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Nachhaltigkeitsleitlinien: Globale Standards für Infrastrukturbau

Das Regelwerk für den nachhaltigen Bau hochwertiger Infrastruktur wächst stetig. GTAI gibt einen Überblick über die wichtigsten Initiativen.

Von Edda Schlager | Berlin

Der Aufbau einer nachhaltigen Infrastruktur in Schwellen- und Entwicklungsländern kann dazu beitragen, die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen bis 2030 zu erreichen. Zahlreiche internationale Organisationen entwickeln deshalb derzeit global orientierte Qualitätsnormen für den Infrastrukturbau.

Der Nachteil all dieser Regelwerke: Sie sind lediglich von Institutionen wie OECD, G7 und G20 anerkannt, die nur bestimmte Länder repräsentieren. Nicht dabei sind beispielsweise China und die anderen BRICS-Staaten oder die Länder des Nahen Ostens. Zudem sind sie freiwillig und nicht verbindlich. Sie geben einen Handlungsrahmen vor, an den sich Regierungen oder Finanzinstitutionen halten können, aber nicht müssen.

Der größte Infrastrukturbedarf weltweit besteht bis 2040 bei der Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsinfrastruktur. Regional am größten wird die Investitionslücke 2040 mit 6,5 Billionen US$ in Nord- und Südamerika sein, gefolgt von Asien, Europa und Afrika. So schätzt es der Global Infrastructure Hub (GI-Hub), der 2014 durch die G20 gegründet wurde, um nachhaltige Infrastruktur zu fördern.

Regelwerk der OECD

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ein umfassendes Regelwerk aus globalen Standards und politischen Leitlinien für nachhaltigen Infrastrukturbau geschaffen. Es unterstützt Regierungen und Unternehmen dabei, Werte für Nachhaltigkeit in Bezug auf Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft in regulatorische Rahmenbedingungen für Infrastrukturprojekte zu implementieren. Das Handbuch zur Umsetzung hochwertiger Infrastrukturinvestitionen ist ein Beispiel. Es liefert Grundprinzipien, wie Infrastrukturinvestitionen den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft katalysieren, biologische Vielfalt schützen oder die Resilienz gegen wirtschaftliche Risiken stärken können. 

Eine rechtliche Verbindlichkeit haben diese Rahmenbedingungen nicht, sie sind Empfehlungen für politische Entscheidungsträger. Idealerweise bekennen sich alle 38 Mitgliedsländer der OECD zu dem Regelwerk. In Deutschland beispielsweise sind die OECD-Prinzipien in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (2021) berücksichtigt. Diese verankert nachhaltige Entwicklung als zentrales Ziel des Regierungs- und Verwaltungshandelns des deutschen Staates.

G20: QII Partnerschaft für hochwertige Infrastrukturinvestitionen 

2019 einigten sich die G20 auf die so genannten QII-Prinzipien der Partnerschaft für hochwertige Infrastrukturinvestitionen (QII Quality Infrastructure Investment Partnership). Deren Konsens: Nachhaltige Infrastruktur ist ein wichtiger Motor für wirtschaftlichen Wohlstand. 

So sollen Infrastrukturinvestitionen dann staatliche Rückendeckung erhalten, wenn sie zu nachhaltigem Wachstum beitragen, beispielsweise der Bau von Windkraftanlagen. Die Prinzipien zielen darauf ab, Regierungen und Gesetzgeber dazu zu befähigen, nachhaltige Projekte umzusetzen und Nachhaltigkeitselemente in der Gesetzgebung zu verankern. Neben der reinen Finanzierung von Infrastrukturprojekten sollen Entwicklungsbanken ferner den lokalen Kapazitätsaufbau staatlicher Institutionen unterstützen. Ein Beispiel: Die Weltbank finanziert den Ausbau erneuerbarer Energien in einem Entwicklungsland, um die Stromversorgung nachhaltiger zu machen. Gefördert wird dabei auch die Verbesserung von Verwaltungsstrukturen, sodass die Regierung den nachhaltigen Netzausbau zielführend überwachen und steuern kann.

Auch die QII-Prinzipien sind freiwillige, nicht verbindliche Grundsätze, die eine gemeinsame strategische Ausrichtung und Bestrebung für hochwertige Infrastrukturinvestitionen der G20-Mitgliedsländer widerspiegeln. 

G7: Charlevoix-Verpflichtung zur innovativen Finanzierung von Entwicklung

2018 verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs der G7 im kanadischen Charlevoix die Verpflichtung zur innovativen Finanzierung von Entwicklung (G7 Charlevoix Commitment on Innovative Financing for Development). Damit ebneten sie innovativen Lösungen für öffentlich-private Mischfinanzierungen (Blended Financing) den Weg. 

Erarbeitet wurden Grundsätze für die Entwicklungsfinanzierung in Bezug auf Transparenz, Rechtsstaatlichkeit, gute Unternehmensführung, Menschen- und Arbeitnehmerrechte, Umwelt- und Sozialstandards sowie wirtschaftliche Effizienz. Sie gelten als Handlungsempfehlungen für die Regierungen der G7-Mitgliedsländer zur Umsetzung von Entwicklungsprogrammen. 

Internationale Finanzinstitute: Äquator-Prinzipien

Weltweit tätige Finanzinstitute haben sich 2003 das Regelwerk der Äquator-Prinzipien (Equator Principles) gegeben. Danach sollen nur Projekte finanziert werden, bei denen die Kreditnehmer bestimmte Umwelt- und Sozialkriterien erfüllen. Grundlage sind die Umweltstandards der Weltbank und die Sozialstandards der International Finance Corporation (IFC). 

Angewendet werden die Prinzipien für Finanzierungsvolumen ab 10 Millionen US-Dollar. Auch die Deutsche Bank, die Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank und die KfW IPEX-Bank sind Unterzeichner. Die Äquator-Prinzipien sind freiwillig und rechtlich nicht bindend. Zudem werden auch Projekte mit Partnerbanken kofinanziert, die nicht Unterzeichner der Äquator-Prinzipien sind. Außerdem werden die Grundsätze nur für Projektfinanzierungen angewendet, nicht aber für die praktische Umsetzung der Projekte.

Zertifizierungsinitiative: Blue Dot Network

Einer tatsächlichen Zertifizierung von Investitionen in den Infrastrukturbau am nächsten kommt bisher das 2019 von den USA, Japan und Australien gegründete Blue Dot Network

Es zielt darauf ab, hochwertige Infrastrukturinvestitionen zu fördern, die für nachhaltiges Wachstum und stabilen wirtschaftlichen Aufschwung unerlässlich sind. Hier wird explizit der Privatsektor angesprochen, der sich Projekte zertifizieren lassen kann. Es kann derzeit als das am weitesten gediehene Bewertungssystem für Infrastrukturprojekte betrachtet werden. Denn es aggregiert die G20-Prinzipien für hochwertige Infrastrukturinvestitionen, die Charlevoix-Verpflichtung der G7 zur innovativen Entwicklungsfinanzierung, die Äquator-Prinzipien und einige OECD-Leitsätze. Aber auch die Prinzipien des Blue Dot Network sind rechtlich nicht bindend und bieten lediglich eine Grundlage für freiwillige Selbstverpflichtung.

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