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Special | Türkei | LkSG | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Verstoß gegen das Verbot von Zwangsarbeit und aller Formen der Sklaverei

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Türkei unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 u. 4 LkSG)

Kurzbeschreibung: Indikatoren für Zwangsarbeit sind das Einbehalten von Löhnen, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschäftigten, das Einbehalten von Ausweisdokumenten, die Schaffung unzumutbarer Arbeits- und Lebensverhältnisse durch Arbeit unter gefährlichen Bedingungen, unzumutbare Unterkünfte, exzessives Maß an Überstunden sowie die Anwendung von Drohungen und/oder Gewalt. Beispiele für Zwangsarbeit sind insbesondere Menschenhandel und Schuldknechtschaft. Das Verbot von Sklaverei umfasst sämtliche Formen von Herrschaftsausübung oder Unterdrückung im Umfeld der Arbeitsstätte, wie die extreme wirtschaftliche Ausbeutung und Erniedrigung.

Gesetzliche Grundlagen

Die Türkei ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat alle zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 29) und über die Abschaffung von Zwangsarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 105). Das ILO-Protokoll von 2014 zum Übereinkommen Nr. 29 über Zwangsarbeit hat die Türkei noch nicht ratifiziert (Stand: Juli 2023). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich des Verbots von Zwangsarbeit und Sklaverei bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

Risiken

Die Türkei ist nach dem Global Slavery Index von 2023, der unter anderem die Verbreitung von Zwangsarbeit und Menschenhandel weltweit bewertet, in der Kategorie Vulnerability to Modern Slavery mit 51/100 Punkten bewertet. Je höher der Wert, desto höher fällt das Risiko in Bezug auf Anfälligkeit für Zwangsarbeit aus. Die Türkei war 2022 auf Rang 6 der Länder in Europa und Zentralasien mit der höchsten Anfälligkeit für moderne Sklaverei (Tadschikistan: 67/100; Russland 60/100; Aserbaidschan: 57/100; Usbekistan: 56/100; Kirgisistan: 55/100). In der Türkei sind nach dem Index je 1.000 Personen 15,6 von Zwangsarbeit betroffen; 1,3 Millionen Menschen insgesamt. 

Die Position der Türkei hat sich in den letzten Jahren in diversen internationalen Rankings zu Zwangsarbeit verschlechtert. Die meisten deutschen Unternehmen dürften bei ihren Lieferanten wohl weniger betroffen sein, da die höchsten Risiken im informellen Sektor bestehen. Allerdings ist angesichts komplexer Lieferketten nicht auszuschließen, dass auch bei deutschen Zulieferbetrieben, insbesondere bei mittelbaren, Zwangsarbeit vorkommt.

Es gibt immer mal wieder Einzelberichte über Zwangsarbeit. Das Risiko in der Textilbranche könnte bei mittelbaren Zulieferern weiter groß sein, obwohl immer mehr Bekleidungsunternehmen Maßnahmen ergreifen, um Arbeitsausbeutung auch in der tieferen Lieferkette zu verhindern. Es gibt Berichte über Textilunternehmen in der Türkei, die ihre Baumwolle aus Turkmenistan beziehen und die entsprechend mit einem höheren Risiko für Zwangsarbeit behaftet sind.

Laut Nichtregierungsorganisationen besteht ein besonderes Risiko von Ausbeutung wegen Armut bei Minderheiten, Personen aus Ostanatolien und Flüchtlingen aus Syrien. Da Flüchtlinge oft keine Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis haben, arbeiten sie häufig inoffiziell ohne arbeitsrechtlichen Schutz, vor allem in der Landwirtschaft und im Baugewerbe.

Um mögliche Zwangsarbeitsrisiken in anderen Branchen der Türkei zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Die Deutsch-Türkische Auslandshandelskammer (AHK) bietet seit Sommer 2021 für lokale Zulieferer regelmäßig Informationsveranstaltungen zum LkSG an. Außerdem hat die AHK gemeinsam mit der Anwaltskanzlei Köksal & Partners eine türkische Veröffentlichung über das LkSG herausgebracht, in der es neben Informationen zur Gesetzeslage in Deutschland, auch eine Liste mit konkreten Umsetzungsempfehlungen für türkische Unternehmen gibt. 

Für die Identifizierung von Zwangsarbeit vor Ort steht die Eliminating and Preventing Forced Labour: Checkpoints app der ILO zur Verfügung. Für den Austausch von Unternehmen in Lieferketten zur Eliminierung von Zwangsarbeit bietet sich das Global Business Network on Forced Labour an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit und Sklaverei können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Zwangsarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren und Arbeitszeiten im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

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