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Branchen | Vereinigtes Königreich | Photonik

Photonikbranche trotzt schwacher Konjunktur

Während die wirtschaftliche Entwicklung auf der britischen Insel stagniert, wächst die Photonikbranche gegen den Trend. Zwei Technologien stechen hervor.

Von Marc Lehnfeld | London

Wer nach britischen Wachstumsbranchen sucht, kommt um die Photonikindustrie nicht herum. Die Branche ist in den vergangenen zwei Jahren nicht nur durchschnittlich um 3,4 Prozent nominal pro Jahr gewachsen, sondern soll auch zukünftig eine attraktive Wachstumsrate von 6,6 Prozent pro Jahr erreichen. Zementiert wird diese Perspektive durch die Vision des Branchenverbands Photonic Leadership Group (PLG): Sie zielt auf einen Branchenumsatz von 50 Milliarden Pfund bzw. umgerechnet etwa 57,5 Milliarden Euro bis 2035 ab.

Photonikindustrie optimistisch für die Zukunft

Für 2022 meldete der Verband einen Umsatz der Mitgliedsunternehmen von etwa 17,5 Milliarden Euro. Diese bestätigen in einer Verbandsumfrage den positiven Entwicklungstrend: Demnach rechnet fast die Hälfte der Unternehmen mit einem Umsatzwachstum in den nächsten zwei Jahren von mehr als 10 Prozent.

Auch in der internationalen Photonikszene ist das Vereinigte Königreich kein Geheimtipp mehr. Die britische Insel ist im europäischen Vergleich nach Deutschland und knapp vor Frankreich der zweitgrößte Hersteller und Dienstleister der Branche und weltweit die Nummer 9. Grund dafür ist unter anderem die gewachsene optoelektronische Forschungserfahrung des Landes und die High-Tech-Ausrichtung der britischen Industrie. Die britische Photonikindustrie ist entlang der Wertschöpfungskette breit aufgestellt. Laut dem Branchenverzeichnis UK Photonics & Quantum Directory gehören zu den über 1.500 Photonikunternehmen nicht nur rund 170 Systemanbieter, sondern auch zahlreiche Tier-2-Zulieferer von Sub-Systemen, Komponentenhersteller und Dienstleister.

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Quantentechnologie: Knapp 3 Milliarden Euro für die globale Vorreiterschaft

Die Quantentechnologie gehört zu den vielversprechendsten Zukunftsfeldern der Photonik. Die britische Regierung präsentierte im März 2023 eine neue nationale Strategie zur Entwicklung von Quantentechnologien (National Quantum Strategy), mit der das Vereinigte Königreich seine Vorreiterschaft in dem Technologiefeld ausbauen will. Demnach werden in den nächsten Jahren rund 2,9 Milliarden Euro öffentliche Mittel bereitgestellt, die durch privates Investitionskapital ergänzt werden sollen. 

Fünf konkrete Missionen sollen die Einführung von Quantentechnologie erreichen, wie zum Beispiel bis 2030 eine bessere Sensorik bei der Krebsfrüherkennung und Gehirnscans sowie genauere Navigationstechnologien in der Luftfahrt. Bis 2035 sollen Quantencomputer mit einer Leistung von einer Billion Rechenoperationen aufgebaut sein. Das nationale Zentrum für Quantencomputer (National Quantum Computing Centre, NQCC) fördert bereits den Aufbau mehrerer Testzentren, in denen Entwickler technische Lösungen mithilfe der Quantentechnologie erarbeiten können.

Länderübergreifende Kooperationen bestehen mit Kanada, den Niederlanden und Australien, aber noch nicht mit Deutschland. Zu den rund 230 Unternehmen, die im Vereinigten Königreich mit Quantentechnologie befasst sind, gehören auch deutsche Einrichtungen. So forscht zum Beispiel das zum Fraunhofer-Verbund gehörige Zentrum für angewandte Photonik (Centre for Applied Photonics, CAP) in Glasgow an einem quantengestützten Korrosionsmonitoring oder der TÜV Nord mit einem Forschungsprojekt an einer Atomuhr. Beide Projekte sind Teil des staatlichen Quantum Catalyst Fund. 

Halbleiterindustrie: Starke Cluster, knappe Subvention

In der für die Photonik wichtigen Halbleiterindustrie gab es in den letzten Jahren zahlreiche Veränderungen. Einerseits hat das Königreich besondere Standortstärken. So verfügt das Land über Produktions- und Forschungskapazitäten von Weltrang bei Verbindungshalbleitern (compound semiconductors), zu denen unter anderem das Exzellenzcluster CSA Catapult (Compound Semiconductor Applications) im walisischen Newport und das schottische CSconnected gehört. Außerdem konnte die versuchte Übernahme des britischen Halbleiterspezialisten ARM durch die amerikanische Nvidia aus Wettbewerbsgründen abgewendet werden. 

Im Zuge der neuen Nationalen Halbleiterstrategie (National Semiconductor Strategy) wurden staatlichen Investitionen in Höhe von rund 1,15 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren versprochen. Diese gelten in der Branche angesichts der hohen Fördermittel in den USA und der EU allerdings als Tropfen auf den heißen Stein. Trotzdem scheint die Talsohle nach dem britischen Ausscheiden von Intels Standortsuche zu Lasten des Brexit und zu Gunsten der Bundesrepublik überwunden. Dazu passt die Ankündigung von Pragmatic, das sich als Entwickler innovativer flexibler integrierter Schaltkreise für eine Investition in Höhe von umgerechnet knapp 210 Millionen Euro entschieden hat. Die Summe soll in den Ausbau seines britischen Standorts im nordostenglischen Durham fließen.

Hohe Forschungsintensität der Photonikunternehmen

Die Branche ist stark forschungsgetrieben. Über die Hälfte der Firmen investiert mehr als 10 Prozent ihres Umsatzes in die Forschung und Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen. Hinzu kommt eine Forschungslandschaft mit über 40 Universitäten und 18 Forschungseinrichtungen. Zu den führenden Forschungseinrichtungen im Land gehören:

  1. Institute of Photonics an der University of Strathclyde
  2. Optoelectronics Research Centre an der University of Southampton
  3. Photon Science Institute der University of Manchester
  4. Centre for Photonics and Photonic Materials der University of Bath und 
  5. Photonics Group am Imperial College London

Die Forschungssubventionen kommen vor allem vom britischen Engineering and Physical Sciences Research Council (EPSRC), von der staatlichen Forschungsagentur Innovate UK und mit seiner verzögerten Wiederaufnahme nach dem Brexit auch aus dem europäischen Forschungsrahmenprogramm Horizon. 

Konferenzen mit Bezug zu Photonik im Vereinigten Königreich 2024

Zur Photonik allgemein:

Im Halbleitersektor:

In der Quantentechnologie:

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