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Branchen | Japan | Wasserfahrzeuge

Umbruch in der Schiffsbranche eröffnet neue Chancen

Japan will im globalen Schiffbau weiterhin eine große Rolle spielen. Die Regierung hat im Mai 2021 ein Gesetz in Kraft gesetzt, das die Branche unterstützen soll.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

Japans Schiffbau soll bis 2025 ein Produktionsvolumen von 18 Millionen Bruttotonnen erreichen, so die Zielmarke des zuständigen Branchenministeriums MLIT (Ministry of Land, Transport, Infrastructure and Tourism). Die Fertigstellung von Schiffen lag von 2015 bis 2019 im Durchschnitt bei 14 Millionen Tonnen.

Insbesondere das Jahr 2020 war ein sehr schwieriges Jahr für den weltweit drittgrößten Schiffsproduzenten. Denn die neu in Auftrag gegebenen Schiffskapazitäten brachen gegenüber 2019 um mehr als die Hälfe auf 3,7 Millionen Bruttotonnen ein, deutlich stärker als bei den Konkurrenten China und Südkorea. 

Aufträge für neue Schiffe nach größten Produktionsländern *)

Produktionsland

2016

2017

2018

2019

2020

Welt (in Einheiten)

1.044

1.432

1.608

1.600

1.084

 Japan

183

215

344

348

188

 Südkorea

89

170

256

215

148

 China

277

420

426

421

323

Welt (in Millionen Bruttotonnen)

18,8

43,2

50,4

44

33,4

 Japan

2,5

2,8

10,3

7,8

3,7

 Südkorea

5,8

18,5

23,1

17,4

11,9

 China

6,7

15,2

13,1

14,7

14,5

*) erfasst sind Schiffe ab einer Größe von 100 Bruttotonnen und mehrQuelle: IHS Markit “World Shipbuilding Statistics”

Aufträge nehmen 2021 sprunghaft zu

Japans Werften erlebten im ersten Halbjahr 2021 bei den Bestellungen eine Erholung. Laut Angaben der Japan Ship Exporters' Association (JSEA) stiegen die internationalen Neuaufträge der Mitgliedsfirmen im Zeitraum vom  21. Januar bis 21. Juni 2021 bereits auf 9,2 Millionen Bruttotonnen. Das war mehr als im Gesamtjahr 2020. Der Branchenverband erfasst dabei Schiffe ab 500 Bruttotonnen.

Allerdings ist der Auftragsbestand, der Ende Juni 2021 bei 352 Schiffen beziehungsweise 18,1 Millionen Bruttotonnen lag, zu einem Drittel noch im Fiskaljahr 2021 und damit bis Ende März 2022 zu liefern. Weitere 170 Schiffe sollen bis Ende März 2023 fertig gestellt sein. Für die Folgejahre sieht die Auftragslage aus dem Ausland gegenwärtig jedoch schwächer aus.

Bedarf an moderneren Schiffen wird steigen

Angetrieben von dem Ziel der Dekarbonisierung bis 2050, von angehobenen internationalen Standards im Maritimbereich und der insgesamt weiter steigenden Transportnachfrage sollte der Bedarf an neuen Schiffen grundsätzlich steigen. So hat die japanische Branche im März 2020 ein „C-Zero Konzept“ formuliert und will bis 2028 die ersten Zero-Emission-Schiffe in Betrieb nehmen.

Wasserfahrzeuge auf Basis unterschiedlicher Antriebsarten sollen weiterentwickelt werden, insbesondere solche mit synthetischem, aus LNG (Liquid Natural Gas) hergestelltem Methan. Diese Technologie kann auf eine bestehende Infrastruktur zurückgreifen. Zudem werden mit Wasserstoff und Ammoniak angetriebene Motoren entwickelt, die keinerlei Emissionen erzeugen. Die erforderliche Infrastruktur hierfür muss allerdings noch ausgebaut werden.

Mit dem „Maritime Industry Enhancement Act“ vom Mai 2021 sollen die Schiffbauindustrie, die Zulieferer und Reedereien finanzielle Unterstützung erhalten, damit sie sich modernisieren und restrukturieren können. Die Hilfen werden in Form von niedrigverzinsten Darlehen und Steuervergünstigungen geleistet.

