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Branche kompakt | Türkei | Automobilsektor

Der Kfz-Markt nimmt langsam Fahrt auf

Die Kfz-Industrie hat 2022 mit einem moderaten Plus abgeschlossen. Insbesondere Elektromobilität wächst schnell. Aber Herausforderungen bleiben bestehen.

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Markttrends

    Produktion, Export und Inlandsabsatz sind 2022 gestiegen. Eingetrübte Konjunkturaussichten in wichtigen Absatzmärkten, Lieferengpässe und hohe Kosten bleiben Herausforderungen.

    Kfz-Industrie wächst

    Die türkische Kfz-Industrie ist im Jahr 2022 gewachsen. Die Fertigung ist stark auf den Export ausgerichtet und in hohem Maße in internationale Lieferketten integriert. Die Entwicklungen in wichtigen Abnehmermärkten wie der EU werden deshalb die Performance der Branche maßgeblich beeinflussen. Für 2023 sind die Wirtschaftsaussichten in der EU eingetrübt. Lieferengpässe, hohe Input-Preise und Wechselkursschwankungen dürften problematisch bleiben. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine treibt die Rohstoffpreise nach oben. Außerdem beeinträchtigt die weltweite Chipkrise weiter die Fertigung. Unternehmensvertreter rechnen in der 2. Jahreshälfte 2023 mit einer Verbesserung der Liefersituation, wenn neue Investitionen greifen und mehr Halbleiter produziert und ausgeliefert werden können.

    Trotz der derzeit unsicheren Lage haben die Unternehmen langfristig Vertrauen in die Entwicklung der Automobilindustrie in der Türkei. Einige Projekte sind in der Pipeline, sowohl bei Pkw und Nutzfahrzeugen (Nfz) als auch in der Zulieferindustrie. Hohe Investitionen werden insbesondere in die Produktion von Elektrofahrzeugen und -Teilen sowie Batterien erwartet. Diese Entwicklung wird durch die Entscheidung der EU bestärkt, ab 2035 nur noch Autos neu zuzulassen, die Kohlendioxid-emissionsfrei sind. Weiterhin zeichnet sich ein Trend hin zu Over-the-Air-Anwendungen ab. Künftig könnten auch in der Türkei drahtlose Kommunikationssysteme, hauptsächlich für Software-Updates, Live-Diagnosen und zur Datenerfassung, neue Möglichkeiten schaffen.

    Finanz- und wirtschaftspolitische Risiken haben zugenommen

    Die türkische Lira hat seit 2021 stark an Wert verloren, die Volatilität des Wechselkurses ist hoch und gleichzeitig ist die Inflation stark gestiegen. Der Kursverlust verteuert die Zulieferungen und erhöht Finanzierungskosten im Ausland. Im Inlandsmarkt sind die Autopreise wegen der Währungsschwäche mehrfach erhöht worden.

    Der Kursverlust verbilligt andererseits die Exporte der türkischen Kfz-Industrie. Die Exporte sind 2022 jedoch nur vergleichsweise leicht gestiegen (Pkw Exporte: +1 Prozent; Nfz: +7 Prozent). Zum einen begrenzt die Chipkrise das verfügbare Angebot. Zum anderen erholte sich die Pkw-Nachfrage in Europa, dem größten Absatzmarkt der türkischen Hersteller, 2022 nur langsam. Für 2023 sind die Konjunkturaussichten in der EU eingetrübt.

    Die Kosten für Rohstoffe, Logistik und Energie sind hoch und steigen weiter. Laut dem Verband der Automobilzulieferindustrie TAYSAD können die Zulieferer ihre gestiegenen Energiekosten nur teilweise an ihre lokalen Kunden weitergeben. Die Energiekosten sind weltweit gestiegen. Jedoch sind die Unternehmen in der Türkei wegen der Lira-Schwäche stärker als viele internationale Konkurrenten von den steigenden Kosten bei Rohstoffen und Energie betroffen, da diese in der Regel in Fremdwährung wie US-Dollar gehandelt werden.

