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Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Investitionsstandort Hauptstadtregion Kyjiw

Investitionsstandort: Hauptstadtregion Kyjiw

Die Hauptstadtregion Kyjiw behauptet erfolgreich ihren Rang als politisches und wirtschaftliches Zentrum der Ukraine, bietet eine breite Industriebasis und hohe Innovationskraft.

Von Maria Repko (Centre for Economic Strategy), Maksym Samoiliuk (Centre for Economic Strategy), Andrii Akymenko (Centre for Economic Strategy)

Die Stadt Kyjiw und die sie umgebende Oblast Kyjiw (im Folgenden zusammen als Hauptstadtregion bezeichnet) sind im Hinblick auf Bevölkerungszahl, Wirtschaftsleistung und Investitionszufluss Spitzenreiter in der Ukraine. Die Hauptstadtregion punktet mit einer vielfältigen Unternehmenslandschaft - von Landwirtschaft über verarbeitende Industrie bis hin zu innovativen Dienstleistungen. Die Attraktivität für Zuzügler, eine breite Hochschulbasis und zahlreiche Clusterinitiativen untermauern ihre Stellung als primäre Businessdestination im Land.

Gleichzeitig ist die Hauptstadtregion eines der zentralen Ziele russischer Luftangriffe. Energieversorgung und Infrastruktur dieses wichtigen Transportknotens stehen daher täglich vor großen Herausforderungen.

  • Investitionspotenzial

    Das Wirtschaftszentrum des Landes bietet Investitionspotenziale, Partner und Abnehmer in nahezu allen Branchen.

    Die Hauptstadt Kyjiw und die Oblast Kyjiw sind die Heimat von fast 20 Prozent der Ukrainer und bilden den wirtschaftlichen Kern des Landes. Laut dem Centre for Economic Strategy erwirtschaften sie zusammen mehr als ein Drittel der nationalen Wirtschaftsleistung – 27 Prozent in der Stadt Kyjiw und weitere 7 Prozent in der Oblast Kyjiw.

    Die Hauptstadtregion beherbergt den größten Pool an Fachkräften. Die Stadt Kyjiw ist Sitz führender IT-Unternehmen. Sie bietet eine umfangreiche Basis an Universitäten und F&E-Zentren, ist ein großer Finanzplatz mit gut entwickelten Dienstleistungen und einem pulsierenden Stadtleben für die Beschäftigten. Der Oblast Kyjiw verfügt ihrerseits über eine der stärksten lokalen Verwaltungs- und Finanzierungskapazitäten sowie äußerst günstige Bedingungen für die Landwirtschaft und Agrargüterverarbeitung.

    Breites Betätigungsfeld

    Die Hauptstadtregion ist das wichtigste Innovations- und Geschäftszentrum der Ukraine und hat sich auf Pharmazeutika, Lebensmittel, Ingenieurwesen und IT spezialisiert. Sie ist führend bei den Zuflüssen ausländischer Direktinvestitionen (FDI) – die Stadt Kyjiw liegt auf Platz 1 und die Oblast auf Platz 3 unter den 25 ukrainischen Regionen – wobei der wirtschaftliche Schwerpunkt der Hauptstadt auf Handel, Energie, Transport und IT liegt. Die Stadt beheimatet auch zahlreiche Hauptsitze landesweit tätiger Unternehmen.

    Starke deutsche Präsenz

    Deutsche Firmen sind stark in der Hauptstadtregion vertreten. In der Oblast Kyjiw haben acht der 100 umsatzstärksten Unternehmen eine deutsche Beteiligung, in der Stadt selbst sind es zwei der 100 größten Unternehmen. Die meisten deutschen Unternehmen mit Hauptsitz in Kyjiw sind landesweit tätig und konzentrieren sich aufs Importgeschäft. In der Oblast Kyjiw haben Henkel Bautechnik und Kostal eigene Produktionsstätten.

    Wachsendes Sicherheitsrisiko

    Die Hauptstadtregion ist der wichtigste Verkehrsknotenpunkt des Landes – der Ausbau von Straßen und der Energieversorgung konnte mit dem Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre jedoch nicht Schritt halten. Zudem machen die zahlreichen russischen Angriffe die Hauptstadtregion und insbesondere die Hauptstadt Kyjiw insgesamt unsicher.

