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Wirtschaftsumfeld
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Wirtschaftsausblick | Zypern
Die Energiekrise, Inflation und der Ukrainekrieg machen der Wirtschaft zu schaffen. Konsum und Tourismus setzen nur schwache Impulse. Die Erdgasexploration schreitet voran.
20.01.2023
Von Michaela Balis | Nikosia
Nach dem erwarteten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) real um 5,6 Prozent im Jahr 2022 lässt die Dynamik der zyprischen Wirtschaft 2023 deutlich nach. In ihrer Herbstprognose 2022 geht die Europäische Kommission davon aus, dass das BIP 2023 nur um 1 Prozent steigt. Gleichzeitig verringert sich aber auch die Inflation. Nach 8 Prozent im Jahr 2022 soll sie 2023 auf 4,5 Prozent zurückgehen.
Die zyprische Regierung unterstützt die Bevölkerung dabei, die hohen Energiepreise finanziell auszugleichen. Außerdem hat sie die Gehälter, vorrangig im öffentlichen Dienst, um eine Teuerungszulage erhöht. Durch diese Maßnahmen werden positive Entwicklungen für den Konsum und das Wachstum erwartet.
Die Entwicklung im für Zypern wichtigen Tourismus hängt 2023 vorrangig von der wirtschaftlichen Lage der Herkunftsländer ab. Die Ergebnisse des Jahres 2022 stimmen positiv. Zunächst bestanden große Sorgen, zumal russische Touristen im Jahr 2019 etwa ein Drittel aller ausländischen Gäste ausmachten.
Am 5. Februar 2023 finden in Zypern die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende konservative Präsident Nikos Anastasiadis wird nicht wieder kandidieren. Die Wahlumfragen sprechen für den konservativen ehemaligen Außenminister Nikos Christodoulidis als potenziellen neuen Staatschef. Der neue Präsident dürfte voraussichtlich die Politik seines Vorgängers fortführen.
Indikator | 2021 | 2022* | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. Euro) | 24,0 | 26,5 | 4.263 |
BIP pro Kopf (Euro) | 26.700 | 28.900 | 51.238 |
Bevölkerung (Mio.) | 0,9 | 0,9 | 83,2 |
Ein wichtiger Faktor für die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist der Fortgang der Öl- und Gasexploration in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Zyperns, in der große Vorkommen vermutet werden. Das französisch-italienische Konsortium Total-Eni hat im Mai 2022 mit den Bohrungen im Erdgasfeld 6 begonnen. Das Joint Venture aus dem US-Konzern ExxonMobil und Qatar Energy führt seine seismischen Forschungen in den Feldern 5 und 10 fort. Der US-Energieriese Chevron will mit der Erdgaserkundung im Feld Aphrodite beginnen.
Doch die Spannungen mit dem Nachbarland Türkei halten an – sei es direkt oder indirekt über das Nachbar- und Partnerland Griechenland. Des Weiteren erhebt die Türkei Ansprüche auf die potenziellen Erdgasvorkommen in der zyprischen AWZ.
Bei den Bruttoanlageinvestitionen erwartet die EU-Kommission in ihrer Herbstprognose 2022 für das Jahr 2023 einen moderaten Rückgang real um 0,7 Prozent. Hohe Baustoff- und Energiepreise dürften die Unternehmen von Investitionen abhalten. Hoffnung besteht dank der EU-Fördermittel. Zypern erhält rund 1,1 Milliarden Euro aus dem EU-Aufbau- und Resilienzplan 2021-2027.
Rund 40 Prozent der EU-Mittel für Zypern werden in "grüne" Investitionen und etwa 23 Prozent in Projekte für die digitale Transformation fließen. Für die Realisierung der Vorhaben sollen weitere 1,4 Milliarden Euro an privatem Kapital mobilisiert werden. Zusätzlich kommen Zypern 959 Millionen Euro aus der EU-Partnerschaftsvereinbarung 2021-2027 zugute.
