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Special | Türkei | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Energie: Mit erneuerbaren Energien und Wasserstoff zu Netto-Null

Das Land tätigt hohe Investitionen in Wind- und Solarenergie. Die Erzeugung von grünem Wasserstoff spielt eine wichtige Rolle.

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

Energieversorgung

Der Energiebedarf der Türkei steigt und die Abhängigkeit von Gas- und Kohleimporten ist hoch. Um dem entgegenzusteuern und den Bedarf zu decken, setzt die Regierung auf erneuerbare Energien, den Bau von Atomkraftwerken, die effizientere Nutzung von lokaler Braunkohle und die Exploration von Erdöl- und Erdgasvorkommen.

Zur Deckung des Energiebedarfs ist das Land in hohem Maße auf Importe angewiesen. Mehr als 90 Prozent des Erdöls und fast das gesamte Gas kommen aus dem Ausland, vor allem aus Russland. Auch gut 60 Prozent der eingesetzten Kohle werden importiert. Im Januar 2023 hat die Türkei ihren Nationalen Energieplan mit den Zielen für 2035 veröffentlicht. Bis zum Jahr 2053 möchte die Türkei klimaneutral sein. Fossile Energien sollen trotzdem 2035 noch eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung spielen. Gleichzeitig wird der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben.

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Stromerzeugung

Die Türkei plant die installierte Kapazität zur Stromerzeugung bis 2035 zu verdoppeln. Rund die Hälfte der vorhandenen Kapazitäten entfielen im Jahr 2020 auf erneuerbare Energien. Bis 2035 soll sich ihr Anteil inklusive Kernkraft auf 65 Prozent erhöhen. Das Land will vor allem in Solar- und Windenergie investieren. Das Volumen von Solarkraft soll sich auf knapp 53 Gigawatt verfünffachen und das von Windkraft auf 30 Gigawatt verdreifachen.

Während die Solarbranche noch vergleichsweise wenig entwickelt ist, ist Windkraft im Land gut ausgebaut. Der Markt ist grundsätzlich offen für internationale Anbieter. Jedoch gibt es strikte Local-Content-Anforderungen. Zahlreiche internationale Anbieter von Windkrafttechnik haben deshalb in den vergangenen Jahren mit lokalen Partnern Fertigungen aufgebaut. 

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Ende April 2023 eröffnete Staatspräsident Erdoğan nach fünf Jahren Bauzeit den ersten Atomreaktor der Türkei. Das Kernkraftwerk Akkuyu bei Mersin soll insgesamt vier Reaktoren mit einer Kapazität von je 1,1 Gigawatt haben. Das Projekt in Höhe von 20 Milliarden US-Dollar (US$) wird in Zusammenarbeit mit Russland (Rosatom) umgesetzt. Zwei weitere Atomkraftwerke sind geplant und die Suche nach Investoren läuft. Bis 2035 soll die installierte Kernenergie auf 7,2 Gigawatt steigen.

Exportinitiative Energie
  • Was? Die Exportinitiative Energie unterstützt Unternehmen aus den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz, intelligente Netze beziehungsweise Speichertechnologien.
  • Wen? Unterstützt werden kleine und mittlere Unternehmen mit Sitz in Deutschland.
  • Wie? Zur Initiative zählen Geschäftsreisen sowie Leistungsschauen und Sondermesseprogramme in der Türkei. Hinzu kommen für Unternehmen aus der Türkei Informationsveranstaltungen und -reisen in Deutschland.
  • Wer? Auftraggeber ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz; Partner in der Türkei ist die lokale Auslandshandelskammer.

Aufbau Wasserstoffwirtschaft

Das türkische Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen hat im Januar 2023 die nationale Wasserstoffstrategie veröffentlicht. Das Hauptanliegen ist zum einen die Senkung der Produktionskosten für grünen Wasserstoff auf unter 2,4 US$ pro Kilogramm Wasserstoff bis 2035 und unter 1,2 US$ pro Kilogramm Wasserstoff bis 2053. Zum anderen sollen die Wasserstoff-Elektrolyseure-Kapazitäten von 2 Gigawatt im Jahr 2030 auf 5 Gigawatt im Jahr 2035 und bis auf 70 Gigawatt im Jahr 2053 ausgebaut werden.