    SWOT-Analyse der Hauptstadtregion

    Die Stärken und Schwächen der Region in der Übersicht

    S

    Stärken Strengths

    • Führendes Innovations- und Wirtschaftszentrum der Ukraine
    • Höchste Dichte von Bildungseinrichtungen
    • Größtes Ziel internationaler Investoren
    • Beste Internetanbindung in der Ukraine
    • Heimat von 20 Prozent der Bevölkerung und 26 Prozent der Erwerbstätigen
    W

    Schwächen Weaknesses

    • Stadt Kyjiw hat das höchste Lohnniveau in der Ukraine
    • Hohe Belastung und Verschleiß der Infrastruktur
    • Volatile Stromversorgung
    • Geringe Rohstoffvorkommen
    • Hohe Wasserverschmutzung
    O

    Chancen Opportunities

    • Verkehrsknotenpunkt der Ukraine
    • Gute Bedingungen für Landwirtschaft und Nahrungsmittelverarbeitung
    • Führende Rolle im Bereich Wasserkraft und Biokraftstoffe
    • 50 Milliarden US$ Wiederaufbaubedarf
    • Geplante Infrastrukturinvestitionen im Wert von 10 Milliarden US$ 
    T

    Risiken Threats

    • Vergleichsweise hohe Markteintrittsbarrieren und Geschäftskosten
    • Regelmäßiger Drohnen- und Raketenbeschuss
    • Effizienz der Verwaltung nur mittelmäßig
    • Vergleichsweise hoher Anteil der Flächen mit explosiven Kampfmittelrückständen

  • Wirtschaftsprofil

    Die Hauptstadtregion punktet mit sektoraler Breite und vielen Niederlassungen deutscher Unternehmen. Die Sicherheitslage drückt jedoch aufs Geschäftsklima.

    Im Rahmen der Strategie für intelligente Spezialisierung der Stadt Kyjiw hat die dortige Verwaltung den Pharmasektor aufgrund seiner starken Innovationsfähigkeit und seines Exportpotenzials als prioritär eingestuft. Die bekanntesten Pharmahersteller sind Farmak, Darnytsia, YURiA-PHARM und die Kyiv Vitamin Plant. Weitere Schlüsselbranchen sind die Lebensmittelverarbeitung, die Feinmechanik, die Kreativwirtschaft und die IT. 

    Im Januar 2025 waren in der Stadt Kyjiw 45 der 50 größten IT-Unternehmen der Ukraine angesiedelt – zwei mehr als im Jahr 2022. In der Stadt befindet sich auch der Hauptsitz der größten IT-Community des Landes, der IT Ukraine Association, die Unternehmen, Regierungen und internationale Partner zusammenbringt, um die Entwicklung der ukrainischen IT-Branche voranzutreiben. Im Jahr 2024 arbeiteten rund 81.000 IT-Fachkräfte in der Hauptstadtregion, damit liegt sie landesweit auf Platz 1. Zu den zehn wichtigsten Branchen der Stadt Kyjiw zählen neben der stark wachsenden Drohnenproduktion auch die vielfältigen Verwaltungs- und Dienstleistungsfunktionen als Hauptstadt.

    Die Industriestruktur der Oblast Kyjiw weist andere Schwerpunkte auf. Eine führende Rolle nehmen dort die Herstellung von biologischen und funktionellen Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln, Futtermittelzusatzstoffen und Tierarzneimitteln ein. Daneben bilden weitere Schlüsselindustrien wie Fleischwaren, Backwaren, Papierprodukte, Chemikalien, Pharmazeutika, Gummi- und Glaswaren, Maschinenbau und Möbelherstellung die Grundlage der Strategie der intelligenten Spezialisierung der Oblast. In der Oblast Kyjiw spielen auch Handel, Landwirtschaft und die Herstellung verschiedener Metallgüter – von Getränkedosen aus Aluminium über öffentliche Verkehrsmittel bis hin zu Versorgungsmaschinen und militärischer Ausrüstung, eine wichtige Rolle. Im Jahr 2023 waren rund 30 Prozent der Unternehmensstandorte der Oblast im rechtsufrigen Bezirk Butscha registriert. Dieser grenzt an den westlichen Teil der Stadt Kyjiw und nimmt nur rund zehn Prozent der Fläche der Oblast ein – ein Hinweis auf die hohe wirtschaftliche Konzentration in diesem Gebiet.

