Special | Taiwan | Klimaschutzatlas
Klimaschutz-AtlasInvestitionen: Privatfirmen sollen Umsetzung vorantreiben
Um die Klimaziele zu erreichen, setzt die Regierung in vielen Bereichen auf Investitionen des Privatsektors. Firmenallianzen sollen helfen, die Aktivitäten zu koordinieren.
04.09.2023
Von Alexander Hirschle | Taipei
In Taiwan soll der Schwerpunkt der Klimaschutzmaßnahmen von Initiativen des Privatsektors getragen werden. Die Regierung zurrt dafür die notwendigen Rahmenbedingungen fest. Diese Vorgehensweise zieht sich durch zahlreiche Sektoren. So wurde bereits 2016 eine "Klimawende" mit dem Ziel initiiert, den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv voranzutreiben. Im Gegenzug soll bis 2025 die Nuklearenergie vom Netz genommen werden.
Um die Klimaziele zu erreichen, will die taiwanische Regierung bis 2030 rund 30 Milliarden US-Dollar (US$) an staatlichen Mitteln ausgeben. So sind für erneuerbare Energien und Wasserstoff Investitionen in Höhe von fast 7 Milliarden US$ vorgesehen, für die Modernisierung des Stromnetzes und die Energiespeicherung ebenfalls knapp 7 Milliarden US$.
Weitere 5,5 Milliarden US$ sollen in den Bereich elektrische Fahrzeuge fließen und mehr als 4 Milliarden US$ in Energiesparmaßnahmen. Die private Seite soll Investitionen in einer Größenordnung von 130 Milliarden US$ beisteuern. Vor allem die lokalen Großfirmen sollen bei der Reduzierung der Emissionen eine führende Rolle einnehmen.
Kooperationen zwischen privatem und öffentlichem Sektor erwünscht
Um klimafreundliche Maßnahmen der privaten Unternehmen und Organisationen zu fördern, setzt die Regierung darüber hinaus auf Green Financing, also Finanzierungen von umweltverträglichen und nachhaltigen Projekten. Bereits im August 2020 wurde der sogenannte Green Finance Action Plan 2.0 von der Financial Supervisory Commission (FSC) verabschiedet. Dieser sieht die Nutzung finanzieller Mechanismen vor, um das Bewusstsein für ESG-(Environmental, Social und Governance-)Aspekte bei Unternehmen und Investoren zu erhöhen. Als Maßnahmen sind Instrumente wie Kreditvergabe, Investitionen, Fundraising, Ausbildung und die Weiterentwicklung grüner Finanzprodukte und -dienstleistungen vorgesehen.
Um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, will die Regierung die Zusammenarbeit zwischen privatem und öffentlichem Sektor verbessern. Die erste Version des Programms war 2017 lanciert worden. Offiziellen Angaben zufolge wurden in der ersten Phase wesentliche Ziele des Plans erreicht. So hatte die Regierung Betreibern im Bereich erneuerbarer Energien Hilfestellung bei der Finanzierung gewährt. Darüber hinaus wurden Experten für Green Financing ausgebildet.
Regierung plant Ausbau des Schienenverkehrs
Die Regierung hat im Rahmen des langfristigen Entwicklungsplans (Forward-looking Infrastructure Development Program) auch eine grüne Infrastruktur als wichtigen Teilbereich definiert. Für den Zeitraum zwischen 2017 und 2022 hat sie knapp 1 Milliarde US$ an Mitteln dafür zur Verfügung gestellt. Ziel der Initiative ist es, unter anderem Taiwan als regionales Zentrum für erneuerbare Energien zu positionieren und Innovationen in diesem Bereich voranzutreiben. Weitere wichtige Komponenten des Plans sind ab 2023 die Verbesserung der Wasserversorgung und Klimaschutzmaßnahmen.
Um den Straßenverkehr zu entlasten, soll künftig auch der Ausbau und die Modernisierung des Schienenverkehrs vorangetrieben werden. So will die Regierung unter anderem den weniger gut erschlossenen Ostteil der Insel besser an den Rest des Landes anbinden. Der Bau einer Schnellzugverbindung soll in einem nächsten Schritt die Fahrzeit zwischen Nangang in Taipei und der Stadt Yilan deutlich verkürzen. Auch würden die Kapazitäten von 7.200 Passagieren pro Stunde auf bis zu 18.000 deutlich nach oben gehen. Die Kosten für dieses Projekt sollen sich auf rund 3 Milliarden US$ belaufen.
Erfolgreiches Reshoringprogramm um Klimaelemente ergänzt
Ende 2021 hat das Kabinett in Taipei das erfolgreiche Reshoringprogramm für lokale Firmen um weitere drei Jahre verlängert. Nach Angaben der lokalen Presse will die Regierung auf diese Weise bis 2024 Projekte im Umfang von rund 33 Milliarden US$ anstoßen und 40.000 Arbeitsplätze auf der Insel neu schaffen.
Die Initiative war 2019 eine Reaktion auf den sich verschärfenden Handelskonflikt zwischen den USA und China und hatte dabei die Erwartungen deutlich übertroffen. Sie soll im Ausland beziehungsweise vor allem in China investierende lokale Firmen dabei unterstützen, Teile ihrer Produktion zurück auf die Insel zu verlagern.
Unternehmen, die sich an dem nun verlängerten Programm beteiligen, haben Zugang zu einem Bündel verschiedenster Fördermechanismen. Allerdings wurde ein neues Element integriert. Klima- und Umweltschutzziele sind nun Voraussetzung für die Gewährung von Incentives. Künftig werden die Antrag stellenden Unternehmen darauf hin geprüft, ob sie beispielsweise energieeffiziente Ausrüstungen, erneuerbare Energien oder kohlenstoffarme Technologien nutzen. Auch Aspekte wie Recycling und Green Building, also umweltfreundlichen Gebäude, sowie soziale Faktoren sollen künftig stärker berücksichtigt werden.
Börse mit neuen Klimaregeln
Anfang 2022 beschloss die Regierungsinstitution Financial Supervisory Commission, dass Stahl- und Zementhersteller in Taiwan ab 2023 ihre Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch in ihren Jahresberichten veröffentlichen müssen. Die gleiche Regel gilt für börsennotierte Firmen mit einem Einlagekapital von mehr als 10 Milliarden New Taiwan Dollar (NT$) (rund 362 Millionen US$). Ab 2025 sollen auch Gesellschaften mit einem Kapital von 5 bis 10 Milliarden NT$ ihre Emissionen publizieren müssen, ab 2026 auch jene unter 5 Milliarden NT$.
Zudem sollen Firmenallianzen die Umsetzung der Klimaziele in Taiwan unterstützen. 2021 wurde die Net Zero Action Alliance etabliert. Die Allianz umfasst etwa 30 Unternehmen, die für 40 Prozent des taiwanischen Bruttoinlandsprodukts und rund 20 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich zeichnen. Darüber hinaus haben sich mehr als 50 taiwanische Technologieunternehmen zur sogenannten Taiwan Climate Partnership zusammengeschlossen, darunter Delta, TSMC, Acer und Asustek Computer Inc. Ziel dieser Unternehmen ist es, eine grüne Lieferkette auf der Insel zu etablieren.