    Steuersenkung beim Neukauf von Kleinwagen

    Der Autokauf in ausgewählten Fahrzeugkategorien wird billiger. Die türkische Regierung hat am 24. November 2022 im Amtsblatt T.C. Resmi Gazete erhöhte Bandbreiten der Bemessungsgrundlage für Pkw mit kleinen Verbrennungsmotoren veröffentlicht. Damit hat sie den jüngsten Preiserhöhungen der Autohersteller Rechnung getragen. Grundsätzlich profitieren Pkw mit einem Hubraum von bis zu 1.600 Kubikzentimeter von geringeren Sonderverbrauchssteuersätzen (ÖTV – Özel Tüketim vergisi). Auf den Preis nach Sondersteuer muss der Käufer 18 Prozent Mehrwertsteuer bezahlen. Die Neuregelung gilt gleichermaßen für lokal produzierte und importierte Fahrzeuge. 

    Die Steuern beim Pkw-Neukauf sind hoch und die Regierung ändert die ÖTV häufig. Abhängig von Preis und Motorleistung kann sie zwischen 45 und 220 Prozent betragen. Diese Sondersteuer gilt analog für Hybridfahrzeuge. Pkw mit reinem Elektromotor haben deutlich niedrigere ÖTV-Sätze (3 bis 15 Prozent). Aufgrund der hohen Steuerbelastung sind Autos in der Türkei teuer. Fahrzeuge werden lange gefahren und der Gebrauchtwagenmarkt ist rege.

    Bemessungsgrundlage für die Sonderverbrauchssteuer (ÖTV) auf Pkw-Neukäufe

    Hubraum bis 1.600 cm³

    ÖTV-Satz

    Nettopreis in TL*

    (vormals)

    45 %

    0-184.000 TL

    (0-120.000 TL)

    50 %

    184.001-220.000 TL

    (120.001-150.000 TL)

    60 %

    220.001-250.000 TL

    (-)

    70 %

    250.001-280.000 TL

    (-)

    80 %

    ab 280.001 TL

    (ab 200.001 TL)

    Hybridfahrzeuge mit Verbrenner- und Elektromotor bis 50 kWh, Hubraum bis 1.800 cm³

    45 %

    0-228.000 TL

    (0-130.000 TL)

    50 %

    228.001-350.001 TL

    (130.001-210.000 TL)

    80 %

    ab 350.001 TL

    (ab 210.001 TL)

    *1 Euro=20,17 Türkische Lira (TL); Europäische Zentralbank, Stand: 15.02.2023Quelle: Amtsblatt T.C. Resmi Gazete 2022

    (Stand Februar 2023)

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • E-Mobility

    Die Nachfrage nach Hybrid- und Elektrofahrzeugen steigt schnell. In Kürze wird das erste in der Türkei entwickelte und gebaute Elektroauto auf den Markt kommen.

    Neue Elektrofahrzeuge kommen auf den Markt

    Zahlreiche neue Anbieter von Hybrid- und Elektrofahrzeugen drängen auf den Markt. Der türkische Verband der Automobilvertriebsfirmen hat seine Bezeichnung jüngst um einen Zusatz erweitert, der wohl dem geplanten Ausbau von Elektromobilität Rechnung tragen soll: Der Verband heißt nun Otomotiv Distribütörleri ve Mobilite Derneği Otomotiv (ODMD), übersetzt Automobilvertriebler- und Mobilitätsverband.

    In der Türkei wurden 2022 laut ODMD insgesamt 7.733 Elektro- (+1,3 Prozent) und 64.387 (+30,1 Prozent) Hybridautos verkauft. Ende 2022 waren laut türkischer Statistikbehörde TÜIK landesweit 149.214 Elektro- und Hybridautos zugelassen. 

    Das Angebot an Hybrid- und Elektroautos wird breiter. Toyota war 2022 im Hybridsegment zwar weiter unangefochtener Marktführer mit einem Marktanteil von 63 Prozent, musste aber starke Einbußen hinnehmen. Denn die Konkurrenz drängt auf den Markt und das meist gleich mit mehreren Modellen. Dies geht aus den Zahlen hervor, die der türkische Verband für Elektro- und Hybridfahrzeuge, TEHAD, veröffentlicht hat. Das Top-Modell im Hybridmarkt war demnach der Toyota Corolla (Marktanteil 2022: 50 Prozent; 2021: 82 Prozent), gefolgt von Honda HR-V (2022: 11 Prozent) und Fiat Egea (2022: 13 Prozent). 

    Neuer Marktführer 2022 bei den reinen Elektroautos war BMW. Das meistverkaufte Elektroauto war laut TEHAD der BMW iX (Marktanteil: 18 Prozent), gefolgt von Renault Zoe (14 Prozent) und Skywell ETS (14 Prozent). Der Spitzenreiter des Vorjahres, der Porsche Taycan, kam nur noch auf einen Marktanteil von 2 Prozent (2021: 37 Prozent).

