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Ausbau grüner Energien stößt in den USA auf unzulängliche Netze

Die USA wollen die Erneuerbaren massiv ausbauen. Voraussetzung hierfür sind Netzerweiterungen. Es hakt aber an den Eigentumsverhältnissen und am politischen Willen. 

Von Ullrich Umann | Washington, D.C.

Die USA wollen künftig deutlich mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen. Neben dem Bau von Wind- und Solarparks bedarf es hierzu großer Investitionen in die Erweiterung und Modernisierung der Stromnetze. Doch der Ausbau der Netze stößt auf ein ernstzunehmendes Hindernis: unterschiedliche Eigentumsverhältnisse bei den regionalen und überregionalen Übertragungs- und Verteilernetzen. Die Folge ist eine Vielzahl gegenläufiger wirtschaftlicher Interessen bei den Betreibern, was einen einheitlichen Netzausbau verhindert. Auch herrschen in jedem Bundesstaat unterschiedliche gesetzliche Regelungen. Das erschwert eine landesweite Einigung zusätzlich.

Stau beim Netzanschluss neuer Solar- und Windparks

Die Engpässe bei den Netzen bremsen den Ausbau der Erneuerbaren. So kam das Lawrence Berkeley National Laboratory im Frühjahr 2023 zu der Feststellung, dass aktuell bis zu 90 Prozent aller Wind- und Solarprojekte auf einen Netzanschluss warten. Und obwohl das Problem regelrecht auf der Hand brennt, haben sich Gesetzgeber und US-Regierung nicht auf Besserungsmaßnahmen einigen können, als sie Ende Mai 2023 an einem Tisch saßen und über die Aussetzung der Verschuldungsobergrenze von 31,4 Billionen US-Dollar (US$) bis Januar 2025 verhandelten. Dabei wurde über Ausgabenstraffungen gesprochen. Die Verhandlungen endeten Anfang Juni 2023 mit der Verabschiedung des kompromissbehafteten Gesetzes Fiscal Responsibility Act of 2023.

Sowohl der Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, als auch Präsident Joe Biden als Regierungschef versprachen nach Verhandlungsschluss, weiter an der Energiegesetzgebung arbeiten zu wollen. "Es gibt noch viel zu tun", kommentierte McCarthy die Situation. "Ich habe dem Präsidenten versprochen, dass wir mit ihm in dieser Frage weiter zusammenarbeiten.“

Mehr als Absichtserklärungen gab es in Sachen Netzausbau aber nicht. Lediglich wurde festgelegt, für die kommenden zweieinhalb Jahre ein Gutachten in Auftrag zu geben, das untersuchen soll, ob Gebietskörperschaften mit einem hohen Energiebedarf rechtlich bindend verpflichtet werden können, sich in Spitzenverbrauchszeiten gegenseitig mit Stromlieferungen auszuhelfen.

Ari Peskoe, Direktor der Electricity Law Initiative an der Harvard Law School, hält das Gutachten für ein reines Ablenkmanöver, nachdem im Kongress keine Einigung erzielt werden konnte. "Dieses Gutachten ist einzig dazu gedacht, die Dinge zu entschleunigen", fügte er hinzu.

Widersprüchliche Interessenlage der Netzbetreiber

Wie Peskoe unterstrich, seien einige Versorgungsunternehmen kategorisch gegen einen Stromtransfer zwischen den Regionen. Sie zögen es vor, den Strom, den sie ihren Kunden liefern, einzig in Eigenregie zu erzeugen. Damit behielten sie die maximale Kontrolle über die Strompreise.

Larry Gasteiger, geschäftsführender Direktor der Wires Group, dem in Washington ansässigen Handelsverband für Übertragungsnetze, meinte ergänzend, dass längst nicht alle Versorgungsunternehmen über eine eigene Stromerzeugung verfügten. Nach seiner Meinung wäre es für sie ungünstig, wenn die Regierung erst das Ergebnis der Studie abwartet und in der Zwischenzeit die Übertragungsprobleme ungelöst bleiben.

Die Frustration um den verzögerten Netzausbau ist umso größer, da andere Infrastrukturprojekte im Rahmen der Verschuldungsgrenze beschleunigt werden, obwohl sie den Klimazielen der Regierung zuwiderlaufen. Doch stecken hinter diesen Beschlüssen stets ganz bestimmte Kongressabgeordnete und Senatoren, deren Stimmen für einen Mehrheitsbeschluss unabdingbar sind.

So wird zum Beispiel das Genehmigungsverfahren für die Mountain Valley Pipeline, eine 350 Kilometer lange Erdgaspipeline in West Virginia und Virginia, verkürzt, obgleich deren Gegner gerichtlich dagegen vorgehen. Hier steht Senator Joe Manchin aus West Virginia hinter dem Projekt. Nicht zum ersten Mal machte er sein Stimmverhalten abhängig von Sonderregelungen zum Vorteil genau des Bundesstaats, in dem er gewählt wird.

Gesetzgeber vertagt Grundsatzeinigung

John Podesta, Berater für grüne Energien im Weißen Haus, mahnte bereits im Mai, das heißt im zeitlichen Vorfeld zu den Schuldenverhandlungen vor drohenden politischen Machtspielen. Er befürwortet einen Ausbau der Stromnetze über die Grenzen von Gebietskörperschaften hinaus. Sonst, so warnte er, würde der Ausbau grüner Energien ins Stocken geraten und der 369 Milliarden US$ teure Inflation Reduction Act deutlich an umweltpolitischer Schlagkraft verlieren.

Xan Fishman, Direktor für Energiepolitik beim Bipartisan Policy Center, einem Think Thank in Washington, D.C., hat die Hoffnung trotz der gegenseitigen Blockade im Kongress in Sachen Netzausbau noch nicht aufgegeben. Er setzt auf einen verspäteten Kompromiss. Dieser könnte die Forderung der Republikaner einschließen, die Rechtswege gegen Infrastrukturprojekte auszuweiten, gleichzeitig aber auch Vorhaben zum Netzausbau voranbringen, wie sie die Demokraten vorschlagen.

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