    Mit Abstand beliebtester Investitionsstandort im Land

    Im Jahr 2024 belegte die Hauptstadtregion mit insgesamt 2,2 Milliarden US-Dollar (US$) neuer ausländischer Direktinvestitionen (FDI) landesweit den 1.Platz. Etwa 1,6 Milliarden US$ davon waren reinvestierte Gewinne. Der FDl-Bestand in der Hauptstadtregion belief sich Ende 2024 auf 18,5 Milliarden US$ – der mit Abstand höchste Wert unter allen Regionen. Im Vergleich zum Vorkriegsniveau, also zum Jahr 2021, ist er aber um fast 10 Prozent zurückgegangen. Der größte Teil ausländischer Direktinvestitionen (13,7 Milliarden US$) stammt aus den EU-Mitgliedstaaten, davon 864 Millionen Euro aus Deutschland. Die meisten Mittel kamen aus den Niederlanden (4,2 Milliarden US$) und Zypern (2,2 Milliarden US$) – ein Teil davon dürfte sogenanntes "Round-Tripping" ukrainischer Unternehmen sein, also die Reinvestition zuvor exportierten Kapitals. Die Bedeutung ausländischer Investoren in der Hauptstadtregion spiegelt auch die Anzahl ausländischer Unternehmen unter den Top 100 umsatzstärksten Unternehmen wider: In der Stadt Kyjiw sind es 27, in der Oblast 23.

    Auch deutsche Unternehmen tragen zur industriellen Basis der Hauptstadtregion bei: Henkel betreibt beispielsweise eine Baustofffabrik in Wyschhorod, Knauf betreibt ein großes Gipskartonplattenwerk in der Stadt Kyjiw, und Kostal stellt Automobilelektronik in Perejaslaw und Boryspil her. Im Jahr 2024 waren acht der 100 umsatzstärksten Unternehmen in der Oblast Kyjiw deutsch: AWT Bayern Ukraine, MAN Truck & Bus Ukraine, die bereits erwähnten Henkel Bautechnik Ukraine und Kostal Ukraine, sowie Andreas Stihl, Kärcher, Automotoren und Kühne+Nagel. In der Hauptstadt selbst stammen zwei der 100 umsatzstärksten Unternehmen aus Deutschland: METRO Cash & Carry (über die tschechische Tochtergesellschaft) und Bayer. Weitere namhafte deutsche Unternehmen in der Hauptstadtregion sind unter anderem auch AL-KO, B. Braun, Beiersdorf, Classen, Hager, Hans Einhell Ukraine, Horsch, Hörmann, Knauf, Kreisel, Leal-Glas, MC-Bauchemie, Naturprodukt-Vega (Vertreiber von Dr. Theiss Medizinprodukten), Peri, Rhenus Logistik, Ropa, Simba Spielzeug Ukraine, Schmitz Cargobull, Veka, Winkhaus Ukraine und Wilo.

    Die größten ausländischen Investoren in der HauptstadtregionNach Jahresumsatz 2024
    RangFirmaBrancheHerkunftsland
    1.Philip MorrisTabakindustrieUSA
    2.ADMNahrungsmittelindustrieUSA
    3.British American TobaccoTabakindustrieVereinigtes Königreich
    4.JTI International CompanyTabakindustrieJapan
    5.Metro Cash & CarryGroß- und EinzelhandelDeutschland
    6.Louis Dreyfus CompanyNahrungsmittelindustrieNiederlande
    7.AT CargillNahrungsmittelindustrieUSA
    8.VodafoneTelekommunikationVereinigtes Königreich
    9.Samsung ElectronicsElektronikSüdkorea
    10.ToyotaKfzJapan
    Quelle: YouControl Market Data 2025

    Entwicklungen des Kriegsgeschehens hemmen Optimismus

    Der Geschäftsklimaindex in der Hauptstadtregion schwächelt. Im 2. Quartal 2025 fiel der Index der Geschäftserwartungen der Region auf Platz 12 von 21 und damit zum ersten Mal seit Beginn der Umfrage im Jahr 2014 unter den nationalen Durchschnitt. Der Rückgang der Geschäftsaussichten lässt sich vermutlich insbesondere auf die sich verschlechternde Sicherheitslage zurückführen.

    Die Preisentwicklung verläuft in Stadt und Oblast Kyjiw unterschiedlich: Während die Oblast in den vergangenen drei Jahren dem Landesdurchschnitt entsprach, lag die Hauptstadt konstant rund einen Prozentpunkt darüber.

