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Special | Zentralasien | Konnektivität

Global Gateway nimmt in Zentralasien Gestalt an

Die EU-Konnektivitätsinitiative setzt 2023 in Zentralasien erste Projekte um. Eine Anschubfinanzierung mit zwei Paketen von jeweils 20 Millionen Euro steht. (Stand: 14.06.2023)

Von Lisa Flatten, Edda Schlager | Bonn, Berlin

Vier von weltweit 87 Leuchtturmprojekten will die EU im Rahmen von Global Gateway 2023 in Zentralasien auf den Weg bringen. Beim 2. EU-Zentralasien-Wirtschaftsforum am 18. und 19. Mai 2023 in Almaty gab Valdis Dombrovskis, EU-Kommissar für Handel und EU-Kommissionsvizepräsident, erste Maßnahmen bekannt. Damit setzt die EU ihre 2022 angekündigten Pläne zügig um.

Team Europe will Hochleistungsinternet bauen

Im Rahmen einer sogenannten Team-Europe-Initiative (TEI) will die EU die digitale Infrastruktur in der Region ausbauen. Ein Ziel ist die Verbesserung des Zugangs zu sicherem Internet durch Satellitenverbindungen. Dafür sollen Bodenstationen mit integrierten Internetknoten und grünen Datenzentren in Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan mit bereits bestehender Breitbandinfrastruktur verbunden werden.

Neben Investitionen in die Hardware wird die EU auch Reformen bei digitaler Verwaltung, Datenschutz und Cybersicherheit fördern. 60 Millionen Euro will die EU für das Hochleistungsinternet in Zentralasien investieren. Eine erste Tranche von 20 Millionen Euro soll Ende Sommer 2023 zur Verfügung stehen. Eine Gesamtsumme für diese TEI hat die EU bisher nicht kommuniziert, da diese von noch zu erwartenden Beiträgen der beteiligten EU-Mitgliedsländer abhängt.

Das Vorhaben der EU, ein bereits im Schwarzen Meer von Bulgarien nach Georgien verlegtes Glasfaserkabel über Aserbaidschan und das Kaspische Meer nach Zentralasien zu verlängern, erfordert langfristige politische Abstimmung und wird zunächst von der EU nicht mit konkreten Maßnahmen unterlegt.

Finanzierung von Global-Gateway-Projekten in Zentralasien

Einen Teil der Finanzierung für Global-Gateway-Vorhaben stellt die EU im Rahmen ihres neuen Instruments Nachbarschaft, Entwicklung und internationale Zusammenarbeit (NDICI, kurz Global Europe genannt) zur Verfügung. Über die im Global-Europe-Instrument vorgesehenen Mehrjahresrichtprogramme MIP (Multiannual Indicative Programmes) stehen den Ländern in Zentralasien von 2021 bis 2024 rund 300 Millionen Euro an Fördermitteln zu.


Mitte November 2022 sprach Josep Borrell sogar von 390 Millionen Euro, die der Region zwischen 2021 und 2024 über bilaterale und regionale Programme zur Verfügung stehen sollen. Darin enthalten sind zwei sogenannte Team-Europe-Initiativen (TEI) für die Region, für die die Konferenz in Samarkand offiziell den Startschuss gab. Als Team Europe werden die gemeinsamen Entwicklungsanstrengungen der Europäischen Kommission in Kooperation mit den EU-Mitgliedsstaaten und deren Finanzinstitutionen bezeichnet.

Erneuerbare Energien stehen im Fokus der EU-Programme

Der Energiesektor wird durch eine zweite Team-Europe-Initiative sowie mehrere konkrete Global-Gateway-Projekte unterstützt. Die TEI für Wasser, Energie und Klimawandel stellt 700 Millionen Euro - davon 200 Millionen Euro von der EU selbst finanziert - für die nachhaltige Nutzung von Wasser- und Energieressourcen, für Versorgungsnetze und zur Bewältigung von Umweltproblemen zur Verfügung. Auch für diese TEI wird im Sommer 2023 eine erste Tranche im Umfang von 20 Millionen Euro bereitgestellt.

Zwei bereits mit Tadschikistan gestartete bilaterale Programme für Energie und Wasser sind ebenfalls im Rahmen der TEI zu sehen: das Sustainable Energy Support Programme (15 Millionen Euro) und das Rural Drinking Water Supply Sanitation Project (14 Millionen Euro).

Darüber hinaus soll das sogenannte SECCA-Programm (Sustainable Energy Connectivity in Central Asia) mit seinem 6,8-Millionen-Euro-Budget zu einem nachhaltigen Energiemix, einer regionalen Energieintegration und zu Reformen im Bereich der erneuerbaren Energien beitragen.

