang mit Bürokratie, der EU-Dienstleistungsfreiheit und bestimmten Vorgaben zum Technologietransfer.
Anders als im Vorjahr gibt es 2021 zahlreiche neue Handelshemmnisse aus dem Vereinigten Königreich. Dies ist wohl nicht nur der Coronapandemie, sondern primär dem Ausstieg aus der EU geschuldet. 39 Prozent der Unternehmen haben hier eine Zunahme bemerkt. 37 Prozent der Unternehmen bemerkten auch einen Anstieg der Handelshemmnisse aus dem Euroraum, die wohl direkt oder indirekt mit der Bekämpfung der Pandemie verbunden sind.
Die letzten Welthandelsberichte (Trade Policy Review) der WTO zeigen, dass vor allem zu Beginn der Pandemie zahlreiche Handelshemmnisse sowie -erleichterungen eingeführt wurden. Seit Ausbruch der Pandemie wurden der WTO 399 coronabezogene Handelsmaßnahmen gemeldet. Von diesen Maßnahmen hatten 262 (66 Prozent) einen handelserleichternden und 137 (34 Prozent) einen handelsbeschränkenden Effekt. Den größten Anteil mit 85 Prozent aller erfassten Handelsbeschränkungen entfielen dabei auf Ausfuhrbeschränkungen, von denen 59 Prozent Mitte Oktober aufgehoben wurden. Lediglich 22 Prozent der Handelserleichterungen wurden bisher aufgehoben, sodass noch 205 Maßnahmen in Kraft sind.
Die WTO-Mitglieder sind ebenfalls bestrebt, Unterstützungsmaßnahmen einzuführen. Dabei wurden seit Ausbruch der Pandemie über 1000 Covid-19-bezogene Maßnahmen in Form von zum Beispiel Zuschüssen, Krediten und Konjunkturpakten eingeführt.
Eine aktuelle Liste mit den derzeitig aktiven Import- und Exportbeschränkungen können Sie auf der Seite des International Trade Center einsehen. Diese Liste wird stetig um neue Maßnahmen aktualisiert.
Zudem stellt die WTO eine Liste mit allen bereits bei der WTO gemeldeten Maßnahmen zusammen.
Zahlreiche Unternehmen sind von Problemen in der Lieferkette und Logistik betroffen, die sich durch (coronabedingte) Einschränkungen im Grenzverkehr und Handelsbarrieren ergeben haben. Denn neue Sicherheitsanforderungen oder zusätzliche Zertifikate (nichttarifäre Handelshemmnisse) im Zuge der Coronapandemie verzögern den Prozess und können nicht selten sogar ganze Lieferketten durcheinander bringen. Neben dessen können auch zusätzliche Zölle und steigende Transportkosten zur Herausforderung werden. Nicht selten schlossen Staaten auch ihre eigenen Landesgrenzen, um das Virus einzudämmen. Solche temporären Grenzschließungen hatten ebenfalls Verzögerungen sowie Lieferausfälle zur Folge.
Neue Hemmnisse können schnell zu einer neuen Protektionismuswelle und erschwerten Marktzugängen weltweit führen. Wie kann die internationale Wirtschaft davor geschützt werden?
Der DIHK schlägt vor, dass Zölle und unbegründete Handelshemmnisse vollständig ausgesetzt werden sollten. Für eine Zollbefreiung der Pharma- und Medizinprodukte könnte dann gegebenenfalls die WTO-Vereinbarung über die Zollfreiheit für pharmazeutische Erzeugnisse (The Pharmaceutical Tariff Elimination Agreement) interessant werden.
Diesem Vorschlag sind bereits einige Staaten nachgekommen. Zahlreiche Handelshemmnisse wurden wieder zurückgenommen.
Erleichterungen | Ausgelaufene Erleichterungen | Beschränkungen | Ausgelaufene Beschränkungen | Gesamt | |
---|---|---|---|---|---|
Import | 155 | 47 | 13 | 5 | 168 |
Export | 90 | 7 | 117 | 72 | 207 |
Andere | 17 | 3 | 7 | 4 | 24 |
Gesamt | 262 | 57 | 137 | 81 | 399 |
Unabhängig davon, welche Richtung eingeschlagen wird, eine transparente und faire Handelspolitik sollte das Vorbild aller Länder sein. Die WTO verpflichtet zwar ihre Mitglieder, die WTO-Grundprinzipien einzuhalten, die unter anderem auf transparentes und faires Verhalten untereinander, ausgerichtet sind, dennoch werden viele Handelsmaßnahmen nicht gemeldet. Dieses Verhalten sowie weitere Alleingänge der einzelnen Staaten führen zu Intransparenz und wirken sich in Zeiten von Corona vor allem auf die Staaten negativ aus, die auf Importe für die medizinische Versorgung angewiesen sind.
Mehr zu "Welche Handelspolitik verfolgen andere Länder?"
Die Veränderungen im internationalen Handelssystem stellen die WTO vor eine neue Herausforderung. Die Auswirkungen der Coronapandemie, die Blockade des DSB, aber auch die steigende Anzahl bilateraler Abkommen stellen dabei nur einige Hürden dar.
Ein zukunftsfähiges Handelssystem, welches sich an die Veränderungen der Gesellschaft und des Handelssystems anpasst, ist nun wichtig. Zahlreiche WTO-Mitglieder streben deshalb eine WTO-Reform an. Im Rahmen einer Modernisierung sollten dann auch andere Vereinbarungen angestrebt oder bestehende Abkommen ausgebaut oder zum Abschluss gebracht werden (beispielsweise die Liste der IT-Produkte im Rahmen des ITA oder das Joint Statement zum E-Commerce). Zudem sollten die WTO-Mitglieder die nachhaltige Entwicklung in den Mittelpunkt der WTO-Reformbemühungen stellen und sich für eine Angleichung von Nachhaltigkeit und Handel einsetzen.
Nur so können Alleingänge von Mitgliedern, Stillstand im System und unehrliches Monitoring vorgebeugt werden.
Mehr zur Zukunft der WTO
Zudem sollten offene Märkte mit fairen und gleichen Bedingungen das Gebot der Stunde sein. Diese können durch Handelsabkommen erreicht werden, da damit ein Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen angestrebt und somit der Zugang zu neuen Märkten erleichtert wird. Die EU setzt vermehrt darauf, Handelsabkommen mit Drittstaaten zu schließen, um so dem Protektionismus entgegenzuwirken und Unternehmen offene Märkte bieten zu können.
Handelsabkommen könnten durch die sensiblen Themen im Rahmen der Coronapandemie frischen Wind bekommen haben. Möglich wäre die Berücksichtigung weiterer Themen in Freihandelsabkommen, wie zum Beispiel Medizinprodukte oder auch Katastrophensituationen. Handelsabkommen bieten nicht nur zahlreiche Chancen, sondern sind zudem flexibel anwendbar.
Die Hürden im internationalen Handel nehmen zu, protektionistische Maßnahmen werden neu aufgebaut. Das wirkt sich auch auf internationale Lieferketten aus, die ohnehin unter Druck stehen.
Im neuen Schwerpunkt "Globaler Handel & Lieferketten" geht GTAI auf mögliche Risiken und Lösungsmöglichkeiten ein. Sehen Sie aktuelle Highlights aus unserem Informationsangebot zur Handels- und Lieferkettenthematik, informieren Sie sich über die Regeln des Welthandels und die Folgen für deutsche Unternehmen oder werfen Sie einen Blick auf die Chancen, die aus globalen Konnektivitätsinitiativen erwachsen können.