    Vor der russischen Vollinvasion galt Korruption auch in der Hauptstadtregion als große Herausforderung. Zwar wies die Stadt Kyjiw damals den drittniedrigsten Wert im ganzen Land auf, dennoch hielten knapp 80 Prozent der Befragten Korruption für weit verbreitet. In der Oblast lag der Anteil mit 87 Prozent etwas höher, aber immer noch leicht unter dem Landesdurchschnitt von 88 Prozent. Seither wurden Reformen eingeführt, um das Risiko einzudämmen. Auf regionaler Ebene liegen keine aktuellen Umfragen vor, doch der Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International dient als Richtwert: Zwischen 2021 und 2024 verbesserte sich die Ukraine darin um 17 Plätze auf Rang 105 von 180 untersuchten Ländern.

  • Investitionsförderung und -chancen

    Die Hauptstadtregion hat hohen Wiederaufbaubedarf und verfolgt ambitionierte Investitionspläne. Trotz der landesweit besten Finanzlage wird privates Engagement benötigt.

    3.301 Mio.

    US-Dollar betrug der Zufluss ausländischer Investitionen 2024.

    Quelle: Ukrainische Zentralbank 2025

    Die Wiederaufbaukosten für die Oblast Kyjiw werden auf 38 Milliarden US-Dollar (US$) geschätzt – die viertgrößte Summe unter den 24 Oblasten und sieben Prozent des landesweiten Bedarfs. Als eines der ersten Ziele der russische Bodenoffensive erlitt die Region besonders schwere Schäden. Die geschätzten Wiederaufbaukosten der Stadt Kyjiw fallen mit 11 Milliarden US$ (2 Prozent des landesweiten Bedarfs) geringer ausbleiben aber erheblich. Darüber hinaus haben die regionalen Behörden in der gesamten Hauptstadtregion Infrastrukturprojekte im Wert von insgesamt 10 Milliarden US$ geplant, 80 Prozent davon in der Stadt Kyjiw. Bisher konnte die Finanzierung für weniger als acht Prozent dieser Projekte gesichert werden. Damit eröffnet sich ein erheblicher Pool an Wiederaufbauvorhaben für in- und ausländische Investoren.

    Obwohl die Oblast Kyjiw insgesamt mehr Wiederaufbau benötigt als die Stadt, verwendet die Stadt Kyjiw einen deutlich größeren Anteil ihres Beschaffungsbudgets für Baumaßnahmen (17 gegenüber 8 Prozent). Das unterstreicht die hohe Priorität, die die Stadt dem Bauwesen einräumt – und ihre landesweit führende Rolle in diesem Bereich. Bei den Baumaßnahmen liegt die Oblast auf Rang 5 von 23 Regionen.

    Investitionen fließen weiterhin nach Kyjiw

    Seit Beginn der russischen Vollinvasion hat die Hauptstadtregion eine beträchtliche Anzahl großer Investitionsprojekte angezogen, mehr gingen nur in die Regionen Lwiw und Transkarpatien. Zu den größten der rund einem Dutzend Vorhaben gehören der Bau der NovaSklo-Fabrik für thermopoliertes Glas (240 Millionen US$), des Glaswerks City One Development (100 Millionen US$) und einer Fabrik für Körperpflegeprodukte des internationalen Konzerns Unilever (22 Millionen US$). Obwohl sich die meisten Großprojekte noch in der Umsetzung befinden, kommen einige Investoren schneller voran – so befindet sich beispielsweise eine Produktionsanlage für Lebensmittel von ERIDON bereits in der Bauphase.

    Laut der Ukraine Investment Map befinden sich in der Hauptstadtregion zwar bereits zehn Investitionsgroßprojekte mit einem Gesamtwert von 200 Mio. US$ in den Startlöchern. Sie suchen jedoch weiterhin nach finanzierungsbereiten Geschäftspartnern.

    Der Groß- und Einzelhandel ist die bankenfähigste Branche der Hauptstadtregion und vereint fast die Hälfte aller Bankkredite auf sich. An zweiter Stelle folgt das verarbeitende Gewerbe mit 13 Prozent. Die Zahlen verdeutlichen den wirtschaftlichen Schwerpunkt der Region: Der Produktionssektor bleibt bedeutend, doch der Handel ist der mit Abstand größte Kreditnehmer.

    Wichtige Ansprechpartner für Investoren in der Hauptstadtregion

    1. Investitionsagentur der Stadt Kyjiw
    2. Regionale Entwicklungsagentur der Oblast Kyjiw

    Gute Cluster-Basis

    In der Oblast Kyjiw gibt es zwei aktive Industrieparks: den Industriepark Bila Zerkwa und den L-TOWN PARK. Weitere elf Parks sind zwar registriert, doch seit den gezielten Anschlägen Anfang 2022 zögern Investoren, dort große Produktionsanlagen zu errichten. Beispielsweise hat der Immobilieninvestor Dragon Capital seinen Schwerpunkt deshalb vom Industriepark in Kyjiw in Richtung Lwiw verlagert.

