Wirtschaftsausblick | Kolumbien
Rückläufige Inflation und Zinssätze beleben Kolumbiens Wirtschaft
Die Konjunktur in Kolumbien hellt sich 2025 auf. Doch die Erwartungen deutscher Unternehmen bleiben verhalten. Derweil wächst Chinas Präsenz in dem Land.
03.06.2025
Von Janosch Siepen | Bogotá
Top-Thema: Kolumbien tritt Neuer Seidenstraße bei
Am 14. Mai 2025 trat Kolumbien der chinesischen Infrastrukturinitiative Neue Seidenstraße bei. Im Rahmen der Mitgliedschaft möchte Kolumbien gemeinsam mit China Projekte in einer ganzen Reihe von Bereichen entwickeln, in denen auch deutsche Unternehmen im Land tätig sind. Dazu gehören unter anderem Energiewende und Mobilität, Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie, Gesundheitswirtschaft und künstliche Intelligenz.
Wegen des Beitritts kündigten die USA an, künftig Finanzierungen multilateraler Geber für chinesische Firmen in Kolumbien blockieren zu wollen. Das könnte die Umsetzung von wichtigen Transportprojekten wie die zweite Metrolinie in der Hauptstadt Bogotá gefährden.
Chinas Präsenz in Kolumbien nimmt zu
Dieser Schritt unterstreicht den zunehmenden wirtschaftlichen Einfluss Chinas in Kolumbien. In den vergangenen Jahren hat sich die Volksrepublik zum zweitwichtigsten Handelspartner des Landes entwickelt. Auf Platz 1 liegen nach wie vor die USA.
Allerdings gehen Insider nur von geringen direkten Auswirkungen durch den Beitritt zur Neuen Seidenstraße aus. Nach Ansicht von Sergio Guzmán, Direktor der Risikoberatung Colombia Risk Analysis, setzen Kolumbiens Fiskalvorschriften und die Ausschreibungsgesetzgebung der Einflussnahme Chinas Grenzen. Doch gehe das Land zu offen mit Investitionen in seine kritische Infrastruktur um. Chinesische Unternehmen führen große Nahverkehrsprojekte in dem Andenstaat durch und übernehmen wichtige Minen.
Wirtschaftsentwicklung: Wachstum beschleunigt sich, doch Hürden bleiben
Nach zwei schwachen Jahren 2023 und 2024 zeichnet sich 2025 eine Konjunkturbelebung ab. Grund dafür sind vor allem die niedrigere Inflation und sinkende Zinsen. Seit Ende 2023 hat die Zentralbank den Leitzins von 13,25 auf aktuell 9,25 Prozent gesenkt.
Der britische Informationsdienstleister Economist Intelligence Unit (EIU) rechnet für 2025 mit einem realen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,3 Prozent. Allerdings bleibt die Haushaltslage des Staats angespannt.
Konsum ist wichtigster Konjunkturtreiber
Die Zentralbank geht davon aus, dass Kolumbien das Jahr 2025 mit einer Inflation von 4,4 Prozent abschließen wird (2024: 5,2 Prozent). Höhere Reallöhne und sinkende Zinsen sorgen für einen Anstieg der Konsumausgaben. Der Privatkonsum wird die wichtigste Stütze der Konjunktur im Jahr 2025 sein: EIU rechnet mit einem Wachstum von 3 Prozent.
Investitionen steigen wieder
Trotz anhaltender Unsicherheit aufgrund der Wirtschaftspolitik der Regierung, dürften die Investitionen 2025 wieder anziehen. EIU rechnet mit einem Anstieg der Bruttoanlageinvestitionen um 5 Prozent. Viele Unternehmen setzen auf einen wirtschaftsfreundlicheren Kurs der nächsten Regierung nach den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2026.
Auch das spanische Kreditinstitut BBVA erwartet 2025 höhere Investitionen, angetrieben durch Bauarbeiten (+7,1 Prozent) und mehr Ausgaben für Maschinen und Anlagen (+5,2 Prozent). Im Jahr 2026 könnten auch die Investitionen im Wohnungsbau deutlich steigen (+9,8 Prozent). Der Anteil der Bruttoanlageinvestitionen am BIP wächst zwar, bleibt mit einem Wert von 17,1 Prozent (2024) aber unter dem Niveau der vorigen Dekade, zeigen Zahlen des Internationalen Währungsfonds.
Gemischte Aussichten im Außenhandel
Während die Importe dank des steigenden Privatkonsums wachsen, bestehen Risiken auf der Exportseite. Die unsichere Weltkonjunktur, die Eintrübung der Wirtschaft in den USA und die US-Zölle in Höhe von 10 Prozent auf Importe aus Kolumbien (einige Produkte wie Öl sind ausgenommen), könnten die Ausfuhr belasten, zumal die Vereinigten Staaten Kolumbiens wichtigstes Abnehmerland sind.
Risiken für Kolumbien birgt auch der Ölpreis. Rund ein Viertel der Exporte des Landes entfallen auf Erdöl. Sollte der Preis für das schwarze Gold weiter fallen, würde dies Löcher in den Staatshaushalt reißen – und auch der Wert des kolumbianischen Pesos könnte sinken.
Deutsche Perspektive: Geschäftserwartungen bleiben verhalten
Kolumbien ist ein wichtiger Standort für deutsche Firmen in Lateinamerika. Entsprechend haben die schwachen Jahre 2023 und 2024 auch sie belastet. Dies spiegelt sich im AHK World Business Outlook von Frühjahr 2025 wider. Als größtes Geschäftsrisiko sehen die befragten Unternehmen in Kolumbien die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die hohen Energiepreise, Mängel bei der Rechtssicherheit und Handelsbarrieren. Im Vergleich zu den anderen Ländern der Region stufen die Firmen die Geschäfts- und Konjunkturerwartungen in Kolumbien als deutlich niedriger ein. Rund 27 Prozent der befragten Firmen betrachten die neue US-Handelspolitik als "große negative Beeinträchtigung". Zum Vergleich: In Süd- und Mittelamerika sind es 14 Prozent.
Mischa Groh, geschäftsführender Präsident der AHK Kolumbien, sieht in Kolumbien einen spürbar zunehmenden Wettbewerbsdruck durch die zunehmende Präsenz chinesischer Akteure. "Gerade im Infrastrukturbereich und bei Großprojekten zeigt sich, dass China strategisch investiert und mit attraktiven Finanzierungsmodellen punktet."
Laut Landeskennern spielt der Preis bei Ausschreibungen in Kolumbien nach wie vor eine große Rolle. Zusammen mit der ungewissen Wirtschaftslage kommt dies in Kolumbien kapitalstarken, risikofreudigen Firmen aus China entgegen. Ein deutsches Unternehmen berichtet, dass viele kolumbianische Kunden aufgrund der Schnelllebigkeit des Marktes in kürzeren Zeiträumen rechneten und dadurch günstige, kurzlebigere Produkte bevorzugten. Dadurch hätten chinesische Produkte einen Marktvorteil.
Nähere Informationen zu Kolumbien finden Sie auf der GTAI-Länderseite.