Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Special | Vereinigtes Königreich | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Klimaziele: Keine neuen Emissionen ab 2050

Das zentrale klimapolitische Ziel der britischen Regierung lautet: keine Nettoneuemissionen klimaschädlicher Treibhausgase ab 2050.

Von Marc Lehnfeld | London

Die britische Regierung will die Nettoemissionen von Treibhausgasen bis 2050 schrittweise auf null absenken. Dazu hat sich das Königreich bei Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens von 2015 verpflichtet. Die detaillierten klimapolitischen Ziele und Maßnahmen wurden zuletzt im Oktober 2021 in der "Net Zero Strategy: Build Back Greener" verankert und mehrmals modifiziert. Schon für 2035 gilt ein ambitioniertes Zwischenziel der Verringerung von Treibhausgasen um 78 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990.

Die Net-Zero-Strategie baut weiterhin auf dem „Ten Point Plan for a Green Industrial Revolution" des ehemaligen Premierministers Boris Johnson auf. Sie verspricht staatliche Investitionen von umgerechnet über 14 Milliarden Euro und hofft auf dreimal so hohe private Finanzierungsmittel. Ergänzt wird die Klimastrategie außerdem seit dem Ukraine-Krieg durch die "British Energy Security Strategy", um die energetische Versorgungssicherheit des Landes zu garantieren. Außerdem fügte die aktuelle Regierung von Premierminister Rishi Sunak das Policy Paper "Powering Up Britain" im Frühjahr 2023 hinzu und konkretisierte im Zuge des Urteils des High Court im "Carbon Budget Delivery Plan" den Emissionspfad aller geplanter Maßnahmen. Auch die Energie- und Emissionsprognosen bis 2040 wurden aktualisiert. Darüber hinaus existieren weitere Unterstrategien, die unter anderem die House of Commons Library zusammenfasst.

Insgesamt beinhalten die Pläne ehrgeizige und einschneidende Maßnahmen. Ein großes Ziel ist die komplette Dekarbonisierung der Stromerzeugung bis 2035. Dafür sollen beispielsweise bis 2030 die Kapazitäten zur Erzeugung von Offshore-Windenergie auf 50 Gigawatt verfünffacht werden. Ebenso sollen der Einsatz von CCS-Technologien (Abscheidung, Transport und Endlagerung von CO2-Emissionen) und die Fortsetzung der Kernenergie dazu beitragen. Eine für Verbraucher besonders einschneidende Maßnahme ist das Verkaufsverbot von Pkw mit klassischem Verbrennungsmotor ab 2030.

Regierungsplan für viertes "Carbon Budget" reicht noch nicht

Der Weg zur Absenkung der Nettoneuemissionen auf null wird anhand sogenannter Carbon Budgets definiert. Sie beschreiben Gesamtemissionsbudgets für jeweils fünfjährige Zeitspannen. Die ersten beiden Budgets für die Zeiträume 2008 bis 2012 und 2013 bis 2017 wurden eingehalten und vorläufige Daten der Klimawandelkommission (CCC) zeigen, dass das Königreich auch die Emissionsobergrenze im dritten Budget (2018 bis 2022) unterschritten hat. Für das vierte Budget von 2023 bis 2027 berechnet die Kommission eine Obergrenze von 1.950 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente und damit ein Einsparziel von 52 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990. Auf ein Jahr umgerechnet beträgt die Maximalemission demnach im Mittel 390 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Der Carbon-Budget-Delivery-Plan der Regierung, der die Emissionen für diesen Zeitraum prognostiziert, verfehlt die durchschnittliche jährliche Obergrenze noch um etwa 3,4 Prozent. Deshalb sind Nachbesserungen nötig.

Bild vergrößern

Landesteile erzielen unterschiedliche Ergebnisse

Die Klimaziele für das Vereinigte Königreich werden auch auf die Landesteile heruntergebrochen. Die Landesteile Wales, Schottland und Nordirland verfügen zusätzlich über eigene Ziele zur Klimaverbesserung, die Teil der nationalen Strategie sind. Schottland strebt beispielsweise bereits 2045 die Klimaneutralität an, also fünf Jahre vor dem Königreich, und baut in großem Stil auf Wasserstoff und die Dekarbonisierung seiner Industrie. Allerdings hat der Landesteil in den vergangenen Jahren seine Zwischenziele nicht erreicht. Auch Wales lag 2021 über seinem Emissionsbudget.

Wie hoch die Emissionen tatsächlich ausgefallen sind, wird jährlich vom Department for Business, Energy & Industrial Strategy im „Annual Statements of Emissions“ berechnet. Daten für 2021 lieferte das Ministerium zuletzt Ende März 2023 in Kooperation mit dem Office for National Statistics.

Neue britische Rolle bei ETS und CBAM

Veränderungen gab es auch durch den Brexit. So hat die britische Regierung den Emissionshandel neu geregelt. Das United Kingdom Emissions Trading Scheme (UK ETS) ersetzte zum 1. Januar 2021 das europäische Schema. Während die Emissionsscheine in der EU und UK lange zu ähnlichen Preisen gehandelt wurden, wird im Zuge der schwächeren Produktion im Königreich der britische Emissionsschein mittlerweile günstiger verkauft. Am 18. Juli 2023 kosteten die britischen Scheine 48,26 Pfund Sterling pro Tonne (circa 56,18 Euro), während das europäische Zertifikat mit 87,35 Euro rund 55 Prozent teurer war.

Wie die EU plant auch die britische Regierung die Einführung eines CO₂-Grenzausgleichssystems (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM). Die Anhörung des Finanzministeriums und des Department for Energy Security and Net Zero (DESNZ) wurde im Juni abgeschlossen und um eine zweite Konsultation zum Endes des Jahres ergänzt. Inwiefern der britische und europäische Mechanismus angeglichen werden, ist noch unklar. Besonders die britische Stahlindustrie verweist auf mögliche Risiken.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.