    In der Stadt Kyjiw befinden sich 16 von fast 50 registrierten Wissenschaftsparks. Allerdings arbeiten nur zwei laut Opendatabot profitabel und beschäftigen mehr als einen Mitarbeiter – an der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität und am Igor Sikorsky Polytechnischen Institut.

    In Bezug auf lokale Finanzierungsmöglichkeiten ist die Oblast Kyjiw eine der stärksten im Land. Sie belegt den 1 Platz von 24 beim Anteil der Gemeinden (hromadas), die keine Finanzierungslücke aufweisen (84 Prozent), und den zweiten Platz in Bezug auf Gemeinden mit hoher oder optimaler Effizienz (96 Prozent). Jede der 69 Gemeinden in der Hauptstadtregion erreicht mindestens ein zufriedenstellendes Niveau der Selbstfinanzierungskapazitäten – ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den anderen 23 Oblasten.

  • Arbeitsmarkt

    Mehr als ein Viertel der Erwerbstätigen der Ukraine leben und arbeiten in der Hauptstadtregion. Die Stadt Kyjiw ist auch Spitzenreiter beim Lohnniveau.

    Die Stadt Kyjiw ist mit etwa 3,5 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Gebiet der Ukraine. Die umliegende Oblast steht nach Dnipropetrowsk mit rund 2,7 Millionen Einwohnern an zweiter Stelle unter allen 24 Oblasten. Das Bevölkerungswachstum von 16 Prozent in den letzten fünf Jahren spiegelt die wachsende Attraktivität der Außenbezirke der Hauptstadt wider. Bemerkenswert ist, dass sich etwa 423.000 Binnenvertriebene (9 Prozent der nationalen Gesamtzahl) in der Hauptstadt und fast 238.000 (5 Prozent) in der Oblast Kyjiw niedergelassen haben – damit sind sie die beiden größten Empfänger von Binnenvertriebenen. In nur zweieinhalb Jahren haben sich die Mietpreise für Wohnraum in Kyjiw und seinen Vororten fast verdoppelt und steigen weiter an, was auf eine starke und anhaltende Nachfrage hindeutet.

    Zwischen der Hauptstadt und der Oblast Kyjiw pendeln täglich rund 400.000 Personen. Damit ist die Stadt Kyjiw nicht nur ein wichtiges Wirtschafts-, sondern auch das wichtigste Beschäftigungszentrum der Region. Fast 1,9 Millionen Menschen – über 21 Prozent der gesamten Erwerbsbevölkerung der Ukraine – arbeiten in Kyjiw. Auf die Oblast Kyjiw entfallen rund 460.000 Beschäftigte (5 Prozent aller Erwerbstätigen in der Ukraine)Platz 5 unter den 24 Oblasten.

    Der größte Talentpool geht mit den höchsten Löhnen einher

    Das Durchschnittsgehalt in der Stadt Kyjiw liegt bei knapp 540 Euro. Dies ist der höchste Wert des Landes und liegt etwa 21 Prozent über dem nationalen Durchschnitt. Der erste Schock durch Invasion und Binnenmigration traf den Arbeitsmarkt ähnlich wie im übrigen Land: Die Zahl offener Stellen brach ein, und das Verhältnis von Arbeitssuchenden zu offenen Stellen erreichte einen Höchststand von 20 – über dem nationalen Spitzenwert von 17. Mit der beginnenden wirtschaftlichen Erholung im Sommer 2023 stabilisierte sich auch der Arbeitsmarkt: In der Hauptstadt sank die Quote auf etwa 1,5 (landesweit 1,7) und blieb seither weitgehend stabil. Dennoch verzeichnet Kyjiw weiterhin Höchstwerte sowohl bei offenen Stellen als auch bei Bewerbern – ein Hinweis auf ein Missverhältnis zwischen Qualifikationen und Gehaltsvorstellungen.

    Die Oblast Kyjiw beschäftigt mit rund 1.200 Verwaltungsangestellten im Vergleich der 24 Oblasten die sechstgrößte staatliche Belegschaft des Landes. Das durchschnittliche Fachkräftegehalt von rund 670 Euro pro Monat platziert sie landesweit an neunter Stelle. Der Unterschied zum landesweiten Durchschnitt von 660 Euro ist bemerkenswert niedrig, wenn man bedenkt, dass die Verantwortlichkeiten in einer Hauptstadtregion höher und der Wettbewerb sowie die Chancen auf dem Arbeitsmarkt größer sind.

