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Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Beschaffung

Ukraine als Sourcingmarkt: Großes Potenzial noch ungenutzt

Trotz Krieg gewinnt die Ukraine als Lieferland für Deutschland an Bedeutung. Das Potenzial als Sourcingmarkt ist noch nicht ausgeschöpft.

Von Martin Gaber | Bonn

Die ukrainische Wirtschaft zeigt sich weiterhin widerstandsfähig. Trotz des Krieges wächst das Bruttoinlandsprodukt. Für 2025 rechnet die Europäische Kommission in ihrem Frühjahrsausblick mit einem realen Plus von 2 Prozent. Auch die Lieferketten bleiben stabil: Im Jahr 2024 haben deutsche Unternehmen Destatis zufolge Waren im Wert von knapp 3,5 Milliarden Euro aus der Ukraine beschafft. Das ist ein neues Allzeithoch. Somit haben sich seit 2015 die Einfuhren wertmäßig mehr als verdoppelt. Im Ranking der deutschen Importpartner klettert die Ukraine auf Platz 44. 

Einige Branchen für Sourcing interessant

Aktuell importieren deutsche Unternehmen vor allem landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der Ukraine. In Teilbereichen ist das osteuropäische Land dabei sogar Nummer 1-Lieferant. Zukünftig könnte die Ukraine eine wichtigere Position in den deutschen Lieferketten und als Sourcingmarkt einnehmen. Das Potenzial dafür ist grundsätzlich vorhanden. Zu den attraktiven Branchen gehören unter anderem die Metallverarbeitung und der Maschinenbau, der Bergbau oder auch der Digitalsektor. 

Potenzial der Metallbranche groß, aber aktuell kaum nutzbar

Als besonders stark gelten in der Ukraine die Bereiche Metallurgie, Metallverarbeitung und Maschinenbau. Sie bilden das Rückgrat der ukrainischen Wirtschaft und bieten ein großes Potenzial für die Beschaffung von Vorprodukten. Doch gerade ein großer Anteil dieser Industrie befindet sich im hart umkämpften Osten des Landes und kann derzeit kaum bis gar nicht genutzt werden. Dennoch liefert die Ukraine Waren im Wert von über 8 Milliarden Euro aus diesen Industrien in alle Welt. Noch vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine waren die Ausfuhren mehr als doppelt so hoch und machten rund ein Drittel der Gesamtexporte des Landes aus. 

Perspektivisch könnten die Exporte in diesem Bereich wieder anziehen. Die Voraussetzungen sind grundsätzlich gut und die Ukraine kann auf eine breite Industriebasis zurückgreifen. Diese wird wiederum von renommierten Universitäten und gut ausgebildeten Fachkräften versorgt. So kann die gesamte Wertschöpfungskette vom Rohstoff über die Metallverarbeitung bis zum Maschinenbau dargestellt werden.

Kritische Rohstoffe sind begehrt

Spätestens seit dem Rohstoffdeal mit den USA ist bekannt, dass die Ukraine über wichtige kritische Rohstoffe verfügt. Nach Schätzungen von Experten über rund 5 Prozent aller Vorkommen weltweit. Die EU geht davon aus, dass die Ukraine 22 von 30 Rohstoffen besitzt, die von ihr als kritisch eingestuft werden. Darunter auch Titan und Lithium, die für die Elektromobilität benötigt werden. Ein Teil der Rohstoffe befindet sich im Osten der Ukraine, aber nicht ausschließlich. Auch deswegen können weitere Projekte umgesetzt werden. Zu den jüngsten gehören Vorhaben im Bereich Beryllium und Grafit. Aufbauend auf dieser Rohstoffbasis strebt die Ukraine an perspektivisch zu einem Hub der Elektronikproduktion in Europa zu werden.

Start-ups können schon heute integriert werden

Nicht nur perspektivisch, sondern schon heute können ukrainische Start-ups in den Lieferketten deutscher Unternehmen eine wichtige Rolle einnehmen. Die Start-up-Szene der Ukraine hat gerade während der letzten Jahre eine dynamische Entwicklung genommen. Rund 300 Start-ups sind alleine in dem Bereich Defense tätig. Sie entwickeln militärische Innovationen, darunter auf künstlicher Intelligenz gestützte Drohnen und Cyberabwehrsysteme. 

Aber nicht nur im Bereich Defense, sondern beispielsweise auch bei Agritech und Greentech oder im Bereich Textilien gibt es innovative Start-ups. Insgesamt zählen Experten mehr als 2.600 Start-ups mit ukrainischen Wurzeln. Sie haben ihren Wert zwischen 2017 und 2023 von 2,9 auf 28 Milliarden Euro vervielfacht und liegen damit hinter Polen auf Platz 2 in Mittel- und Osteuropa.

Kontakte aufbauen, Risiken im Blick behalten

Aufgrund der anhaltenden Angriffe durch Russland dürfte die Ukraine weiterhin vor allem ein perspektivischer Beschaffungsmarkt bleiben. Derzeit sprechen noch viele Risiken gegen einen Ausbau der Sourcingaktivitäten aus der Ukraine. Dazu zählen:

  1. Unkalkulierbare Transportzeiten
  2. Unübersichtliche Lage an den Grenzen
  3. Hohe Kosten für Transporte und Versicherungen
  4. Präsenz vor Ort nur mit hohem Aufwand möglich
  5. Produktionseinschränkungen oder -ausfälle möglich

Dennoch bietet es sich schon heute an, die Ukraine als Sourcingmarkt für die Zukunft im Blick zu behalten und Kontakte aufzubauen.

Potenzielle Partnerschaften ausloten

Das am 30. September 2025 im polnischen Kraków stattfindende CEE Procurement und Supply Forum des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) bietet eine Gelegenheit Zulieferer aus der Ukraine kennenzulernen.

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