Branchen | Vietnam | Bauwirtschaft
Zulieferprodukte: Glas, Fliesen und Sanitär
Die langsame Erholung im Hochbau verheißt den Herstellern von Glas, Fliesen, Keramik und Sanitärprodukten bessere Absatzchancen.
05.05.2025
Von Peter Buerstedde | Hanoi
Glas
Das Jahr 2024 hat die Glasindustrie hart getroffen: Bei sinkender Nachfrage fielen aufgrund von Überkapazitäten in der Produktion die Absatzpreise, trotz steigender Inputpreise für Natron und Energie. Die lokale Industrie macht die starke Konkurrenz durch Importprodukte verantwortlich für die Misere. Nach Informationen des vietnamesischen Glasverbandes stand 2024 jeweils eine Fabrik der zwei größten Hersteller Indevco und Viglacera still, während viele andere Fabriken nur zu 60 bis 70 Prozent ausgelastet waren. Mit der Erholung im Hochbau erwarten Analysten für 2025 aber eine langsame Erholung des Markts für Bauglas.
Der zweitgrößte Glashersteller Viglacera und andere größere Unternehmen wollen angesichts starker Konkurrenz bei Basisprodukten die Produktion von Spezialglas ausbauen, das deutlich höhere Margen verspricht. Sollte die Markterholung den Herstellern etwas Luft verpassen, dürften derartige Projekte wieder aktiver verfolgt werden. Viglacera plant etwa den Aufbau einer Dünnglasproduktion für Solarpaneele.
Im November 2023 ging die erste Phase einer ersten Fabrik für Ultraklarglas in Vietnam in Betrieb, mit einer Kapazität von 600 Tonnen pro Jahr. In einer zweiten Phase soll die Produktion auf 1.500 Tonnen ansteigen. Das Werk gehört zum Joint Venture zwischen Viglacera und den lokalen Firmen Idico und Khai Thinh. Das Joint Venture heißt Phu My Super White Glass. Viglacera ist auch zahlreiche weitere Joint Ventures mit ausländischen Firmen eingegangen. So produziert das Unternehmen mit Nippon Sheet Glass Flachglas, im Gemeinschaftsunternehmen Vietnam Float Glass. Der Staat will sich bis 2025 von seiner Minderheitsbeteiligung an Viglacera trennen.
Produktion | Veränderung Produktion 2023/2022 | Inlandsverbrauch | Veränderung Inlandsverbrauch 2023/2022 | |
---|---|---|---|---|
Bauglas (in Mio. Quadratmetern) | 211,0 | -2 | 168 | -21 |
Keramikfliesen (in Mio. Quadratmetern) | 386,5 | -26 | 291,5 | -43 |
Sanitärprodukte (in Mio. Produkteinheiten) | 12,5 | -25 | 11 | -33 |
Fliesen/Keramik
Die Inlandsnachfrage und Produktion von Fliesen hatte 2024 weiter unter der verhaltenen Nachfrage im Hochbau und starker Importkonkurrenz zu leiden. Einer der größten und wichtigsten Hersteller, Viglacera, vermeldete eine Auslastung von 75 Prozent und einen Rückgang der Umsätze um 4 Prozent zum Vorjahr. Andere vietnamesische Produzenten wie Vicostone (-23,1 Prozent) und CMC Investment (-9,4 Prozent) erlitten stärkere Rückgänge. Eine Erholung dürfte sich 2025 erst zaghaft einstellen. Wichtig ist für die Hersteller auch die in der 2. Jahreshälfte 2025 erwartete Erholung im Wohnungsbau im wichtigen Exportmarkt USA.
Mit einer Produktion von etwa 397 Millionen Quadratmetern (inklusive Keramikfliesen, Terracottafliesen, Granitsteine) war Vietnam laut Ceramic World 2023 der siebtgrößte Fliesenproduzent der Welt. Der Sektor ist mit 83 mittleren und großen Fabriken und einer Reihe kleiner Produktionsstätten stark differenziert. Viele Hersteller sind Joint Ventures mit ausländischen Firmen eingegangen und eher im hochpreisigen Segment angesiedelt. Dazu zählen Prime, Royal, Vitto, Tasa und Toko.