Für die Produktion von grünem Wasserstoff setzt die Türkei vor allem auf Solar- und Windkraft. Bei Elektrolyse-Technologien wäre das Land Branchenkennern zufolge auf Importe angewiesen, aber Investitionen in den Aufbau einer lokalen Produktion sind geplant. Grüner Wasserstoff könnte mit künftigen Überkapazitäten aus Windkraftanlagen gewonnen werden. Dann könnte er exportiert oder für die Dekarbonisierung der heimischen Industrie genutzt werden. Besonders profitieren können Branchen, die durch die geplante Einführung des europäischen CO2-Grenzausgleichssystems CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) bei Lieferung in die EU am stärksten von der CO2-Bepreisung beeinträchtigt wären, wie Zement, Eisen, Stahl, Aluminium und Strom.

Geschäftschancen für deutsche Unternehmen

Deutschland hat im Jahr 2020 im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie 2 Milliarden Euro für internationale Partnerschaften bereitgestellt. Der Fokus liegt auf grünem Wasserstoff. Die Türkei wäre ein potenzieller Lieferant. Deutsche Unternehmen können die Türkei bereits heute bei der Einführung und Implementierung von Wasserstofftechnologien unterstützen:

 "Potenziale für eine Zusammenarbeit und den Markteintritt sind vor allem in den Bereichen Wasserstofftechnologien, Machbarkeitsstudien sowie der Projektentwicklung gegeben",

bestätigt Thilo Pahl, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK Türkei) und Delegierter der Deutschen Wirtschaft in der Türkei. Außerdem biete der türkische Markt mit seiner breiten Industriebasis und den positiven Standortfaktoren im Zuge der Realisierung einer lokalen Wasserstoffwirtschaft gute Voraussetzungen für den Aufbau von industriellen Fertigungs- und Produktionsstätten.

Die Türkei hat großes Potenzial für grünen Wasserstoff

Eine Studie des türkischen Thinktanks Shura bescheinigt der Türkei im Rahmen der Deutsch-Türkischen Energiepartnerschaft großes Potenzial für die Produktion von grünem Wasserstoff. Bis 2050 könnten ausgehend von jährlichen Investitionen zwischen 3 Milliarden und 4 Milliarden US$ etwa 3,4 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff hergestellt werden. Nachdem die heimische Nachfrage gedeckt wäre, blieben etwa 1,5 Millionen bis 1,9 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff für den Export. 

Deutsch-Türkische Energiepartnerschaft
  • Was? Die Energiepartnerschaft unterstützt die Türkei bei der Transformation ihres Energiesystems. Schwerpunkt: Ausbau erneuerbarer Energien und deren Integration in das Stromsystem.
  • Wen? Im Fokus stehen Akteure aus Politik und Wirtschaft beider Länder.
  • Wie? Unterstützt wird der Erfahrungsaustausch und die Initiierung konkreter Projekte.
  • Wer? Auftraggeber ist das Bundesministerium für Energie und Klimaschutz (BMWK); Partnerministerium ist das Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen der Türkei; durchführende Organisation für das BMWK: Deutsche Energieagentur (dena); Energie-Sekretariat in der Türkei: Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer.

Die ersten Projekte laufen an

Die Entwicklungsagentur der Süd-Marmara-Region startete eine Initiative zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Im April 2023 wurden die Unterschriften unter die ersten beiden Projekte gesetzt. Unter dem Namen "HYSouthMarmara Hydrogen Valley Project“ soll in der für seine Windkraftanlagen bekannten Region ein Wasserstoff-Cluster entstehen: Die Laufzeit beträgt fünf Jahre. Das Budget liegt bei 36,8 Millionen Euro, davon stammen 8 Millionen aus EU-Förderung. Außerdem ist der Bau einer Produktionsanlage geplant. Mindestens 500 Tonnen grüner Wasserstoff sollen jährlich von Enerjisa Üretim in Balıkesir produziert und von Linde Gaz in die Anlagen von Hydrogen Peroxide, Kale Seramik, Şişecam und Eti Maden transportiert werden.

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