    Kyjiw ist Hochschulhochburg

    In der Stadt Kyjiw sind fast 194.000 Studierende in Vollzeit eingeschrieben, am häufigsten in den Fächern Management, Jura und Philologie. Betrachtet man die Wissenszweige – also größere Fachrichtungen –, dominieren Management und Verwaltung, IT sowie Kultur und Kunst. In der Oblast Kyjiw absolvieren rund 10.000 Studierende eine Hochschulausbildung, vor allem in Pädagogik, Management und Verwaltung sowie Agrarwissenschaften. Von den 86 Hochschuleinrichtungen in Kyjiw sind 43 privat, während sich in der Oblast fünf der insgesamt neun Einrichtungen in privater Trägerschaft befinden.

    Unter den 20 besten Universitäten in der Ukraine befinden sich sieben in der Stadt Kyjiw: Kyiv School of EconomicsKyiv-Mohyla AcademyNational Taras Schewtschenko-UniversityBogomolets National Medical UniversityKyiv National Economic UniversityKyiv National Linguist University und die Kyiv National University of Trade and Economics. Weitere erwähnenswerte Hochschulen sind: Igor Sikorsky Kyiv Polytechnic Institute (Platz 21 von 365), Borys Grinchenko Kyiv University (Platz 26) und Karpenko-Karyi Kyiv National University of Theatre, Cinema and Television (Platz 27). Ferner bleibt das Kyiv Aviation Institute eine der wichtigsten technologie- und innovationsorientierten Institutionen der Ukraine.

  • Infrastruktur und Energie

    Der beste Internetzugang, gute Straßenanbindungen und wichtige Bahnknotenpunkte – die Hauptstadtregion ist gut vernetzt, leidet aber unter einer volatilen Energieversorgung.

    In der Hauptstadtregion befinden sich drei große Eisenbahnknotenpunkte in Kyjiw, Fastiw und Myroniwka. Der Hauptbahnhof in Kyjiw ist der verkehrsreichste des Landes. Ein erheblicher Teil des Personenverkehrs innerhalb der Hauptstadt selbst wird über das Kyjiwer U-Bahn-System abgewickelt.

    Vor der russischen Vollinvasion waren der Boryspil International Airport (KBP) und der Igor Sikorsky Kyiv International Airport (IEV) die größten und verkehrsreichsten Flughäfen des Landes. Seit 2022 ist der ukrainische Luftraum jedoch für Passagierflüge gesperrt.

    Auf der Straße geht es in alle Himmelsrichtungen

    Obwohl die Hauptstadtregion über eines der längsten nationalen Straßennetze verfügt – fast 2.500 Kilometer – erreicht sie bei der Straßendichte hochwertiger Verkehrswege nur rund 85 Meter pro Quadratkilometer und liegt damit auf Rang 12 von 23 Oblasten. Dennoch bestehen dank fünf internationaler Autobahnen wichtige Verbindungen mit allen Landesteilen:

    1. M01 in Richtung Nordosten,
    2. M03 in Richtung Norden,
    3. M05 nach Süden in Richtung Odessa,
    4. M06 und M07 in die westlichen Regionen der Ukraine.

    Die langgestreckte Form der Hauptstadtregion von Süden nach Norden, kombiniert mit dem Fluss Dnipro, der ihr Territorium in zwei Hälften teiltstellt erhebliche Herausforderungen für die räumliche und infrastrukturelle Integration des Gebiets dar. Das Fehlen von Flussüberquerungen unter- und oberhalb der Hauptstadt überlastet zudem die Brückeninfrastruktur der Stadt Kyjiw.

    Erneuerbare Energien: Sonne und Wasserkraft dominieren

    Die Oblast Kyjiw erzeugt rund 6 Prozent der Solarenergie des Landes und liegt damit auf Platz 8 von 23. Die Stadt Kyjiw verfügt als dicht bebautes Stadtgebiet nur über eine begrenzte kommerzielle Solarenergieerzeugung. Erneuerbare Energien werden jedoch weiterhin in großem Umfang für den Eigenverbrauch über Solaranlagen auf Unternehmensgeländen und auf Hausdächern genutzt.

