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Recht kompakt | Vereinigtes Königreich | Gewährleistung

Vereinigtes Königreich: Gewährleistungsrecht

Die Rechtsgrundlagen der Mängelhaftung sind im Falle des Warenkaufs neben einzelvertraglichen Regelungen vor allem die sec. 13 bis 15 Sale of Goods Act 1979. 

Von Nadine Bauer, Dr. Achim Kampf | Bonn

Grundsätzlich gelten die Regelungen des Sale of Goods Act 1979 (SGA) sowohl für Kaufleute als auch für Verbraucher. Zudem findet bei Verbrauchsgüterkäufen der Consumer Rights Act 2015 Anwendung, dessen wesentliche Verbraucherrechte auf europarechtlichen Vorgaben beruhen. Aufgrund des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (Brexit) kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Vereinigte Königreich diese Rechte in Zukunft ändert oder abschafft.

Dem Käufer stehen gesetzliche Gewährleistungsrechte gegenüber dem Verkäufer zu, wenn die gelieferte Ware nicht "von zufriedenstellender Qualität" (of satisfactory quality) ist. Dieses Merkmal wird in sec. 14 SGA genauer umschrieben. Hierbei wird der Maßstab eines vernünftigen Betrachters (reasonable person) angesetzt, der die Beschreibung der Ware, den Preis und alle sonstigen relevanten Umstände des Vertragsschlusses in Betracht zieht. Die notwendige Beschaffenheit wird gesetzlich noch weiter konkretisiert. So werden beispielsweise auch vom Kunden geäußerte, nicht vollkommen unverhältnismäßige Erwartungen an den geplanten Verwendungszweck einer Sache zum Vertragsinhalt. Of satisfactory quality ist eine Ware allerdings unter anderem dann, wenn der Käufer vor Vertragsschluss auf den Mangel besonders aufmerksam gemacht wurde. Gleiches gilt zum Beispiel in Fällen, in denen der Käufer die Ware vor Vertragsschluss untersucht hat und ihm der Mangel dabei hätte auffallen müssen. Wenn der Käufer die nicht vertragsgemäße Ware wegen eines wesentlichen Mangels nicht behalten will, muss er sie binnen angemessener Frist (reasonable time) zurückweisen, falls nicht bereits zuvor eine Annahme (acceptance) der defekten Sache stattgefunden hat (sec. 35 SGA).

Für Verträge über Werke oder Dienstleistungen ist die Rechtsgrundlage der Supply of Goods and Services Act 1982 (SGSA). Hiernach sind Werke und Dienstleistungen mit vernünftiger Sorgfalt und Fertigkeit (reasonable care and skill) auszuführen, sec. 13 SGSA.

Die Rechtsfolgen der Gewährleistung ergeben sich sowohl bei Kaufverträgen als auch bei Verträgen über Werke oder Dienstleistungen aus dem verschuldensunabhängigen Konzept des Vertragsbruchs (breach of contract), wonach keine Unterscheidung zwischen Gewährleistungs- und sonstigen Vertragspflichten besteht. Entscheidend ist allerdings, ob eine condition oder eine warranty verletzt wurde.

Die meisten der im SGA und SGSA genannten Gewährleistungsvoraussetzungen stellen sogenannte conditions dar. Ein Beispiel hierfür ist die oben beschriebene durchschnittliche Qualität (satisfactory quality), wenn die Sache im Rahmen des Unternehmensbetriebes veräußert wird (sec. 14 Abs. 2, 6 SGA und sec. 4 Abs. 2 SGSA).

Warranties dagegen sind solche Vereinbarungen über die Eigenschaft des Vertragsgegenstandes oder sonstige Vertragsbedingungen, die im Verhältnis zum Hauptinhalt und -zweck des Vertrages von geringerer Bedeutung sind. Ausschlaggebend sind diesbezüglich nicht nur die in SGA und SGSA getroffenen Regelungen, sondern vor allem auch die einzelvertraglichen Vereinbarungen (sec. 11 Abs. 2, 3 SGA).

Grundsätzlich kann bei Verletzung einer warranty die geschädigte Partei Schadensersatz von der anderen Seite verlangen (sec. 53 SGA). Bei Verletzung einer condition ist der Geschädigte grundsätzlich berechtigt - zusätzlich zum Schadensersatz - den Vertrag aufzulösen (sec. 11 Abs. 3 SGA). Dies gilt jedoch nicht durchgängig. So kann beispielsweise in Fällen, in denen kein Verbraucher am Vertrag beteiligt ist, auch die Verletzung einer condition nur als Verletzung einer warranty anzusehen sein, wenn die Pflichtverletzung nur unerheblich (slight) war. Auch diese Ausnahme gilt jedoch wiederum nicht, wenn aus dem Vertrag Gegenteiliges ableitbar ist (sec. 15A Abs. 2 SGA und sec. 5A Abs. 2 SGSA).

Die Ansprüche des Käufers verjähren nach sechs Jahren (sec. 5 Limitation Act 1980).

Verbrauchsgüterkauf

Der Consumer Rights Act 2015 (CRA) normiert einige Sonderregelungen für Geschäfte mit Verbrauchern. Dieses Gesetz schafft einen "Dreiklang" von Mitteln, die der Käufer einer mangelhaften Ware geltend machen kann:

  • Innerhalb der ersten 30 Tage nach dem Kauf kann eine Rückabwicklung des Vertrages (short-term right to reject) verlangt werden, sec. 22 CRA. Der Käufer muss sich nicht auf eine Nachbesserung oder eine Ersatzlieferung einlassen.
  • Außerhalb der ersten 30 Tage kann der Käufer gemäß sec. 23 CRA eine Ersatzlieferung oder Nachbesserung (right to repair or replacement) verlangen, er muss sich allerdings nur auf einen Versuch einlassen.
  • Wenn die Nachbesserung oder Ersatzlieferung unmöglich oder erfolglos ist oder nicht in angemessener Zeit erfolgt, kann eine Minderung des Preises (right to price reduction) oder eine komplette Erstattung (final right to reject) gegen Herausgabe der Kaufsache gefordert werden (sec. 24 CRA).

Diese Rechte bestehen nicht anstelle von, sondern zusätzlich zu den "normalen" Rechtsmitteln, namentlich Schadensersatz wegen Vertragsbruch, wobei sich der Verbraucher im konkreten Fall entscheiden muss – er kann nicht beide Rechte in Bezug auf dasselbe Geschäft nutzen.

Gemäß sec. 19 Abs. 14 CRA besteht die gesetzliche Vermutung, dass Waren, die sich innerhalb von sechs Monaten ab Ablieferung als nicht vertragsgemäß erweisen, schon zum Zeitpunkt der Ablieferung fehlerhaft waren.

Vom Gewährleistungsrecht umfasst werden gemäß der Bestimmungen in chapter 3 CRA auch digitale Inhalte, selbst wenn sie ohne irgendeinen physischen Anteil erworben wurden.

In sec. 58 CRA werden den Gerichten besondere zusätzliche Befugnisse zur Durchsetzung der Verbraucherrechte eingeräumt (specific performance). Das Gericht kann danach Anordnungen bezüglich Schadensersatz oder Kaufpreiszahlung so treffen, wie es ihm gerecht erscheint.

Im Übrigen stehen dem Verbraucher die allgemeinen Ansprüche wegen Vertragsbruches zu.

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