    TEHAD erwartet eine rasante Ausweitung des Ladenetzes. Dazu trägt maßgeblich eine im Dezember 2021 geschaffene neue Rechtsstruktur für Ladestationen (Gesetz Nr. 7346 vom 21.12.2021; Änderungen des Strommarktgesetzes Nr. 6446) bei. Landesweit sollen Stand November 2020 mehr als 2.000 Ladestationen verfügbar gewesen sein. TEHAD veröffentlicht dazu Karten der Standorte auf seiner Internetseite. Aktuelle Angaben zur Anzahl der Ladestationen in der Türkei liegen nicht vor. Allein der Anbieter ZES will Stand Januar 2023 eine Anzahl von 1.592 Ladestationen unterhalten. 

    Die Türkei steigt mit TOGG in die Produktion von Elektroautos ein

    Das Land am Bosporus will sich zu einem wichtigen Standort für die Produktion von Elektrofahrzeugen entwickeln. Elektrische Nutzfahrzeuge (Nfz) werden bereits im Land gebaut (Anadolu Isuzu, Karsan, Otokar, Temsa etc.). Bei Elektroautos und –fahrzeugteilen war die Fertigung bisher noch nicht weit entwickelt. Die internationale Entwicklungsbank IFC ging in einer Schätzung von 2022 davon aus, dass 70 Prozent der derzeit fast 300 größeren türkischen Autoteilelieferanten nicht in der Lage seien, Teile für Elektrofahrzeuge herzustellen. Das soll sich ändern.

    Das erste in der Türkei entwickelte und gebaute Elektroauto, ein Sport Utility Vehicle (SUV) des Joint Ventures TOGG, kommt im Sommer 2023 auf den Markt. Die Produktion ist bereits angelaufen. Das Projekt ist der Startschuss für den Aufbau einer Fertigung von Elektroautos und –teilen in der Türkei. Im ersten Jahr sollen in dem Werk in Bursa 100.000 Einheiten produziert werden. Bis 2024 will TOGG die Jahreskapazität auf 175.000 Fahrzeuge steigern. Fünf Produktionslinien sind geplant. Das erste Fahrzeug soll ein kompaktes Elektro-City-SUV mit einer Reichweite von 500 km sein, das auch 2024 auf den deutschen Markt kommen soll. Geplant ist später auch der Export nach Italien und Frankreich. Das Fahrzeug wird auch in der Türkei verkauft werden.

    Der Anteil der lokalen Fertigung soll von zunächst 51 Prozent bis 2025 auf 68 Prozent steigen. Die Regierung fördert TOGG unter anderem mit steuerlichen Vergünstigungen, Zollbefreiungen beim Import von Ausrüstungen, kostenloser Bereitstellung von Grundstücken sowie staatlichen Zuschüssen zu den Arbeitskosten.

    Das Projekt hat bereits einige Zulieferer ins Land geholt. So hat TOGG mit dem chinesischen Unternehmen Farasis ein neues Unternehmen namens SiRO für die Batterieproduktion gegründet. Das TOGG-Projekt hat zudem internationale Aufmerksamkeit geweckt. Einige Unternehmen haben angekündigt, in der Türkei Elektro-Kfz und -fahrzeugteile produzieren zu wollen.

    Unternehmen planen hohe Investitionen

    Toyota kündigte im Oktober 2022 eine Investition im Wert von 350 Millionen Euro in ein neues Werk in Sakarya an. Die Kapazität soll sich auf jährlich 162.000 Hybrid-Fahrzeuge und 44.000 Batterien belaufen. Das Projekt soll innerhalb von vier Jahren umgesetzt werden und erhält eine projektbezogene staatliche Förderung wie Zoll- und Steuervergünstigungen. 

    Der türkische Zulieferer Ege Enüstri plant für 50 Millionen US-Dollar den Bau eines Werks für Ersatzteile für elektrische und konventionelle schwere Nfz in Izmir. Hergestellt werden sollen vor allem Achsen und Hinterachsen. Für das Vorhaben hat Ege von IFC ein Darlehen über 40 Millionen Euro erhalten.

    Ford Otosan hat mit der Produktion des Elektromodells des Ford Transit begonnen. Das Ford-JV hat die Rekordsumme von 2 Milliarden Euro in ein Werk an seinem Standort Gölcük in Kocaeli investiert. Neben dem Elektro-Transit für den europäischen Markt will Ford Otosan dort auch ein leicht verändertes Modell für Volkswagen fertigen. Letzteres zuerst als Diesel- und Hybridmodell und später auch als reines Elektrofahrzeug.

