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TRIPS-Vorgaben zur Durchsetzung des Schutzes
Um Marken- und Produktpiraterie entgegenzuwirken, sind auch effektive Regelungen zur Rechtsdurchsetzung erforderlich. Mit diesen befasst sich der dritte Teil des TRIPS.
25.01.2022
Von Julia Merle | Bonn
Mindestanforderungen an nationale Verfahren
Was sollen Rechtsinhaber unternehmen können, wenn Rechte des geistigen Eigentums verletzt werden, wenn etwa ihre Marke gefälscht wird oder ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne Genehmigung kopiert wird, um damit Handel zu treiben? Welche Maßnahmen können sie von den Behörden verlangen?
Der dritte Teil des TRIPS umfasst den Bereich der effektiven Durchsetzung der einzelnen Schutzrechte. Darin werden Mindestanforderungen insbesondere an die Gestaltung der nationalen Zivil-, Verwaltungs- und Strafverfahren sowie an einstweilige Maßnahmen im Zusammenhang mit geistigen Eigentumsrechten formuliert. Die Aufstellung entsprechender nationaler Vorschriften in diesen Bereichen ist damit für die WTO-Mitglieder verpflichtend.
Auch in diesem Kapitel zu beachten bleiben die eingangs beschriebenen Grundprinzipien des TRIPS.
Rechtsstaatliche Aspekte
Allgemeine Anforderungen an die Durchsetzungsverfahren werden in Art. 41 TRIPS formuliert: So haben WTO-Mitglieder sicherzustellen, dass es überhaupt die im TRIPS genannten Verfahren zur Durchsetzung in ihrem nationalen Recht gibt. Damit sollen sie ein wirksames Vorgehen gegen Verletzungen der von TRIPS erfassten Rechte des geistigen Eigentums ermöglichen. Ferner ist unter anderem vorgegeben, dass Schranken für den rechtmäßigen Handel durch die Anwendung dieser Verfahren vermieden werden sollen. Ein eigenes gerichtliches System hinsichtlich der Rechte des geistigen Eigentums haben die WTO-Mitglieder aber nicht zu errichten (Abs. 5).
Absatz 2 bestimmt, dass die Durchsetzungsverfahren fair und gerecht sein müssen. Dazu gehören nach Art. 42 TRIPS zum Beispiel die mögliche Vertretung der Parteien durch einen unabhängigen Anwalt und die Gestattung der Begründung der Ansprüche (rechtliches Gehör). Vorgaben zu Beweismitteln enthält Art. 43 TRIPS.
Artikel 47 TRIPS sieht die Möglichkeit eines Auskunftsrechts der Rechtsinhaber vor: Der Verletze soll abhängig von der Schwere der Verletzung Auskunft über die Identität an Herstellung und Vertrieb beteiligter Dritter sowie die Vertriebswege erteilen müssen.
Um mutmaßliche Verletzungen von geistigem Eigentum schnell aufzuhalten, gibt Art. 50 TRIPS Voraussetzungen für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen vor.
Mögliche Rechtsfolgen bei IP-Verletzungen
Die Gerichte müssen nach dem nationalen Recht folgende drei Sanktionsmöglichkeiten haben: Unterlassungsanordnung (Art. 44 TRIPS), Schadensersatz (Art. 45 TRIPS) und sonstige Rechtsbehelfe (Art. 46 TRIPS).
Mit einer Unterlassungsanordnung etwa soll insbesondere verhindert werden, dass importierte Waren, die Rechte des geistigen Eigentums verletzen, nach der Zollfreigabe auf den inländischen Markt gelangen.
"Angemessener" Schadensersatz soll in Fällen der Kenntnis oder des Kennenmüssens um die Verletzungshandlung angeordnet werden können (Art. 45 Abs. 1 TRIPS). Auch Anwaltskosten sollen gemäß Absatz 2 in angemessener Höhe zu erstatten sein. Vorgaben zur Bestimmung dieser "Angemessenheit" macht TRIPS den nationalen Rechtsordnungen dabei allerdings nicht.
Als Sanktion können WTO-Mitglieder die Höhe des möglichen gesetzlichen Schadensersatzes selbst festlegen. Teilweise wird in nationalen Gesetzen auch sogenannter Strafschadensersatz vorgesehen. Siehe dazu zum Beispiel die Entwicklungen im chinesischen Recht: GTAI-Rechtsbericht.
Ferner ist zum Beispiel auch die Anordnung der Vernichtung der rechtsverletzenden Waren (Piraterieprodukte) grundsätzlich gestattet (Art. 46 TRIPS). Dies soll vor allem der Abschreckung von Verletzungen dienen. Die rechtswidrig angebrachte Marke von nachgeahmten Markenprodukten zu entfernen, soll nicht ausreichen, um diese in den Vertrieb zu bringen.
Schließlich sollen die WTO-Mitglieder nach Art. 61 TRIPS Strafverfahren vorsehen zumindest in Bezug auf Fälle vorsätzlicher Nachahmung von Markenwaren oder vorsätzlicher unerlaubter Herstellung urheberrechtlich geschützter Waren "in gewerbsmäßigem Umfang". Dabei soll auch die Umsetzung entsprechender Vorschriften in der Praxis in Betracht gezogen werden. Die Strafen sollen zur Abschreckung ausreichen. Auch für andere Fälle sind Straftatbestände möglich.
Weitere Maßnahmen der Zusammenarbeit
Mit besonderen Maßnahmen zur Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums an der Grenze, also bei der Einfuhr von nachgeahmten Waren, befassen sich die Art. 51 bis 60 TRIPS. Dabei geht es insbesondere um die Zusammenarbeit des Rechtsinhabers mit den Zollbehörden. Zumindest sollen solche Verfahrensbestimmungen hinsichtlich nachgeahmter Markenwaren und unerlaubt hergestellter urheberrechtlich geschützter Waren aufgestellt werden. Dies können auch Bestimmungen zu einem Vorgehen von Amts wegen sein (Art. 58 TRIPS).
Außerdem bestimmt Art. 69 TRIPS, dass die WTO-Mitglieder mit dem Ziel zusammenarbeiten, den internationalen Handel mit rechtsverletzenden Waren zu beseitigen. Dazu sind sie zum Informationsaustausch über diesen bereit und fördern insbesondere die Zusammenarbeit mit den Zollbehörden bezüglich des Handels mit nachgeahmten Waren.
Im Hinblick auf diese internationale Zusammenarbeit zur Beseitigung des internationalen Handels mit rechtsverletzenden Waren errichten die WTO-Mitglieder Kontaktstellen, die notifiziert werden. Welche Stellen dies in Deutschland sind, kann der WTO-Website entnommen werden.