Zwischenlösungen sind gefragt

Bis komplette Null-Emissions-Schiffe zur Verfügung stehen, greifen die Reedereien auf LNG-angetriebene Schiffe zurück. Dies bedeutet bereits eine deutliche Verringerung der Emissionen gegenüber herkömmlichem Schiffsdiesel. Beispielsweise hat die japanische Reederei NYK Line zwölf LNG-Autotransporter mit einer Ladekapazität von jeweils 7.000 Fahrzeugen bestellt, die in den Fiskaljahren 2025 bis 2028 geliefert werden sollen, meldete der Konzern Mitte Juni 2021. Mit dem Bau sind die beiden japanischen Werften Shin Kurushima Dockyard und Nihon Shipyard beauftragt. Die NYK-Flotte von mehr als 100 Autotransportschiffen soll bis 2028 ungefähr 20 LNG-Schiffe umfassen.

Auf die beiden genannten Werften greift auch die Reederei Mitsui O.S.K Lines (MOL) zurück. Sie lässt vier LNG-Autotransporter gleicher Größe bauen, so eine Unternehmensmeldung von Anfang August 2021. Ihre Flotte umweltfreundlicherer Schiffe will MOL bis 2030 auf 90 Wasserfahrzeuge mit LNG- oder Biokraftstoffantrieb ausweiten. Dazu gehören auch zwei große Gastransportschiffe (Very Large Gas Carriers), die MOL im August 2021 bei der japanischen Werft Namura Shipbuilding in Auftrag gegeben hat. Die Auslieferung ist für die Jahre 2023 und 2024 vorgesehen.

In Japan entfällt der überwiegende Teil der Schiffsproduktion auf Massengutfrachter. Zudem sind Tanker eine Stärke des Landes. Jedoch werden diese gegenwärtig deutlich weniger nachgefragt als Containerschiffe. Laut dem internationalen Branchenverband BIMCO waren in den ersten fünf Monaten 2021 weltweit zwölfmal mehr Containerschiffkapazitäten bestellt worden als im Vergleichszeitraum 2020. Das Gros der Aufträge ging zwar an Werften in China (145 Schiffe) und Südkorea (63 Schiffe). Jedoch konnte Japan immerhin 21 Schiffsbestellungen verbuchen, darunter auch sechs Mega-Containerschiffe. Für den überwiegenden Teil ist die Auslieferung für die Jahre 2023 und 2024 vorgesehen.

Japan sucht nach konkurrenzfähigen Nischen

Japans Schiffsbranche will sich in anderen Segmenten besser aufstellen. Dazu gehören Wasserfahrzeuge zur Unterstützung der Offshore-Windfarmentwicklung, die in Japan eine große Rolle spielen soll. Unter anderem will die Reederei MOL bis 2025 etwa zehn Personentransporter für den Offshorebereich zur Verfügung stellen sowie drei bis vier große Offshore-Servicevessel.

Der Schwerindustriekonzern Kawasaki Heavy Industries plant, sich zukünftig mehr auf die Entwicklung und den Bau von Transportfahrzeugen und -infrastruktur für Wasserstoff zu konzentrieren. Das erste kleine Testschiff für den Hydrogentransport ist fertig und soll noch 2021 den Betrieb zwischen Japan und Australien aufnehmen. Dieses Projekt ist Teil der Transformation der japanischen Schiffsindustrie. Um eine höhere Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen, wird die Branche sich konsolidieren müssen.

So haben seit Anfang 2021 die beiden Werften Imabari und Japan Marine United das Gemeinschaftsunternehmen Nihon Shipyard gegründet, an der Imabari mit 51 Prozent die Mehrheit hält. Nihon Shipyard soll sich auf den Verkauf und das Design von klimafreundlichen Wasserfahrzeugen, ausgenommen LNG-Tanker, konzentrieren. Der Bau wird von den jeweiligen Partnern je nach Stärke und Auslastung ausgeführt. Auf die Planung und das Design will sich auch Mitsui E&S Shipbuilding ausrichten und dabei den Schiffbau an andere Werften übertragen.

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