    Der türkische Bushersteller TEMSA kündigte an, bis 2025 über die Hälfte seiner Busse als Elektromodelle anzubieten. Das Unternehmen erwartet einen Exportanteil für seine Elektrofahrzeuge von 80 Prozent. TEMSA hat Unternehmensangaben zufolge bereits mehrere Elektrobusmodelle zur Serienreife gebracht und fertigt auch die zugehörigen Batterien im Stammwerk in Adana.

    Das brasilianische Unternehmen WEG kündigte zu Jahresanfang 2022 den Bau eines neuen Elektromotorenwerks in Kocaeli an. Der Produktionsbeginn war für 2022 geplant. Die Motoren sind insbesondere für Osteuropa und die Türkei bestimmt.

    (Stand Februar 2023)

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Marktchancen Kfz-Absatzmarkt

    Bei Pkw waren Importwagen besonders gefragt. Trotz hohem Wachstumspotenzials sind die Bedingungen derzeit erschwert.

    Die Nachfrage bei Nutzfahrzeugen legt stark zu

    Der Inlandsabsatz von Pkw legte 2022 um knapp 6 Prozent zu. Die Nachfrage nach leichten Nutzfahrzeugen, zu denen auch Stadtgeländewagen (SUV) gehören, legte mit fast 9 Prozent stärker zu. Auffällig sind die hohen Anstiege bei Lastwagen und Bussen von über 20 beziehungsweise über 40 Prozent. Der Pkw-Absatz ist noch nicht wieder auf Vor-Coronaniveau. Lieferprobleme, anhaltende Wechselkurs- und Zinsschwankungen und steigende Verkaufspreise dämpfen die Nachfrage. Die Chipkrise begrenzte das Angebot. Dies gilt auch noch Anfang 2023. Kaufinteressierte finden beispielsweise nicht jedes gewünschte Modell und die Lieferzeiten sind lang. Die Preise für ein- oder zweijährige Gebrauchtwagen sind deshalb teils auf dem Niveau der Listenverkaufspreise für Neuwagen.

    Die Wechselkursschwäche der Türkischen Lira hat mehrfach zu Erhöhungen der Verkaufspreise geführt. Die Inflation ist hoch. Unsicherheiten über die weitere finanzpolitische und wirtschaftliche Entwicklung wachsen und trüben die Kauflaune.

    Absatz von Kfz in der Türkei (Stückzahl; Veränderung in Prozent)

    Kategorie

    2021

     2022

    Veränderung 2022/2021

    Pkw

    561.853

    592.660

    5,5

    Leichte Nfz

    175.497

    190.623

    8,6

    Lastwagen (bis 12 t)

    32.740

    39.815

    21,6

    Lastwagen (über 12 t)

    35.500

    43.864

    23,6

    Midibusse

    1.493

    2.229

    49,3

    Busse

    1.267

    1.820

    43,6

    Insgesamt

    808.350

    871.011

    7,8

    Quelle: Verband der Automobilindustrie OSD (Otomotiv Sanayii Dernegi) 2023

    Der Absatz von Pkw legte 2022 um rund 6 Prozent auf 592.660 Fahrzeuge zu. Dies meldete der türkische Verband der Automobilhändler ODMD. Importwagen verkauften sich besser: Der Absatz importierter Autos legte um 8 Prozent auf 361.655 Pkw zu, während lokal produzierte Pkw ein Plus von 2 Prozent auf 231.005 Stück verbuchten.

    Bei leichten Nutzfahrzeugen (Nfz) stieg der Verkauf stärker, um 9 Prozent auf 190.623 Fahrzeuge. Von dem Nachfrageanstieg nach leichten Nfz profitierten vor allem die lokalen Hersteller. Deren Absatz legte laut ODMD um kräftige 15 Prozent auf 112.223 Stück zu. Importierte Fahrzeuge zogen nur um knapp 1 Prozent an.