    In der Hauptstadtregion entstehen 15 Prozent der gesamten Wasserkrafterzeugung des Landes – Platz 3 unter allen Regionen. Die Mitte der 1960er Jahre am Kyjiw-Stausee nördlich der Hauptstadt errichteten Wasserkraftwerk und das Pumpspeicherkraftwerk haben eine Kapazität von entsprechend 440 beziehungsweise 220 Megawatt.

    In der Oblast Kyjiw befinden sich zudem rund 15 Prozent aller Biokraftstofferzeugungsanlagen der Ukraine. Sie stehen für etwa 10 Prozent der landesweiten Biokraftstoffproduktion von 32 Megawatt.

    Insgesamt ist die Energieversorgungssicherheit in der Stadt Kyjiw jedoch unterdurchschnittlich. Während landesweiter Stromausfälle meldeten 60 Prozent dort ansässiger Unternehmen Probleme mit der Stromversorgung – fast 10 Prozentpunkte mehr als im Landesdurchschnitt. Dies deutet auf eine größere Verwundbarkeit und geringere Flexibilität im überlasteten Energiesystem der Hauptstadt hin. Wie  das Institute for Economic Research and Policy Consulting berichtet, zeigt sich die Oblast Kyjiw widerstandsfähiger: dort klagten 30 Prozent der Unternehmen über Versorgungsunterbrechungen.

    Digital bestens vernetzt

    Die Stadt und die Oblast Kyjiw nehmen mit 199 beziehungsweise 189 mobilen SIM-Karten pro 100 Einwohner eine absolute Spitzenposition bei der digitalen Konnektivität ein. Landesweit beträgt der Wert 141. Darüber hinaus haben in der Hauptstadt 97 Prozent und in der Oblast 86 Prozent der Bewohner einen festen Internetzugang – die höchsten Anteile im Land. Im Internet Development Index, der die Qualität der öffentlichen WLAN-Infrastruktur misst, belegt die Hauptstadtregion den 8. von 24 Plätzen und bietet somit noch Verbesserungspotenzial.

    Was die Bankeninfrastruktur betrifft, so befinden sich in der Hauptstadtregion mehr als ein Fünftel aller Bankfilialen der Ukraine, insgesamt über 1.000, was Platz 1 landesweit bedeutet. Auf 100.000 Erwachsene entfallen damit etwa 20 Standorte.

    Gute Agrarböden bergen wenig Bergbaupotenzial

    Fast der gesamte südliche Teil der Hauptstadtregion liegt auf hochwertigen Böden, die günstige Bedingungen für die Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe bieten. Im Westen und Norden der Region ist das Potenzial hingegen begrenzt – die Böden sind dort in der Regel wenig fruchtbar und große Flächen bewaldet oder sandig. Unter der Oberfläche verbirgt die Hauptstadtregion keine raren Schätze: 70 Prozent der Vorkommen sind Baumaterialien, 19 Prozent Grundwasserreserven und 9 Prozent Torf.

    Die wirtschaftlichen Herausforderungen der Region werden durch die Entwicklungsstrategie für die Stadt Kyjiw und die Entwicklungsstrategie des Gebiets Kyjiw angegangen, die beide kürzlich aktualisiert wurden und kriegsbezogene Prioritäten enthalten.

  • Sicherheitslage

    Als politisches und wirtschaftliches Zentrum ist die Stadt Kyjiw einem überdurchschnittlichem Angriffsrisiko ausgesetzt, verfügt aber auch über die stärkste Luftabwehr des Landes.

    Mit Ausnahme der direkt an der Frontlinie liegenden Gebiete der Ukraine verzeichnet die Hauptstadtregion die höchste Anzahl von Angriffen. Die Stadt Kyjiw selbst ist mit rund 410 kriegsbedingten Zwischenfällen pro 1.000 Quadratkilometer die am fünfhäufigsten angegriffene unter 25 Regionen und zählt neben den Oblasten Charkiw und Cherson zu den risikoreichsten. Die landesweit stärkste Luftverteidigung, die zu Beginn der russischen Vollinvasion für relative Sicherheit in der Hauptstadt sorgte, wird im Laufe des Jahres 2025 zunehmend ge- und überfordert. Grund dafür ist die wachsende Zahl von Luftangriffen, die Erschöpfung der ukrainischen Reserven und die Verlangsamung des Nachschubs von Luftverteidigungssystemen seitens der Partner.

