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Branchenstruktur

Der US-Markt ist gesättigt und konzentriert. Aldi hat sich nun mit dem US-Lieferdienst Doordash verbündet. Die geplante Fusion von Kroger und Albertsons stößt auf Widerstand.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Der Fleischsektor macht ein Viertel der heimischen Lebensmittelverarbeitung aus

Der US-Nahrungsmittelmarkt und -Lebensmitteleinzelhandel sind gekennzeichnet durch Sättigung, hohe Konzentration und starken Wettbewerb. In allen Segmenten der Nahrungsmittelindustrie sind heimische Produzenten präsent. Laut dem U.S. Census Bureau gab es in den Vereinigten Staaten im Jahr 2020 (letztverfügbare Angabe zu Redaktionsschluss) insgesamt 39.646 lebensmittel- und getränkeverarbeitende Betriebe. Das größte Segment bildet die Fleischverarbeitung (Anteil von 24 Prozent), gefolgt von der Milchwirtschaft (12 Prozent), der Getränkeindustrie (12 Prozent) und der Getreide-/Ölsaatenindustrie (10 Prozent).

Im Einzelhandel haben Discounter gegenüber Vollsortiment-Supermärkten im letzten Jahr Boden gutgemacht. Bereits 2021 war Aldi mit 88 neuen Filialen schneller gewachsen als jede andere Lebensmittelkette in den USA. Das war 2022 erneut so, auch wenn von den geplanten weiteren 150 Filialen, vornehmlich an der Golfküste, bis zum Jahresende nur etwa ein Drittel neu eröffnet wurde. Der deutsche Wettbewerber Lidl expandiert ebenfalls kräftig in den USA, aber im Osten, wo Aldi schon relativ stark vertreten ist. An der US-Ostküste betreibt Lidl bislang etwa 170 Filialen.

E-Commerce mit Lebensmitteln bleibt über die Pandemie hinaus beliebt

Onlineverkäufe machten 2022 in den USA bereits 11,2 Prozent des Gesamtumsatzes im Lebensmitteleinzelhandel aus. Im Jahr 2019 lag der Anteil erst bei 3,4 Prozent, bis 2027 sollen es knapp 14 Prozent werden. So bauen viele Einzelhandelsunternehmen zum Beispiel ihre Curbside-Pick-up-Dienste auf weitere Verkaufsstellen aus. Dabei bestellen Kunden ihre Käufe online, lassen sie sich vom Anbieter zusammenstellen und holen sie dann in einer Filiale ab. Neben Click & Collect erweitern die Unternehmen ihre Serviceangebote auch um weitere Optionen wie Drive-Through und Abholstationen.

Ende Februar 2023 hat Aldi eine neue Partnerschaft mit DoorDash angekündigt. Der US-Lieferdienst soll die On-Demand-Lieferung von Lebensmitteln an fast allen Aldi-Standorten in 38 US-Bundesstaaten übernehmen. Damit gerät der Wettbewerber Instacart unter Druck, der seit 2017 Aldi-Produkte in den USA ausliefert. Wie das Handelsblatt berichtet, plant Aldi dort eine eigene Bestellplattform für frische Lebensmittel. Online verkauft die Discounterkette in den USA bisher Artikel nur über eine Seite von Instacart.

Für viele dieser Dienste werden kleine, flexible Lager benötigt, die als Versorgungszentren für die letzte Meile dienen. Handelsketten bauen zu diesem Zweck Ladenflächen um, wobei sie zunehmend auf Künstliche Intelligenz (KI) und Robotik setzen.

Für zwei deutsche Start-ups, die vom pandemiebedingten Boom der Just-in-Time-Lieferdienste vor allem in großen US-Metropolen profitieren wollten, erwies sich der Trend dagegen als kurzfristig: Jokr hat seine Niederlassungen in New York und Boston Ende Juni 2022 wieder geschlossen, und auch Gorillas legte seine Wachstumspläne für die USA vorerst auf Eis.

Konsolidierung könnte gegen Ende 2023 wieder an Fahrt aufnehmen

Strategische und Finanzinvestoren halten sich angesichts gestiegener Zinsen, anhaltend hoher Inflation und volatiler Kurse börsennotierter Unternehmen weitgehend zurück. Um ihre Gewinnspannen aufrechtzuerhalten, versuchen die Unternehmen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie weiterhin, höhere Inputkosten durch Preiserhöhungen auszugleichen.

Die geplante Fusion von Kroger und Albertsons im Wert von 24,6 Milliarden US-Dollar (US$) stößt auf Gegenwind: Einige US-Bundesstaaten haben eine kartellrechtliche Untersuchung eingeleitet, auch Verbraucherschutzverbände und Gewerkschaften wollen den Zusammenschluss verhindern. Sie fürchten, dass dann viele Geschäfte geschlossen und Preise für Lebensmittel nochmals erhöht werden. Die Vereinbarung zwischen zwei der größten Supermarktketten der USA - zu denen Marken wie Ralphs, Mariano's, Fred Meyer, Safeway und Vons gehören - würde dem fusionierten Unternehmen die Kontrolle über fast ein Fünftel des US-Lebensmittelmarktes mit rund 5.000 Geschäften in 48 Bundesstaaten verschaffen.

Die nächste US Farm Bill kann ein wegweisendes Klimagesetz werden

Inwieweit sich das 2023 wieder zur Verabschiedung anstehende US-Bundesgesetz über die Landwirtschaft (Farm Bill) auf den Sektor auswirken könnte, lässt sich noch nicht sagen. Das umfassende Gesetz besteht aus zwölf Titeln, unter anderem über Rohstoffprogramme, Handel, ländliche Entwicklung, Agrarkredite, Naturschutz, Agrarforschung, Nahrungsmittelhilfe- und Ernährungsprogramme.

Allein die Ernährungsprogramme machen in der Regel drei Viertel des Farm-Bill-Budgets aus. Diesmal aber setzen sich immer mehr Umweltschutzgruppen und Agrarverbände im US-Kongress dafür ein, dass der kommende Entwurf vielmehr ein neues, historisches Klimagesetz wird: Sie wollen unter anderem, dass Ackerland stärker in Flächen umgewandelt wird, die der Atmosphäre Kohlenstoff entziehen können. Zudem fordern Klimaschützende mehr Investitionen in Forschung und Technologie sowie lokale Feldversuche, damit Landwirte auch überwachen können, wie viel Kohlenstoff ihre Felder dauerhaft binden.

Produktion ausgewählter Nahrungsmittel und Getränke in den USA (Veränderung in Prozent gegenüber Vorjahresperiode)

Sparte

Jahr

Veränderung

Fleisch

2022

0,7

Milch

2022

0,2

Weizen

20221

0,2

kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke

20222

-1,9

Bier

2022

3,1

Fruchtsäfte

2022

1,3

1) Juni 2021 bis Mai 2022 im Vergleich zu Juni 2020 bis Mai 2021, 2) Veränderung des Absatzvolumens (keine Angabe zur Produktion)Quelle: United States Department of Agriculture (USDA), IBISWorld, Brewers Association 2023

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