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Branchen | Ukraine | Kfz

Nachfrage auf dem Automarkt in der Ukraine bleibt stabil

Kriegsbedingt stagniert der ukrainische Automarkt. Nur Elektro- und Hybridautos legen zu. Die Branche passt ihre Fertigung an den Reparatur- und Wiederaufbaubedarf an. (Stand: Juli 2025)

Von Waldemar Lichter | Warschau

Auch wenn die Absatzzahlen 2025 stagnieren, bleibt die Kfz-Nachfrage auf einem hohen Niveau. In Teilsegmenten, wie bei Elektroautos und Hybrid-Fahrzeugen, nehmen die Verkäufe kräftig zu. Im Jahr 2026 könnte aber ein leicht negativer Trend einsetzen.

Immerhin holt der Pkw-Markt die Einbußen vom Jahresanfang 2025 wieder auf. Rechtliche Änderungen hatten im 4. Quartal 2024 für vorgezogene Käufe gesorgt, die ihrerseits den Absatz im 1. Quartal 2025 um 17 Prozent einbrechen ließen. Bereits Ende Juni 2025 reichten die Absatzzahlen aber fast wieder an das Vorjahresniveau heran: 33.773 Neuzulassungen bedeuteten lediglich 1 Prozent weniger als zwischen Januar und Juni 2024.

Verschiebungen bei der Pkw-Nachfrage

Bei der Antriebswahl setzt sich der Trend der Vorjahre fort: Der Markt elektrifiziert sich rasch, klassische Verbrenner verlieren deutlich Marktanteile. Von allen Neuzulassungen entfielen im 1. Halbjahr 2025 nur noch 37 Prozent (1. Halbjahr 2024: 43 Prozent) auf Benziner und 19 Prozent (25 Prozent) auf Diesel-Autos. Parallel dazu nahm im gleichen Zeitraum die Popularität von Hybridfahrzeugen und Pkw mit batterieelektrischem Antrieb zu, deren Marktanteile sich von 17 auf 27 Prozent sowie von 15 auf 17 Prozent erhöhten.

Die Liste der bestverkauften Pkw-Modelle führte im 1. Halbjahr 2025 der Renault Duster (2.480 Einheiten; Diesel) an. Dahinter reihten sich folgende Modelle ein: Toyota RAV4 (1.668; Hybrid), Hyundai Tucson (995; Benzin), Toyota Land Cruiser Prado (993; Diesel), BYD Song Plus (982; Elektro). Chinesische Elektro-SUV der Marken BYD und Zeekr rücken erstmals in die Top-Plätze vor.

Im 1. Halbjahr 2025 wurden insgesamt 31.750 Elektrofahrzeuge neu registriert. Allerdings war weniger als jedes fünfte davon ein Neuwagen, den Rest machten Gebrauchtwagenimporte aus. Das im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum notierte, etwa 30-prozentige Wachstum dürfte bis Jahresende anhalten. Da ab 2026 die Mehrwertsteuer auf Elektroautos wieder eingeführt werden soll, erwarten Experten, dass Autokäufe vorgezogen werden. Gleichwohl dürfte sich die Mehrwertsteuer als Hürde für die zukünftige Entwicklung der E-Mobilität in der Ukraine erweisen – zusätzlich zu den Unsicherheiten, die auf die russischen Angriffe auf die Energieinfrastruktur des Landes zurückgehen.

Marktbeobachter stellen bei Modellen und Anbietern auf dem E-Auto-Markt eine Zweiteilung fest: Bei den Neufahrzeugen dominieren zunehmend chinesische Marken. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt sind hingegen Tesla Model Y und Model 3, Nissan Leaf, KIA Niro EV und Hyundai Kona führend.

Busse beschleunigen, Lkw und Leichttransporter bremsen

Eine Trendwende zeichnet sich auf dem Markt für Busse ab. Die Erstzulassungen von neuen und gebrauchten Bussen (einschließlich Kleinbussen) nahmen im 1. Halbjahr 2025 um 36 Prozent auf 1.185 Fahrzeuge zu. Im Jahr davor brachen die Erstzulassungen gegenüber 2023 um 19 Prozent ein. Der Busmarkt profitiert vor allem vom staatlichen Programm zur Erneuerung der Schulbusflotte.