Umsatz 2024 1) | Veränderung 2024/2023 2) | |
---|---|---|
Viglacera | 475,3 | -9,8 |
Vicostone | 172,5 | -0,7 |
Viglacera Tien Son3) | 85,6 | 7,3 |
CMC Investment | 68,3 | -6,5 |
Taicera | 36,3 | 1,9 |
Trung Do | 19,1 | -7,5 |
Thanh Thanh Ceramic Tile | 6,9 | -24,2 |
Viglacera erwirtschaftet einen Großteil der Umsätze als Entwickler von Industrieparks und Immobilienprojekten. Nach einem Ranking von Ceramic World lag die Firma 2023 als Fliesenhersteller mit sieben Fabriken in Vietnam und einer in Kuba in Bezug auf die Produktionsmenge weltweit auf Rang 19.
Heimische Unternehmen wie Viglacera, CMC, Thach Ban oder Dong Tam konzentrierten sich traditionell eher auf das mittlere bis einfache Produktsegment. Sie haben aber ihre Produktionsqualität in den letzten Jahren stetig verbessert, auch um der Konkurrenz durch Kleinunternehmen zu entgehen. Der Wettbewerb steigt durch weitere Fabriken und fallende Importzölle, etwa für Fliesen aus Indien. Der Hersteller Trung Do baut in Nghe An eine Fabrik für Vorstoffe, um die eigenen Fliesenfabriken zu versorgen. Kamado will rund 400 Millionen Euro in eine neue Granitfliesenfabrik in Bin Dinh investieren.
Der Markt tendiert in Vietnam weg von Keramikfliesen und hin zu größeren Granitfliesen. Die Produktionsanlagen in einem Großteil der vietnamesischen Werke gelten dennoch weiter als veraltet und sind vor allem im Hinblick auf den Energieverbrauch ineffizient.
Sanitärprodukte
Der Sanitärproduktsektor litt 2024 unter einer schwachen Inlandsnachfrage. In diesem Bereich war Vietnam 2022 laut Ceramic World nach Thailand der zweitgrößte Sanitärkeramikexporteur in Südostasien und weltweit an zehnter Stelle. Die Industrie in Vietnam führt diese Produkte vor allem nach Ostasien und in die USA aus.
Wie bei Glas und Fliesen ist Viglacera ein wichtiger vietnamesischer Akteur, der auch stark exportiert. Nach einer Analyse des Finanzinstituts Vietcap Securities kommt das Unternehmen auf etwa 10 Prozent Marktanteil. Circa 40 Prozent entfallen auf Importe von Marken wie Grohe, Inax, Caesar, Kohler und American Standard. Weitere 45 Prozent sind Produkte ausländischer Hersteller, die in Vietnam Fabriken aufgebaut haben, allen voran Toto und Lixil aus Japan.
Toto Vietnam hat im Dezember 2023 eine Fabrik für Wasserhähne in der nördlichen Provinz Vinh Phuc für 100 Millionen US-Dollar in Betrieb genommen. Das ist die fünfte Fabrik des japanischen Sanitärherstellers in Vietnam.
Luxusausstattungen sind gefragt
Der lokale Markt bietet zunehmend Chancen für europäische Ausstatter. Gerade wohlhabende Vietnamesen legen bei Küchen und Bädern Wert auf ein modernes, europäisches Design. Bei Luxusimmobilienprojekten sowie im Hotelbau sind Ausstattungen aus Europa, besser noch "Made in Germany", beliebt. Die Kunden verlangen dafür entsprechende Belege, zum Beispiel Ursprungszeugnisse und Zertifikate. Sie wollen sichergehen, dass sie keine Nachahmerprodukte erwerben, die im Markt stark präsent sind. Zudem erwarten Kunden zu dem gehobenen Preis entsprechende Beratung und Service.
Der Lieferant sollte wiederum bei seinen Kunden strikte Richtlinien bezüglich der Zahlungsmodalitäten durchsetzen. Stärker gefragt sind auch smarte Badmöbel, wie sie vor allem von den japanischen Herstellern Toto und Inac angeboten werden.