    Geringe Motorisierung eröffnet Wachstumschancen

    Längerfristig hält der Verband der türkischen Automobilindustrie OSD (Otomotiv Sanayii Dernegi) einen jährlichen Absatz von 1 Million Pkw für möglich. Das Wachstumspotenzial erscheint angesichts der vergleichsweise noch geringen Motorisierung der Bevölkerung hoch. Offizielle Angaben zur Anzahl der in der Türkei registrierten Fahrzeuge liegen nicht vor. Branchenberichten zufolge waren es 2020 pro 1.000 Einwohner etwa 157 Autos. Damit läge die Türkei trotz der in den letzten Jahren schnell gestiegenen Verkaufszahlen noch weit hinter Europa und auch hinter vergleichbaren Schwellenländern.

    Absatz von Pkw nach wichtigsten Herstellern in der Türkei (Stückzahl, Marktanteil und Veränderung in Prozent)

    Hersteller

    2021

    2022

    Marktanteil

    Veränderung 2022/2021

      Fiat

    73.081

    97.354

    16

    33,2

      Renault

    75.561

    88.206

    15

    16,7

      Volkswagen

    53.523

    49.695

    8

    -7,2

      Hyundai

    36.935

    42.241

    7

    14,4

      Toyota

    45.899

    38.276

    6

    -16,6

      Dacia

    27.672

    36.000

    6

    30,1

      Opel

    20.754

    30.378

    5

    46,4

      Peugeot

    28.998

    23.345

    4

    -19,5

    Quelle: Verband der Kfz-Vertriebsfirmen Otomotiv Distribütörleri Dernegi (ODD) 2023

    Fiat hat die Renault-Gruppe 2022 als Marktführer bei Pkw abgelöst und auf Rang 2 verdrängt. Volkswagen (VW) folgte mit großem Abstand auf dem 3. Rang. Das beliebteste Fahrzeugmodell in der Türkei war der Fiat Egea. Dabei konnte der Egea den Abstand zum zweitplatzierten Renault Clio 2022 deutlich vergrößern. 

    Die meistverkauften Pkw-Modelle in der Türkei 2022 (Stückzahl)

    Pkw-Modell

    Stück

    Fiat–Egea

    68.779

    Renault Clio HB

    41.607

    Toyota Corolla

    30.948

    Renault-Megane

    28.886

    Fiat Egea Cross

    26.341

    Quelle: Verband der Kfz-Vertriebsfirmen ODD (Otomotiv Distribütörleri Dernegi) 2023

    Spekulation mit Neuwagen nimmt zu

    Pkw werden von der Bevölkerung in der Türkei als Investitionsobjekte gesehen. Die Inflation ist hoch und die Menschen versuchen, mit dem Autokauf den drohenden Wertverlust abzufedern. Die Gebraucht- und Neuwagenpreise in der Türkei steigen tendenziell. Durch den stark schwankenden Lirakurs und die langen Lieferzeiten sind Neuwagen zu Spekulationsobjekten geworden. Manch ein Käufer lässt sich vom Händler auf die Warteliste für einen Neuwagen setzen, in der Absicht, ihn bei Auslieferung über dem Kaufpreis weiterzuverkaufen. Wenn das Fahrzeugmodell durch zwischenzeitliche Preiserhöhungen auch noch in eine höhere Verkaufssteuerkategorie fällt, erhöht das die Gewinnmarge der Spekulanten zusätzlich. 

    Besonders gefragt: Weiß, klein, Benziner und mit Automatik

    Der Verkauf von Benzin betriebenen Pkw stieg 2022 laut Fachverband ODMD um 10 Prozent. Sie erzielten mit 408.920 Einheiten einen Marktanteil von 69 Prozent. Der Absatz von Dieselautos sank um fast 7 Prozent (Marktanteil: 17 Prozent). Der Verkauf von Pkw mit Liquified-Petroleum-Gas-Antrieb (LPG) ging um deutliche 68 Prozent zurück (Marktanteil: 1 Prozent). Elektromobilität legt rasant zu: Die Nachfrage nach Hybridautos stieg um 30 Prozent (Marktanteil: 11 Prozent), bei Elektroautos (BEV) sogar um 171 Prozent (Marktanteil: 1 Prozent).

    Die Kleinwagen- und Kompaktklasse bis 1,6 Liter Hubraum dominiert laut ODMD mit rund 87 Prozent den Pkw-Markt. Dies sind die Fahrzeuge in den A-, B- und C-Segmenten mit niedrigen Steuersätzen. Automatikgetriebe sind mittlerweile die bevorzugte Getriebeform (Anteil: 78 Prozent). Unter den beliebtesten Autofarben blieb Weiß der klare Favorit. Dies bestätigt das türkische Statistikamt TÜIK mit einem Anteil der Registrierungen von 40 Prozent, gefolgt von Grau (29 Prozent), Blau (11 Prozent), Schwarz (8 Prozent) und Rot (7 Prozent). Die beliebteste Karosserieform laut ODMD in 2022 waren SUV mit 41 Prozent, Limousinen (37 Prozent) und Schrägheckwagen (20 Prozent).