Für Nachfrage sorgen ferner Beschaffungsprogramme der kommunalen Verkehrsbetriebe. So hat das städtische Verkehrsunternehmen Kyjiwpastrans 2024 beim türkischen Hersteller Anadolu Isuzu 85 Citiport-Stadtbusse bestellt. Finanziert wird das Geschäft aus einem Kredit der Europäischen Investitionsbank (EIB). Dieser steht auch für Erneuerungen der Busflotten in Mykolajiw, Iwano-Frankiwsk und Odessa zur Verfügung. Für Nachfrageimpulse sorgt zudem der gestiegene Bedarf an Dienstleistungen im Buspassagierverkehr.

Schlecht gestimmt waren im 1. Halbjahr 2025 hingegen die Anbieter von neuen Lkw und leichten Nutzfahrzeugen – ihre Verkäufe gingen im Vergleich zu den ersten sechs Monaten des Vorjahres um 40 Prozent zurück. Obwohl auch in diesem Segment Förderung vorhanden ist, so zum Beispiel zur Flottenmodernisierung großer Unternehmen. So hat das Stahlwerk ArcelorMittal Krywyj Rih unter anderem Muldenkipper des chinesischen Herstellers Shantui gekauft. Auch das Bauunternehmen Kyjiwbud und der Pipelinebetreiber Ukrtransnafta beschafften neue Fahrzeuge. Stabil blieb das Geschäft mit gebrauchten Nutzfahrzeugen.

Nachfrage nach Spezial- und Sonderfahrzeugen bewegt ukrainische Hersteller zum Umdenken 

Mit einer wachsenden Nachfrage rechnen Marktbeobachter nach Spezial- und anderen Nutzfahrzeugen, die für Arbeiten zum Wiederaufbau und zur Reparatur beschädigter Gebäude sowie von Bauten der Energie- und Verkehrsinfrastruktur benötigt werden. Der ukrainische Markt zieht deshalb neue ausländische Anbieter solcher Technik an. Dazu gehört der südkoreanische Hersteller von Spezialfahrzeugen für Betonfördertechnik KCP, der nun über seinen exklusiven Vertreter Avto-Region – die besonders gefragten Autobetonpumpen sowie Autokräne und Spezialfahrzeuge in der Ukraine anbietet.

Der anhaltend hohe Bedarf hat auch die lokale Fahrzeugindustrie zur Anpassung ihrer Produktion veranlasst. Zu den aufstrebenden ukrainischen Herstellern gehören Alfatex, Avtek, Spez-Kom-Service (SKS), Reform und Everlast, die in neue, gefragte Modelle investieren. Von höheren Lokalisierungsanforderungen bei öffentlichen Aufträgen profitieren auch ukrainische Busmontagewerke, wie Tscherkassy Bus, Etalon oder ZAZ sowie ihre regionalen Zulieferer.

Den Umsatz der gesamten Automobilindustrie gibt das ukrainische Statistikamt für 2024 mit umgerechnet 1,3 Milliarden Euro an. In den ersten fünf Monaten 2025 wurden Umsätze von rund 559 Millionen Euro erwirtschaftet, ein Plus von 29 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. In diesem Zeitraum wuchsen die Erlöse der Hersteller von Teilen und Zubehör für Kfz besonders stark – um 34 Prozent auf 351 Millionen Euro.

Die Produktion von Pkw bleibt in der Ukraine eine Randerscheinung. Das einzige Werk der Firma Eurocar im westukrainischen Solomonovo montiert Modelle der Marke Škoda. Die Stückzahlen bleiben gering. Auch das neue Hoffnungsprojekt – die geplante Montage von Isuzu Pick-ups im Buswerk Tscherkassy (Ataman-Gruppe) kommt bisher nicht über die Vorbereitungsphase hinaus.

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