Die Nachfrage nach Hybrid- und Elektrofahrzeugen steigt schnell. In Kürze wird das erste in der Türkei entwickelte und gebaute Elektroauto auf den Markt kommen.
Neue Elektrofahrzeuge kommen auf den Markt
Zahlreiche neue Anbieter von Hybrid- und Elektrofahrzeugen drängen auf den Markt. Der türkische Verband der Automobilvertriebsfirmen hat seine Bezeichnung jüngst um einen Zusatz erweitert, der wohl dem geplanten Ausbau von Elektromobilität Rechnung tragen soll: Der Verband heißt nun Otomotiv Distribütörleri ve Mobilite Derneği Otomotiv (ODMD), übersetzt Automobilvertriebler- und Mobilitätsverband.
In der Türkei wurden 2022 laut ODMD insgesamt 7.733 Elektro- (+1,3 Prozent) und 64.387 (+30,1 Prozent) Hybridautos verkauft. Ende 2022 waren laut türkischer Statistikbehörde TÜIK landesweit 149.214 Elektro- und Hybridautos zugelassen.
Das Angebot an Hybrid- und Elektroautos wird breiter. Toyota war 2022 im Hybridsegment zwar weiter unangefochtener Marktführer mit einem Marktanteil von 63 Prozent, musste aber starke Einbußen hinnehmen. Denn die Konkurrenz drängt auf den Markt und das meist gleich mit mehreren Modellen. Dies geht aus den Zahlen hervor, die der türkische Verband für Elektro- und Hybridfahrzeuge, TEHAD, veröffentlicht hat. Das Top-Modell im Hybridmarkt war demnach der Toyota Corolla (Marktanteil 2022: 50 Prozent; 2021: 82 Prozent), gefolgt von Honda HR-V (2022: 11 Prozent) und Fiat Egea (2022: 13 Prozent).
Neuer Marktführer 2022 bei den reinen Elektroautos war BMW. Das meistverkaufte Elektroauto war laut TEHAD der BMW iX (Marktanteil: 18 Prozent), gefolgt von Renault Zoe (14 Prozent) und Skywell ETS (14 Prozent). Der Spitzenreiter des Vorjahres, der Porsche Taycan, kam nur noch auf einen Marktanteil von 2 Prozent (2021: 37 Prozent).
TEHAD erwartet eine rasante Ausweitung des Ladenetzes. Dazu trägt maßgeblich eine im Dezember 2021 geschaffene neue Rechtsstruktur für Ladestationen (Gesetz Nr. 7346 vom 21.12.2021; Änderungen des Strommarktgesetzes Nr. 6446) bei. Landesweit sollen Stand November 2020 mehr als 2.000 Ladestationen verfügbar gewesen sein. TEHAD veröffentlicht dazu Karten der Standorte auf seiner Internetseite. Aktuelle Angaben zur Anzahl der Ladestationen in der Türkei liegen nicht vor. Allein der Anbieter ZES will Stand Januar 2023 eine Anzahl von 1.592 Ladestationen unterhalten.
Die Türkei steigt mit TOGG in die Produktion von Elektroautos ein
Das Land am Bosporus will sich zu einem wichtigen Standort für die Produktion von Elektrofahrzeugen entwickeln. Elektrische Nutzfahrzeuge (Nfz) werden bereits im Land gebaut (Anadolu Isuzu, Karsan, Otokar, Temsa etc.). Bei Elektroautos und –fahrzeugteilen war die Fertigung bisher noch nicht weit entwickelt. Die internationale Entwicklungsbank IFC ging in einer Schätzung von 2022 davon aus, dass 70 Prozent der derzeit fast 300 größeren türkischen Autoteilelieferanten nicht in der Lage seien, Teile für Elektrofahrzeuge herzustellen. Das soll sich ändern.
Das erste in der Türkei entwickelte und gebaute Elektroauto, ein Sport Utility Vehicle (SUV) des Joint Ventures TOGG, kommt im Sommer 2023 auf den Markt. Die Produktion ist bereits angelaufen. Das Projekt ist der Startschuss für den Aufbau einer Fertigung von Elektroautos und –teilen in der Türkei. Im ersten Jahr sollen in dem Werk in Bursa 100.000 Einheiten produziert werden. Bis 2024 will TOGG die Jahreskapazität auf 175.000 Fahrzeuge steigern. Fünf Produktionslinien sind geplant. Das erste Fahrzeug soll ein kompaktes Elektro-City-SUV mit einer Reichweite von 500 km sein, das auch 2024 auf den deutschen Markt kommen soll. Geplant ist später auch der Export nach Italien und Frankreich. Das Fahrzeug wird auch in der Türkei verkauft werden.
Der Anteil der lokalen Fertigung soll von zunächst 51 Prozent bis 2025 auf 68 Prozent steigen. Die Regierung fördert TOGG unter anderem mit steuerlichen Vergünstigungen, Zollbefreiungen beim Import von Ausrüstungen, kostenloser Bereitstellung von Grundstücken sowie staatlichen Zuschüssen zu den Arbeitskosten.
Das Projekt hat bereits einige Zulieferer ins Land geholt. So hat TOGG mit dem chinesischen Unternehmen Farasis ein neues Unternehmen namens SiRO für die Batterieproduktion gegründet. Das TOGG-Projekt hat zudem internationale Aufmerksamkeit geweckt. Einige Unternehmen haben angekündigt, in der Türkei Elektro-Kfz und -fahrzeugteile produzieren zu wollen.
Unternehmen planen hohe Investitionen
Toyota kündigte im Oktober 2022 eine Investition im Wert von 350 Millionen Euro in ein neues Werk in Sakarya an. Die Kapazität soll sich auf jährlich 162.000 Hybrid-Fahrzeuge und 44.000 Batterien belaufen. Das Projekt soll innerhalb von vier Jahren umgesetzt werden und erhält eine projektbezogene staatliche Förderung wie Zoll- und Steuervergünstigungen.
Der türkische Zulieferer Ege Enüstri plant für 50 Millionen US-Dollar den Bau eines Werks für Ersatzteile für elektrische und konventionelle schwere Nfz in Izmir. Hergestellt werden sollen vor allem Achsen und Hinterachsen. Für das Vorhaben hat Ege von IFC ein Darlehen über 40 Millionen Euro erhalten.
Ford Otosan hat mit der Produktion des Elektromodells des Ford Transit begonnen. Das Ford-JV hat die Rekordsumme von 2 Milliarden Euro in ein Werk an seinem Standort Gölcük in Kocaeli investiert. Neben dem Elektro-Transit für den europäischen Markt will Ford Otosan dort auch ein leicht verändertes Modell für Volkswagen fertigen. Letzteres zuerst als Diesel- und Hybridmodell und später auch als reines Elektrofahrzeug.
Der türkische Bushersteller TEMSA kündigte an, bis 2025 über die Hälfte seiner Busse als Elektromodelle anzubieten. Das Unternehmen erwartet einen Exportanteil für seine Elektrofahrzeuge von 80 Prozent. TEMSA hat Unternehmensangaben zufolge bereits mehrere Elektrobusmodelle zur Serienreife gebracht und fertigt auch die zugehörigen Batterien im Stammwerk in Adana.
Das brasilianische Unternehmen WEG kündigte zu Jahresanfang 2022 den Bau eines neuen Elektromotorenwerks in Kocaeli an. Der Produktionsbeginn war für 2022 geplant. Die Motoren sind insbesondere für Osteuropa und die Türkei bestimmt.
(Stand Februar 2023)
Von Katrin Pasvantis
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Istanbul