    Angriffe auf Kyjiw werden intensiver

    In der ersten Hälfte des Jahres 2025 galten 6 Prozent aller Angriffe auf die ukrainische Wohninfrastruktur der Hauptstadtregion, gegenüber 4 Prozent im Jahr 2024 und 3 Prozent im Jahr 2023. Angesichts der offensichtlichen Absicht Russlands, die Produktionskapazitäten der Ukraine zu zerstören, und der häufigen Ungenauigkeit der Angriffe bleiben die Geschäftsrisiken in Kyjiw hoch.

    Laut dem Risikoindex der Regierung für Offline-Bildung – der als Indikator für die Sicherheit verwendet wird – wird der nördliche Teil der Hauptstadtregion, inklusive der Stadt Kyjiw und mehrerer angrenzender Gemeinden, als Hochrisikogebiet eingestuft. In den meisten anderen Gebieten der Oblast sei das mit dem Kriegsgeschehen zusammenhängende Risiko hingegen moderat. Der südliche Teil, näher an den Oblasten Winnyzja und Tscherkassy, wird auf dem sichersten Niveau in der Skala eingestuft – wohlgemerkt dem sichersten in einem Land im Kriegszustand.

    Insgesamt erfüllt die Hauptstadtregion die gängigen Kriterien für Instrumente der Kriegsrisikoversicherung: Alle Vermögenswerte liegen mehr als 100 Kilometer von der Frontlinie entfernt und können nach Einzelfallprüfung durch Versicherer abgedeckt werden. Dennoch sind – wie im übrigen Land – die verfügbaren Kriegsversicherungskapazitäten unzureichend.

    Risikofaktor Umweltbelastung

    Die Hauptstadtregion ist mit wachsenden menschengemachten Risiken konfrontiert. Die städtische Infrastruktur ist veraltet und deckt die Bedürfnisse der Bevölkerung nicht mehr ausreichend ab. Die Oblast hat auch mit einer schweren Wasserverschmutzung durch Städte, Industrie und die Landwirtschaft zu kämpfen. Die Land- Forst- und Fischereiwirtschaft sind zudem einem Folgerisiko der 2022 gegen die Hauptstadt gerichteten Bodenattacken ausgesetzt: Die Minenräumung ist auf zahlreichen Gebieten noch nicht abgeschlossen. Die seit Anfang 2025 zunehmenden Angriffe steigern zudem das Risiko von Blindgängern.

    Tschernobyl als Chance?

    Deutsches Unternehmertum zeigt mit Innovationskraft, dass selbst in großen Herausforderungen Chancen liegen können. Im Norden der Hauptstadtregion stellt die Sperrzone um das in den 1980er Jahren havarierte Atomkraftwerk in Tschernobyl eine besondere Belastung dar. Dort plant das deutsche Unternehmen Notus Energy einen Windpark mit bis zu 1.000 Megawatt Leistung.

    Für die Ukraine gilt aufgrund der bestehenden Sicherheitslage eine Reisewarnung. Sie gilt grundsätzlich für alle Reisenden unabhängig vom Reisezweck. Institutionen und Personen die aus übergeordneten Gründen in die Ukraine reisen oder für einen längeren Zeitraum dort tätig sein wollen, müssen die Notwendigkeit und das individuelle Risiko jeder Reise sehr genau abwägen und in eigener Verantwortung entscheiden. Teil dieser Abwägung müssen das Bewusstsein einer möglichen individuellen Gefährdung sowie ein sorgfältig und professionell ausgearbeitetes Sicherheitskonzept sein. Konsularische Betreuung ist  nur sehr eingeschränkt möglich. Alle, die sich trotz Reisewarnung für einen Aufenthalt vor Ort entscheiden, müssen - ggf. mit Hilfe von Sicherheitsdienstleistern - für ihre eigene Sicherheit und ihr eigenes Evakuierungskonzept Sorge tragen. Wir empfehlen in diesem Fall außerdem, sich in die Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amts einzutragen. Auf die aktuellen Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts einschließlich des Haftungsausschlusses wird verwiesen. Zu beachten ist ferner, dass bei Reisen in die Ukraine auch eine akute nachrichtendienstliche Bedrohung für schützenswerte Inhalte dienstlicher und privater Natur besteht.

    Sollte eine Reise unabdingbar sein, müssen sich Reisende selbst über die derzeitige Lage informieren, worüber zahlreiche privatwirtschaftliche Plattformen aktuelle Informationen anbieten:

    1. War Risks in Ukraine Data Platform
    2. Armed Conflict Location & Event Data
    3. DeepStateMAP
    4. Institute for the Study of War
    5. LiveUAMap

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