Projektbezeichnung | Investition | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
EastMed Pipeline | 7.000 | Studien, noch keine Entscheidung über Investitionstätigkeit | IGI Poseidon |
EuroAfrica Interconnector | 2.500 | Absichtsabkommen zwischen Ägypten, Zypern und Griechenland unterzeichnet; geplante Fertigstellung des Abschnitts Ägypten-Zypern: 2023 | |
EuroAsia Interconnector | 1.500 | Genehmigungen erteilt; Beginn Bauarbeiten: 2022, Inbetriebnahme: voraussichtlich 2028 | |
Neuer Hafen und Marina von Larnaca | 1.000 | Baubeginn: 2022 | Kition Ocean Holding; Zyprisches Ministerium für Transporte, Kommunikation und Projekte |
Integriertes Casinoresort in Limassol | 600 | Im Bau; Fertigstellung im 2. Quartal 2023 | |
Neuer Handelshafen in Vassiliko | 250 | Fertigstellung im Laufe 2023 | |
Neues Zyprisches Museum Nikosia | 144 | Potenzielle Auftragnehmer: Iacovou-Cyfield Joint Venture & Atlas-Cybarco-Man JV; Fertigstellung bis 2027 | Zyprisches Ministerium für Transporte, Kommunikation und Projekte (Abteilung für öffentliche Projekte) |
Neues Gerichtsgebäude Nikosia | 93 | Auftragnehmer Anfang 2023 erwartet | |
Autobahn Pafos-Chrysochous | 89 | Fertigstellung bis 2024; Auftragnehmer: Intrakat | Zyprisches Ministerium für Transporte, Kommunikation und Projekte (Abteilung für Öffentliche Projekte); Intrakat |
Autobahn Astromeritis-Evrichou | 89 | Geplanter Baubeginn: 2023 | Zyprisches Ministerium für Transporte, Kommunikation und Projekte (Abteilung für öffentliche Projekte) |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die Länderseite Zypern von Germany Trade & Invest in den Rubriken "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".
Für 2023 prognostiziert die EU-Kommission eine Zunahme des privaten Konsums real um 1,2 Prozent. Unsicherheit und Inflation lassen Verbraucher kürzertreten. Mit einer Senkung der Sonderverbrauchsteuer auf Strom und Brennstoffe, die zunächst bis Mitte Januar 2023 verlängert wurde, kommt die zyprische Regierung den Haushalten entgegen. Positiv stimmt die Einführung eines monatlichen Bruttomindestlohns in Höhe von 940 Euro ab dem 1. Januar 2023. Die Teuerungszulage, sprich die Anpassung der Löhne an die Inflation, liegt für 2023 bei 2,25 Prozent. Davon profitieren Beamte und einige Angestellte des privaten Sektors.
Der Anteil notleidender Kredite an den gesamten Krediten liegt seit Ende 2021 bei rund 11 Prozent. Die durchschnittlichen Zinsen für Unternehmenskredite bis zu 1 Million Euro stiegen im November 2022 auf 4,52 Prozent, gegenüber 3,24 Prozent im entsprechenden Vorjahresmonat. Die Inflation sowie die Energie- und Rohstoffkrise lassen einen erneuten Anstieg befürchten, so die zyprische Nationalbank.
Die zyprischen Im- und Exporte von Waren werden laut EU-Prognosen im Jahr 2023 um 6,7 Prozent respektive um 7,3 Prozent zunehmen. Ein Viertel der zyprischen Einfuhren entfiel in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 auf Erdölprodukte, da das Land zur Stromerzeugung von Ölimporten abhängig ist. Rund 20 Prozent fallen unter Transportausrüstung, insbesondere Wasser- und Kraftfahrzeuge. Aus Deutschland bezieht Zypern vorrangig Kfz, Wasserfahrzeuge, Tanker, Maschinen sowie medizinische und pharmazeutische Produkte. Etwa ein Fünftel der zyprischen Kfz-Importe im Zeitraum Januar bis September 2022 stammten aus Deutschland.
Griechenland war in den ersten neun Monaten 2022 mit einem Anteil von rund 18 Prozent wichtigster Handelspartner Zyperns, gefolgt von Italien. Deutschland wurde von Israel und China vom dritten auf den fünften Platz verdrängt. Das lag an dem enormen, preisbedingten Zuwachs der Importe von Erdölprodukten aus Israel sowie an der Lieferung von Tankern und anderen Schiffen aus China.
Jan.-Okt. 2021 | Jan.-Okt. 2022 | Veränderung | |
---|---|---|---|
Importe (cif) | 7.008 | 9.547 | 36,2 |
Exporte (fob) | 2.593 | 3.198 | 23,3 |