Die Entsendungskraft kann während des Türkeieinsatzes bei einer eigenen Niederlassung vor Ort eingestellt werden.
Bei Einsätzen über 90 Tage kann die die Entsendungskraft (statt mit der türkischen Kundin) einen Arbeitsvertrag mit einer Türkei-Niederlassung der deutschen Arbeitgeberin schließen.
Ausstrahlung der deutschen Sozialversicherung bei Entsendung in die Zweigniederlassung
Mangels rechtlicher Selbstständigkeit einer Zweigniederlassung schließt die Entsendungskraft einen Arbeitsvertrag mit ihrer deutschen Arbeitgeberin - und zwar mit dem Inhalt für einen bestimmten Zeitraum im Rahmen eines bestimmten Projektes oder Auftrages in der türkischen Zweigniederlassung tätig zu sein. Weil in dieser Konstellation die Gehaltsabrechnung üblicherweise in Deutschland stattfindet, verbleibt die Entsendungskraft in der deutschen Sozialversicherung, soweit auch die übrigen Voraussetzungen einer Ausstrahlung sowohl nach § 4 SGB IV als auch nach Artikel 6 des Deutsch-Türkischen Sozialversicherungsabkommens vorliegen.
Vertrag über Einsatz in Zweigniederlassung als Grundlage für Arbeitserlaubnis
Es stellt sich die Frage, ob es sich bei einem Vertrag mit einer türkischen Zweigniederlassung, um einen lokalen Arbeitsvertrag handelt. In Ermangelung der rechtlichen Selbstständigkeit handelt es sich bei diesem Vertrag um einen Vertrag mit der deutschen Arbeitgeberin. Ein lokaler Arbeitsvertrag ist bei Einsätzen über 90 Tage jedoch erforderlich für das Verfahren zur Erlangung der Arbeitserlaubnis. In der Sache dürfte es sich um einen lokalen Arbeitsvertrag handeln, weil sich die Zweigniederlassung in der Türkei, sprich: vor Ort befindet.
Deutsche Sozialversicherung unter Umständen bei Anstellung in türkischer Tochter möglich
Bei einer Tochtergesellschaft ist ein lokaler Arbeitsvertrag ohne weiteres zu bejahen. Fraglich ist, ob in dieser Konstellation die Entsendungskraft noch in der deutschen Sozialversicherung verbleibt. Ein solcher Verbleib in der deutschen Sozialversicherung ist denkbar, wenn parallel der deutsche Arbeitsvertrag, einschließlich des Weisungsrechts, weiterläuft. Ebenso muss die deutsche Arbeitgeberin für die Tochtergesellschaft die Gehaltszahlung und -Abrechnung der Entsendungskraft übernehmen. Denn ein Gehalt aus Deutschland könnte die notwendige Anbindung der Entsendungskraft zu der deutschen Arbeitgeberin herstellen, die eine Fortgeltung des deutschen Sozialversicherungsrechtes rechtfertigt. Andererseits ließe sich anführen, dass trotz Zahlung aus Deutschland der Gehaltsanspruch nach wie vor gegen die Tochter und somit keine ausreichende Bindung nach Deutschland besteht. Hier kommt es maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalles an. Sollte der zuständige deutsche Sozialversicherungsträger von einer Ausstrahlung ausgehen, erhält die Entsendungskraft eine entsprechende Bescheinigung. Für die Beantragung dieser Bescheinigung ist der Vordruck T/A1 auszufüllen.
Kein Pro-Forma-Vertrag trotz Lohnzahlung aus Deutschland
Übernimmt das deutsche Stammhaus die Gehaltszahlung für die türkische Tochter, wird aus dem Vertrag zwischen Letzterer und der Entsendungskraft kein Pro-Forma-Vertrag. Trotz der Zahlung aus Deutschland wollen die Parteien, dass die Entsendungskraft einen Gehaltsanspruch gegen die türkische Tochter hat. Diese wurde gegründet, um Aufträge türkischer Kunden abzuwickeln.
Ist die Entsendungskraft bei der Zweigniederlassung oder bei der Tochtergesellschaft beschäftigt, kommt es für die Besteuerung ihres Lohns in Deutschland abermals darauf an, ob die (negativen) Voraussetzungen des Artikel 15 Absatz 2 DBA erfüllt sind.
Zunächst darf der Türkei-Einsatz nicht länger als 183 Tage dauern.
Weder die Zweigniederlassung noch die Tochtergesellschaft dürfen Arbeitgeberinnen sein, die das Gehalt der Entsendungskraft zahlen, beziehungsweise, dürfen sie keine Arbeitgeberinnen sein, für die das Gehalt der Entsendungskraft gezahlt wird. Bezüglich der Zweigniederlassung liegen die Dinge auf der Hand. Sie kann mangels Rechtspersönlichkeit keine Arbeitgeberin im Sinne der Vorschrift sein.
Bei Entsendungen in die Tochtergesellschaft ist der Lohn eher in der Türkei zu versteuern
Bei der türkischen Tochtergesellschaft könnte schon eher eine Arbeitgeberin nach Artikel 15 Absatz 2 b) DBA sein - mit der Folge, dass die Lohnsteuer in der Türkei fällig wird. In den Fällen der konzerninternen Arbeitnehmerentsendung hat der BFH seine Rechtsprechung zum wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff bestätigt und präzisiert. Entscheidend ist, ob die Entsendungskraft für das türkische Tochterunternehmen und nicht nur in dem türkischen Tochterunternehmen arbeitet. Arbeitgeber ist demnach das Unternehmen, in dessen Interesse die Entsendung liegt. Wird etwa ein Arbeitnehmer zur Erfüllung einer Liefer- oder Werkleistungsverpflichtung des entsendenden Unternehmens bei einem verbundenen Unternehmen tätig und ist sein Arbeitslohn Preisbestandteil der Lieferung oder Werkleistung, liegt die Entsendung im Interesse des entsendenden Unternehmens.
Ein Tätigwerden für die Tochtergesellschaft setzt außerdem eine hinreichende Einbindung der Entsendungskraft voraus - insbesondere muss die Entsendungskraft den Weisungen der Tochtergesellschaft unterstehen. Unabhängig davon nimmt die deutsche Finanzverwaltung eine Integration der Entsendungskraft in das aufnehmende Unternehmen und damit dessen Arbeitgebereigenschaft ab einem Einsatz von drei Monaten an.
Für das Dritte Kriterium, wonach der Lohn nicht von einer Betriebsstätte getragen werden darf, gelten die zum Employer of Record gemachten Ausführungen. Das gleiche gilt für die Frage der Körperschaftsteuer.
Zu beachten ist, dass es sich bei Artikel 5 Absatz 3 DBA um eine Spezialregelung handelt. Liegt also tatbestandlich eine Bau- oder Montagebetriebsstätte vor, die aber weniger als sechs Monate dauert, muss nicht mehr geprüft werden, ob etwa eine feste Geschäftseinrichtung nach Artikel 5 Absatz 1 DBA vorliegt. Ähnlich ist bei einer Dienstleistungsbetriebsstätte vorzugehen.