Die EU beteiligt sich in Tadschikistan zudem am Ausbau des 8 Milliarden US-Dollar (US$) teuren Rogun-Wasserkraftwerks. Seit 2016 wurden bereits 3 Milliarden US$ in das Kraftwerk investiert. Die EU wird nun 15 Prozent der verbleibenden 5 Milliarden US$ beisteuern.

Im November 2022 verabschiedete die EU mit Kasachstan eine strategische Partnerschaft zu Rohstoffen, Batterien und erneuerbarem Wasserstoff. Die Zusammenarbeit soll Wertschöpfungsketten für erneuerbaren Wasserstoff und Batterien fördern, Standards angleichen und gemeinsame Projekte identifizieren. Eine im Mai 2023 unterzeichnete Roadmap of actions für 2023 und 2024 sieht die Zusammenarbeit zwischen industriellen Akteuren bei der Ermittlung und Durchführung gemeinsamer Investitionsprojekte vor.

Global-Gateway-Projekt mit deutscher Beteiligung

Passend zur europäisch-kasachischen Partnerschaft schlossen im Oktober 2022 die deutsch-schwedische Svevind Energy Group und die kasachische Regierung ein 50 Milliarden Euro schweres Investitionsabkommen. Konkret soll in der Mangystau-Region nahe der Hafenstadt Aktau am Kaspischen Meer unter dem Namen Hyrasia One eine der weltweit fünf größten Wasserstoffproduktionsanlagen entstehen.


Mit Hilfe von Solar- und Windkraftwerken sollen hier ab 2030 jährlich 2 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff produziert werden. Geplanter Baubeginn für den Solar- und Windpark mit einer Leistung von 40 Gigawatt ist 2027. Federführend bei der Umsetzung von Hyrasia One ist das kasachische Unternehmen Hyrasia Energy, Tochterfirma der Svevind Energy Group.

EU prüft Ausbau von Verkehrskorridoren

Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) bewertet derzeit im Auftrag der Europäischen Kommission bestehende und potenzielle neue Transportkorridore in Zentralasien auf Grundlage von Nachhaltigkeitskriterien sowohl in Bezug auf physische Infrastruktur als auch auf regulatorische Rahmenbedingungen.

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Vorläufiges Ergebnis der Studie: Das zentrale transkaspische Netz, das durch Südkasachstan verläuft (siehe Karte Route 2), wurde als nachhaltigste der drei untersuchten Optionen ermittelt. Sie ermöglicht eine weitere Entwicklung des regionalen Verkehrsnetzes und die Einbindung der wichtigsten Bevölkerungs- und Produktionszentren der fünf zentralasiatischen Länder. Der Gesamtinvestitionsbedarf zur deutlichen Verbesserung des transkaspischen Netzes wird auf rund 18,5 Milliarden Euro geschätzt. Bis Ende Juni 2023 will die Kommission die Studie abschließend veröffentlichen.

Zudem möchte die EU ihr erweitertes transeuropäisches Verkehrsnetz (TEN-V) effektiver mit den fünf zentralasiatischen Staaten verbinden. Dabei sollen Verbindungen mit dem westlichen Balkan, der Türkei und den Ländern der östlichen Partnerschaft der EU, hauptsächlich in der Kaukasusregion, mitgedacht werden. Im Verlauf des Jahres 2023 ist eine Investorenkonferenz für den Ausbau des so genannten Mittleren Korridors in Zentralasien geplant.

Diskussion um Ausbau des Mittelkorridors

Um mit dieser Route langfristig eine Alternative zu den Eisenbahnverbindungen über Russland zu bedienen, ist einiges zu tun. Noch ist die mittlere Route zu langsam und zu teuer. Selbst Unternehmen, die den Mittleren Korridor als Alternative in Betracht ziehen, nutzen meist weiterhin die Nordroute, die Europa und China über Belarus und Russland verbindet.

Bei dem Wirtschaftsforum in Almaty im Mai 2023 forderte die Wirtschaft deshalb einerseits von der europäischen Seite die Konzeption eines Strategieplans für einen voll funktionsfähigen Korridor, bevor der konkrete Ausbau erfolge. Andererseits sollten sich die beteiligten Länder um einen gemeinsamen Betreiber mit kommerziellem Interesse bemühen, der Standards für Warenabwicklung und -tracking, Tarifbildung, einheitliche, digitale Zollbestimmungen sowie die Kontrolle solcher Normen koordiniere. Wichtig sei der Abbau von "Flaschenhälsen" in den beteiligten Ländern, die den Weitertransport von Waren immer wieder verzögerten.

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