    Verkauf von Lkw und Bussen zieht kräftig an

    Infolge der Coronapandemie und steigender Transportkosten nutzen Logistikunternehmen für den Gütertransport häufiger die Straße. Bei Nutzfahrzeugen stieg deshalb die Nachfrage nach mittleren und schweren Lkw nach einem starken Vorjahr auch 2022 weiter an. Bei Bussen dürften zu den Zuwachsraten von über 40 Prozent auch während der Coronakrise infolge von Einschränkungen im ÖPNV aufgeschobene Investitionen beigetragen haben.

    (Stand Februar 2023)

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Marktchancen Automobil- und Kfz-Teile-Produktion

    Lieferkettenengpässe beeinträchtigen die Kfz-Produktion. Die Exporte steigen nur leicht. 

    Autohersteller und Zulieferer kündigen hohe Investitionen an

    Der Automobilhersteller Tofaş plant, seine Investitionen im Jahr 2023 auf 100 Millionen Euro zu verdoppeln. Tofaş ist ein Joint Venture (JV) der türkischen Koç Holding und Fiat S.p.A. Letztes Jahr verlagerte Fiat die Fertigung des Fiat Doblo weg vom türkischen Bursa nach Spanien. Medienberichten zufolge scheinen die Verhandlungen mit Fiat, wie die bei Tofaş freigewordenen Kapazitäten genutzt werden sollen, noch nicht abgeschlossen zu sein.

    Die Renault-Gruppe weitet ihre Investitionen in der Türkei aus. Bereits im September 2023 soll mit der Produktion des neuen Mitsubishi Colt in den Oyak Renault Werken in Bursa begonnen werden. In der Anfangsphase sollen 40.000 Autos jährlich gebaut werden, die für den Export bestimmt sind. Außerdem soll ein Versicherungs- und Servicenetzwerk in der Türkei aufgebaut werden.

    Maxion Wheels und İnci Holding haben ihr gemeinsames Werk für Lkw-Stahlräder in der Provinz Manisa in Betrieb genommen. Die Produktionskapazität beträgt 3 Millionen Einheiten pro Jahr. Geplant ist zudem ein Werk für geschmiedete Aluminiumräder für Nutzfahrzeuge. Es soll 2024 eröffnet werden. Insgesamt soll Maxion Wheels zwischen 2021 und 2025 Investitionen von mehr als 150 Millionen US-Dollar in der Türkei planen. 

    Brisa, ein JV der türkischen Sabanci Holding und Bridgestone, hat im Januar 2022 von Arvento M2M Electronic Systems 88,89 Prozent übernommen. Arvento ist ein Anbieter von Flottenmanagement- und Fahrzeug-Tracking-Lösungen.

    Ausgewählte Investitionsprojekte in der türkischen Kfz-Industrie

    Vorhaben

    Investitionssumme (in Mio. Euro)

    Projektstand

    Anmerkungen

    Produktionswerk von Toyota in Sakarya

    350

    In Planung

    Kapazität: 162.000 Hybrid-Fahrzeuge und 44.000 Batterien/Jahr

    Batteriewerk von Ford Otosan, SK Inc. (LG Energy) in Kocaeli

    100

    In Planung

    Produktionskapazität: 44 GWh/Jahr

    Ege Endüstri

    50

    In Planung

    Ersatzteile für konventionelle und Elektro-Nfz

    Batteriewerk von SiRO in Gemlik

    k. A.

    In Planung

    Produktionskapazität von 15 GWh und 19,8 GWh-Batterien

    1 Euro=20,17 Türkische Lira (TL); Europäische Zentralbank, Stand: 15.02.2023Quelle: Pressemitteilungen 2023

    Chipmangel und Kostensteigerungen beeinträchtigen die Produktion

    Es bleibt abzuwarten, wie sich die Nachfrage nach Kfz in wichtigen Exportmärkten entwickelt. Die Konjunkturaussichten für die EU und Nordamerika sind eingetrübt. Dadurch könnte auch die türkische Produktion wieder ins Stottern geraten. Ohnehin bremst die Chipkrise auch Anfang 2023 noch den Herstellungsprozess. Steigende Rohstoffpreise, Logistikkosten und Energiepreise wirkten sich ebenso wie Wechselkurs- und Zinsschwankungen negativ auf die Produktion aus.

