Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Vietnam | Reformen

Reformen der vietnamesischen Regierung verbessern Geschäftsumfeld

Vietnam baut Staat und Wirtschaft radikal um. Die Umsetzung der Reformen macht den ausländischen Firmen zu schaffen, verspricht aber auch bessere Geschäftsbedingungen.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Eine Reihe von Reformen lässt deutsche Firmen in Vietnam auf bessere Geschäftsbedingungen hoffen. Vor allem will die Regierung damit aber das Wachstum steigern. Reformen betreffen zunächst den Staatsaufbau, die Rolle der Privatwirtschaft und die Förderung von Forschung und Entwicklung. 

Unternehmen sollen Verwaltungsvorgänge digital erledigen

Parallel dazu werden Verwaltungsprozesse eliminiert oder digitalisiert. Das Ziel ist, 30 Prozent weniger Verwaltungsschritte für Unternehmen sowie 30 Prozent weniger Zeit und Kosten zu erreichen. Etwa 2.700 von 9.000 Verwaltungsvorgängen sollen bis Ende 2026 abgebaut werden. Das betrifft Bereiche wie beispielsweise Arbeitsgenehmigungen für ausländische Beschäftigte, die besonders hohe bürokratische Hürden aufweisen. Die Digitalisierung soll dazu führen, dass Firmen auch ausländische alle Verwaltungsschritte online durchführen. 

Des Weiteren gibt es Reformen zur Förderung des Privatsektors sowie von Forschung und Entwicklung. Bereits Ende 2024 hat die Regierung ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren für Investitionsprojekte in Hochtechnologiefeldern eingeführt. Seit Juni 2025 erhalten derartige Vorhaben mehrjährige Steuerbefreiungen und -vergünstigungen. 

Die globale Mindeststeuer von 15 Prozent, die Vietnam seit 2024 anwendet, hat für einige Großunternehmen zu einer höheren Steuerbelastung geführt. Um die negativen Auswirkungen etwas abzufedern, hat die Regierung Ende 2024 den Investment Support Fund aufgelegt. Unternehmen in Hochtechnologiebereichen können für Forschung, Training und in geringem Maße auch für Produktionsstätten Zuschüsse erhalten. Bisher beschränkte sich die Förderung auf Steuervergünstigungen. Hinzu kommen experimentelle Sonderregimes für Start-ups (regulatory sandboxes), zunächst für FinTech-Start-ups. Durch die Fördermaßnahmen soll Vietnam bis 2030 fünf global führende Techfirmen hervorbringen.

Anzahl privater Firmen soll sich mehr als verdoppeln

Ähnliche Ziele werden bei der Förderung des Privatsektors verfolgt. Bis 2030 sollen mindestens 20 große vietnamesische Unternehmen in globale Wertschöpfungsketten integriert sein. Daneben will die Regierung die Anzahl der Privatfirmen von 940.000 auf zwei Millionen steigern. 

Die rund fünf Millionen Familienbetriebe, die derzeit pauschal und meist geringfügig besteuert werden, müssen ab 2026 nach ihren tatsächlichen Umsätzen Steuern zahlen. Größere Familienbetriebe sollen sich als Unternehmen registrieren. 

Deutsche Unternehmer hoffen auf bessere Geschäftsbedingungen

Deutsche Unternehmer in Vietnam begrüßen die Verwaltungsreformen. Sie beklagen Probleme mit Steuer-, Zoll- und Brandschutzbehörden. Aber auch die Entsendung von Mitarbeitern ist ein leidiges Thema. 

"Wenn wir einfacher Fachkräfte aus unseren anderen Fabriken in Vietnam einsetzen könnten, wäre das eine große Erleichterung",

sagt ein Firmenvertreter, der nicht genannt werden möchte. Andere hoffen, dass schnellere und digitale Verfahren die Korruption zurückdrängen. 

Die rasche Umsetzung bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Bis zum 1. Juli 2025 mussten sich alle Unternehmen auf einer Onlineplattform registrieren, um Verwaltungsprozesse digital abzuwickeln. Für ausländische Firmen war eine Registrierung zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht möglich. Nach Wochen der Verunsicherung wurde schließlich eine Übergangsregelung eingeführt, die es den Unternehmen erlaubte, vorerst weiterhin die bisherigen Verwaltungswege zu nutzen.

Reformen für höhere Wachstumsraten

Hintergrund des Reformprozesses ist die wachsende Befürchtung in der vietnamesischen Politik, das Land könne in der "middle income trap" stecken bleiben. Das wäre der Umstand, wenn das Wachstum abflaut und das Land auf einem mittleren Einkommensniveau verbleiben würde. Ausländische Investoren errichten zwar weiter neue Fabriken. Doch die Wertschöpfung lokaler Firmen in den wichtigen Exportindustrien Elektronik, Kleidung, Schuhe und Möbel ist sehr gering. Nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) stagniert die Arbeitsproduktivität. 

Die vietnamesische Regierung hat zudem erkannt, dass das aktuelle Wirtschaftswachstum nicht ausreicht, um das selbst gesteckte Ziel zu erreichen: Bis 2045 ein Industrieland mit hohem Einkommen nach Weltbankdefinition zu werden. In den vergangenen zehn Jahren wuchs die Wirtschaft im Schnitt um 6 Prozent jährlich. Länder wie Japan und Südkorea, die den Sprung in die High-Income-Kategorie geschafft haben, verzeichneten zuvor über Jahrzehnte zweistellige Wachstumsraten.

In ihren Analysen raten IWF und Weltbank der Regierung, Forschung und Entwicklung zu fördern sowie bürokratische Hürden abzubauen, um das private Unternehmertum zu fördern. Auch deshalb dürfte der Reformprozess bei diesen Themen begonnen haben. In den Bereichen Bildung und Gesundheit sollen noch Strukturreformen lanciert werden. Durch die Reformen soll Vietnam nach den Vorgaben von Generalsekretär To Lam im Jahr 2025 mindestens 8 Prozent und ab 2026 dann zweistellig wachsen. 

Reformen zeigen wohl eher mittelfristig Erfolge

Durch Zusammenlegungen sind zum 1. März 2025 vier Ministerien und etliche zentralstaatliche Behörden sowie staatliche Medien weggefallen. Rund 20 Prozent der Staatsbediensteten auf zentralem Niveau werden dadurch ihren Job verlieren. Parallel dazu hat die Regierung die Zahl der Provinzen und zentral verwalteten Städte zum 1. Juli 2025 von 63 auf 34 verringert, die der Gemeinden von 10.000 auf knapp 3.300. Die Reform soll die Verwaltungseffizienz steigern und bis 2030 etwa 6,5 Milliarden US-Dollar einsparen. Zunächst verursacht sie aber Kosten, da die entlassenen Staatsdiener entschädigt werden müssen.

Ob die Reformen ausreichen, um die ambitionierten Zielmarken zu erreichen, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen. Zwar konnte der Staat durch schnellere Prozesse im Jahr 2025 bisher rund 40 Prozent mehr Geld für Infrastrukturvorhaben ausgeben. Dadurch sind zahlreiche Wohnungs- und Hotelbauprojekte landesweit wieder in Angriff genommen worden, die bisher brach lagen. Trotzdem dürfte das Wachstum 2025 hinter dem Regierungsziel von 8 Prozent zurückbleiben.

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.