Branchen | Taiwan | Transport und Logistik
Hafenbetrieb wird kontinuierlich modernisiert
Taiwan ist für seine Versorgung fast vollständig auf den Seetransport angewiesen. Daher investiert die Insel in moderne maritime Logistik.
30.04.2025
Von Jürgen Maurer | Taipei
Taiwan will den Frachtumschlag 2025 um weitere 3 Prozent steigern, nachdem es bereits 2024 ein Plus von knapp 4 Prozent verzeichnete. Hohe Investitionen fließen in die neueste Ausstattung und Ausrüstung der Häfen. Als Lieferant von Hafenausrüstung für Taiwan liegt Deutschland an 3. Position nach China und Japan. Auch wenn China seinen Marktanteil merklich gesteigert hat, stehen die Aussichten für deutsche Branchenanbieter in den nächsten Jahren gut, an weiteren Projekten beteiligt zu werden.
Der Handel über den Seeweg machte 2024 auf Tonnenbasis gerechnet rund 99,6 Prozent des gesamten Importhandels Taiwans aus. Auf der Exportseite liegt der Anteil des Seetransports um einen Prozentpunkt niedriger, so die Statistik des Ministry of Transportation and Communications (MOTC).
Containerhub wird ausgebaut
Bei der Hafenmodernisierung steht Kaohsiung als größter Hafen der Insel im Fokus. Dort werden in den nächsten Jahren die Container-Terminals 3 und 5 ausgebaut. Der zentrale Betreiber für die wichtigsten Seehäfen der Insel, die staatliche Taiwan International Ports Corporation (TIPC), will die Hafenbecken vertiefen und neue Ladebrücken installieren. Bis 2027 sollen diese Terminals für Mega-Containerschiffe mit bis zu 24.000 Standardcontainern (Twenty-foot Equivalent Unit, TEU) hergerichtet sein.
In den letzten vier Jahren erfolgte im Kaohsiung-Hafen bereits ein Upgrade des Terminal 7 zur Vollautomatisierung der Dockanlangen. Am Terminal 7 können nach der Modernisierung gleichzeitig vier Mega-Containerschiffe mit jeweils 24.000 Standardcontainern be- und entladen werden. Das ergibt derzeit eine Umschlagskapazität von 4,5 Millionen Containern pro Jahr. Dies soll zukünftig auf 6,5 Millionen Container erweitert werden.
Für die Modernisierung des Terminal 7 flossen laut TIPC öffentliche und private Investitionen von umgerechnet 1 Milliarde US-Dollar (US$). Davon bezahlte Taiwans größte Reederei Evergreen Marine rund 380 Millionen US$. Ende 2024 hat der Konzern den Betrieb des Terminal 7 übernommen, der nun der neue Heimathafen seiner Containerflotte ist. Evergreen Marine ist die weltweit siebtgrößte Containerreederei.
Hafenmodernisierung als gemeinsame Aufgabe
Insgesamt plant TIPC, durch Digitalisierung und den Einsatz künstlicher Intelligenz in Taiwans Häfen den Energieverbrauch zu senken, die Navigationssicherheit zu erhöhen und Logistikdienstleistungen zu beschleunigen. Die Digitalisierung und Automatisierung zahlt sich aus: Die Einführung von Echtzeit-Datensystemen im Jahr 2023 hat beispielswese im Hafen von Taichung Anlieferungs- und Abholzeiten von Containern um rund 30 Prozent und die Wartezeit von Lkw-Fahrern um 50 Prozent gesenkt.
Für die Modernisierung stehen Gelder des Maritime Port Bureau unter dem Ministry of Transportation and Communication zur Verfügung. Zudem investieren auch die privaten Reedereien in die Hafeninfrastruktur, um ihre Logistikaktivitäten auszubauen. Neun Häfen sind die Haupttransportknoten für den Überseehandel: Kaoshiung, Keelung, Taipei, Taichung, Hualien, Suao, Anping. Der Umschlag von Containern in den neun Häfen Taiwans erreichte im Jahr 2024 etwas über 13,9 Millionen Container.
Drei Programme unterstützen Taiwans Hafenmodernisierung:
International Ports Future Development and Construction Plan (2022-2026) – Budget: 49,5 Milliarden NT$ (1,5 Milliarden US$)
Taiwan Smart Safety Upgrade Plan (2024-2027) – Budget: 1,93 Milliarden NT$ (58,5 Millionen US$)
Maritime & Port Construction Fund – Budget für 2025: 3,85 Milliarden NT$ (117 Millionen US$)
Hafenbetrieb unterstützt viele Branchen
Die Modernisierung umfasst auch die Logistik-, Lager- und Freihafenanlagen. Dazu gehört beispielsweise die im Hafen von Taichung seit 2021 eingerichtete Nacelle-Produktion von Siemens-Gamesa. Ein weiterer Ausbau ist geplant, um die Entwicklung der Offshore-Windkraft in Taiwan zu unterstützen.
In unmittelbarer Nachbarschaft der Häfen befinden sich auch viele Energielager, da der Import fossiler Brennstoffe über den Seeweg erfolgt. Zur Versorgung des Nordens der Insel soll das ursprünglich ölbefeuerte Concord (Hsieh-ho)-Kraftwerk in Keelung modernisiert und auf Gasbetrieb umgestellt werden. Dazu plant die Taiwan Power Company, bis 2037 ein LNG-Terminal (Liquefied Natural Gas) im Hafen von Keelung einzurichten. Dies wäre das vierte LNG-Terminal in Taiwan.
Der Ausbau der LNG-Importlogistik hat zwei Gründe: Taiwan benötigt genügend Energie, um die wachsende Stromnachfrage seiner Elektronik- und Halbleiterfabriken zu decken. Zudem muss Taiwan seinen Handelsüberschuss mit den USA abbauen und verhandelt daher über langfristige Verträge mit US-amerikanischen Lieferanten von Flüssiggas, um Strafzölle zu vermeiden.
US-Politik verunsichert Taiwans Reedereien
Die Unsicherheit über die Entwicklung der US-Zollpolitik, ebenso wie die von den USA angekündigten Schutzmaßnahmen für die eigene maritime Industrie sorgen bei den Reedereien in Taiwan für Kopfzerbrechen. Laut Prognose der Weltbank wird der globale Warenhandel im Jahr 2025 um 0,2 Prozent sinken. Der Rückgang könnte sogar 1,5 Prozent betragen, wenn die USA mit reziproken Zöllen Ernst machen. Konkrete Auswirkungen der US-Zollpolitik sind jedenfalls schon sichtbar: Der Comprehensive Shanghai Export Containerized Freight Index als wichtiger Indikator für den Seehandel ist zwischen Januar und März 2025 um 40 Prozent gefallen, was auf einen bereits verlangsamten Warenhandel hinweist.
Unter den zehn größten Reedereien nach Containerkapazitäten stand laut Alphaliner Evergreen Marine auf Rang 7 und Yang Ming Marine auf Rang 10. Wenn die Containerschiffkapazitäten der drei großen Reedereien Taiwans zusammengerechnet werden, kommen sie auf einen Anteil von 10,5 Prozent an der Gesamtkapazität der weltweiten Handelsflotte. Damit wären sie hinter der chinesischen Cosco global auf Rang 5.