    Die Fertigung von Pkw legte nach dem Rückgang im Vorjahr 2022 um 4 Prozent auf 810.889 Stück zu. Bei Nutzfahrzeuge stieg die Produktion um 10 Prozent auf 541.759 Stück an. Dies meldet der Verband der Automobilindustrie, Otomotiv Sanayii Dernegi (OSD).

    Die Kapazitätsauslastung in der türkischen Automobilindustrie betrug 2022 rund 70 Prozent. Dabei war sie bei den schweren Lastwagen mit 92 Prozent am höchsten und bei Bussen im Midi-Segment mit 41 Prozent am geringsten. Bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen betrug sie 70 Prozent und bei Zugmaschinen 66 Prozent.

    Kfz-Produktion in der Türkei (Stückzahl, Veränderung in Prozent)

    Kategorie

    2020

    2021

     2022

    Veränderung 2022/2021

    Pkw

    855.043

    782.835

    810.889

    3,6

    Nfz

    442.835

    493.305

    541.759

    9,8

      Minibusse

    51.464

    46.870

    46.897

    0,1

      Midibusse

    2.043

    2.216

    3.335

    50,5

      Busse

    7.896

    5.567

    8.346

    49,9

      Kleintransporter,

      Pick-ups

    358.182

    400.078

    436.611

    9,1

      Lastwagen (bis 12 t)

    2.081

    3.922

    5.026

    28,1

      Lastwagen (über 12 t)

    21.169

    34.652

    41.544

    19,9

    Insgesamt

    1.292.878

    1.276.140

    1.352.648

    6,0

    Quelle: Verband der Automobilindustrie OSD (Otomotiv Sanayii Dernegi) 2023

    Kfz-Exporte legen leicht zu

    Im Jahr 2022 hatten die Ausfuhren von Kfz einen Anteil von rund 70 Prozent an der Herstellung. Wichtigster Exportmarkt ist die EU. Dabei ist Deutschland das größte Absatzland für die türkische Kfz-Branche.

    Kfz-Ausfuhr aus der Türkei (Stückzahl, Veränderung in Prozent)

    Typ

    2020

    2021

    2022

    Veränderung  2022/2021

    Pkw

    596.616

    565.370

    571.218

    1,0

    Nfz

    319.922

    371.645

    398.906

    7,3

      Minibusse

    38.296

    37.741

    36.016

    -4,6

      Midibusse

    640

    987

    1.040

    5,4

      Busse

    6.886

    4.750

    6.579

    38,5

      Kleintransporter,

      Pick-ups

    263.767

    310.874

    335.148

    7,8

      Lkw

    10.333

    17.293

    20.123

    16,4

    Insgesamt

    916.538

    937.015

    970.124

    3,5

    Quelle: Verband der Automobilindustrie OSD (Otomotiv Sanayii Dernegi) 2023

    Die Exporte der gesamten türkischen Kfz-Industrie stiegen 2022 um knapp 4 Prozent. Damit blieben die Exporte weiter unter dem Vor-Corona-Niveau. Im Jahr 2020 waren die Ausfuhren coronabedingt um mehr als ein Viertel auf unter 1 Million Fahrzeuge gesunken. Bei Pkw blieben die Ausfuhren 2022 in etwa auf dem Vorjahresniveau, bei Nutzfahrzeugen legten sie um 7 Prozent zu.

    Ausfuhr von Kfz-Teilen aus der Türkei (in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent)

    Warengruppe

    2021

    2022

    Veränderung  2022/2021

    Reifen

    1.630,4

    1.767,3

    8,4

    Sicherheitsglas

    203,2

    234,5

    15,4

    Motoren

    296,7

    233,0

    -21,5

    Batterien

    509,2

    547,9

    7,6

    Sonstige Teile und Komponenten

    9.184,6

    10.048,4

    9,4

    Kfz-Teile insgesamt

    11.824,0

    12.831,1

    8,5

    Quelle: Verband der Automobilindustrie OSD (Otomotiv Sanayii Dernegi) 2023

    Positiv entwickelten sich 2022 die Exporte von Kfz-Teilen, sie stiegen laut dem Verband OSD um knapp 9 Prozent auf rund 13 Milliarden US-Dollar. Dabei waren sie im Jahr zuvor bereits um ein Viertel gestiegen und übertrafen damit sogar das Ergebnis von 2019, bevor die Pandemie ausbrach.

    Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile in die Türkei (in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent)

    2022

    Veränderung  2022/2021

    aus Deutschland 2022

    aus Deutschland Veränderung 2022/2021

    SITC 778.3 Kfz-Elektrik

    627,9

    -3,0

    43,3

    -20,1

    SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

    5.876

    3,4

    1.319

    5,4

    SITC 773.13 Zündkabelsätze

    338,7

    -16,3

    4,9

    19,5

    SITC 713.2 Motoren

    3.328

    -1,7

    510,3

    9,2

    Kfz-Teile insgesamt

    10.170

    0,5

    1.878

    5,6

    Quelle: Türkisches Statistikamt TÜIK 2023

    Die Einfuhr von ausgewählten Kfz-Teilen und –Komponenten in die Türkei blieb in etwa auf dem Vorjahresniveau. Sie stieg um knapp 1 Prozent auf 10,1 Milliarden US-Dollar. Die deutschen Lieferungen vergrößerten sich überproportional um 6 Prozent auf 1,9 Milliarden US-Dollar. 

    Wichtiger Produktionsstandort für die Automobilindustrie

    In den vergangenen beiden Jahrzehnten haben sich viele internationale Kfz-Hersteller in der Türkei angesiedelt. Jährlich werden fast 1 Million Fahrzeuge gefertigt. Gleichzeitig ist eine diversifizierte Zulieferindustrie entstanden. Für die deutsche Automobilindustrie ist die Türkei ein wichtiger Beschaffungsmarkt. Dazu tragen die Nähe zur EU mit kurzen Lieferzeiten, die Fähigkeit zu schnellen Produktionsanpassungen und die gut aufgestellte Produktion maßgeblich bei. In der Türkei fertigen große deutsche Unternehmen, darunter Mercedes-Benz, MAN und Bosch sowie internationale Autobauer wie Ford, Fiat, Hyundai, Renault und Toyota. 

    In der Türkei produzieren Branchenschätzungen zufolge fast 300 Zulieferunternehmen, die meisten davon im Nordwesten des Landes. Zu den bedeutenden Herstellern zählen unter anderem Bosch, Autoliv, Beycelik Gestamp, Maxion Inci, Federal Mogul, Bri SA, Yazari, Good Year, Petlas, CMS und Delphi.

    Der Fachverband der türkischen Zulieferindustrie Taysad macht keine Angabe zum Wert der Inlandsproduktion oder den Fertigungskapazitäten. Die Exportabhängigkeit der Branche ist hoch. Insofern dürfte die Entwicklung der Exporte von Fahrzeugteilen Rückschlüsse auf die Produktion zulassen.

    (Stand Februar 2023)

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Rahmenbedingungen

    Tarifäre und nichttarifäre Einfuhrbestimmungen ändern sich häufig. Daher sollten die aktuellen Bestimmungen regelmäßig abgerufen werden. 

    Für Normen und technische Standards ist das staatliche Normeninstitut TSE (Türk Standardlari Enstitüsü) zuständig. Informationen zu Einfuhrverfahren und -abgaben können beim neuen Handelsministerium eingeholt werden.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung. 

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung 

    Anmerkung  

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Türkei 

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Sanayi ve Teknoloji Bakanligi

    Ministerium für Industrie und Technologie

    Ticaret Bakanligi

    Handelsministerium

    Türk Standardlari Enstitüsü (TSE) 

    Staatliches Normeninstitut

    Türkiye Istatistik Kurumu (TÜIK) 

    Türkische Statistikbehörde

    Otomotiv Sanayi Dernegi (OSD) 

    Verband der Automobilindustrie

    Otomotiv Distribütörleri ve Mobilite Derneği Otomotiv (ODMD)

    Verband der Automobilvertriebsfirmen und Mobilitätsverband

    Tasit Araclari Yan Sanayicileri Dernegi (TAYSAD) 

    Verband der Kfz-Zulieferindustrie

    Electric & Hybrid Vehicles Association (TEHAD) 

    Verband für Elektro- und Hybridfahrzeuge

    Automechanika

    Ableger der deutschen Veranstaltung, Istanbul, zweijährlich; (geplant 08.-11.06.23)

    Otomobil Gazetesi

    Portal mit lokalen Branchennachrichten auf Türkisch

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