Teilemangel kann auch 2023 das Kfz-Angebot bremsen, hartnäckige Inflation die private Nachfrage. In Firmenflotten kommen langsam E-Autos ins Spiel - obwohl direkte Förderung fehlt.
Flottenmanager achten stärker auf den Preis
Tschechiens Autoproduktion hat sich 2022 positiv entwickelt. Doch gab und gibt es Störungen in den Lieferketten. Das zeigten im Februar 2023 Unterbrechungen im Werk von Toyota in Kolín sowie reduzierte Schichten bei Škoda Auto. Dieser Trend kann den Neuwagenmarkt auf der Angebotsseite weiterhin negativ beeinflussen was Verfügbarkeit und Lieferfristen angeht.
Der Anteil der von privater Hand registrierten Neuwagen hat sich leicht auf 27 Prozent erhöht. Mit 73 Prozent aber dominieren in Tschechien die gewerblichen Halter deutlich stärker als in Deutschland.
Die leichte Rezession, in die die Volkswirtschaft im 2. Halbjahr 2022 fiel, und bestenfalls stagnierende Erwartungen für 2023 haben die Flottenmanager vorsichtiger gemacht. Das ergab die Umfrage Fleet Survey 2022 der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. Der Preis ist als Hauptkriterium noch wichtiger geworden und für 83 Prozent der befragten Firmen bei der Anschaffung maßgeblich. Gleichzeitig lässt sich eine wachsende Bereitschaft zur Elektromobilität erkennen. So planen 15 Prozent der befragten Firmen, in den nächsten drei Jahren Elektroautos anzuschaffen. Weitere 20 Prozent erwägen dies in den kommenden fünf Jahren.
Diese Tendenz spiegelt der Markt. Die Registrierung neuer batterieelektrischer Pkw (BEV) hat 2022 um 47 Prozent auf 3.892 Einheiten zugenommen. Ihr Anteil am Neuwagenmarkt erreicht damit aber erst 2 Prozent. EU-weit sind es 12,1 Prozent, wie Zahlen des Europäischen Verbands der Automobilhersteller ACEA zeigen. Die Plug-in-Hybride (PHEV) stellen in Tschechien 1,9 Prozent, im EU-Schnitt 9,4 Prozent.
Aktuelle Förderung der Elektromobilität
Positiv wirkt sich aus, dass das Umweltministerium 2022 mit Mitteln aus dem Nationalen Aufbauplan einen Förderaufruf Ökomobilität über 600 Millionen Tschechische Kronen (umgerechnet rund 25 Millionen Euro) eröffnete. Er läuft bis 15. Dezember 2023 oder vorheriger Ausschöpfung. Anträge stellen können Kommunen, Regionen, öffentliche Firmen, Institutionen, Forschungseinrichtungen, aber auch Kirchen und Hilfsorganisationen. Unterstützt werden der Kauf oder das finanzielle Leasing von E-Autos und anderen elektrischen Fahrzeugen sowie Wasserstoff-Pkw. Mindestens 1.485 Fahrzeuge und 200 Ladestationen sollen so bezuschusst werden.
Keine direkten Hilfen für private Käufer und Unternehmen
Anders als zunächst erwartet, gab es für private Unternehmen 2022 keine Fördermittel bei der Anschaffung von E-Autos. Tschechien gehört also weiterhin zu den EU-Ländern ohne direkte Hilfen für private Käufer und Firmen. Indirekt aber kam es zu einer Verbesserung: Bei der Privatnutzung von Dienstwagen mit emissionsarmem Antrieb wurde die steuerliche Bemessungsgrundlage zur Berechnung des geldwerten Vorteils gesenkt.
Mit oder ohne Förderung sind emissionsarme Fahrzeuge für die Mehrheit tschechischer Familien unerschwinglich. Zwar stieg der monatliche Bruttolohn auch 2022 nominal. Er betrug im 3. Quartal umgerechnet 1.622 Euro, ein Durchschnitt, den ein Großteil der Arbeitenden aber gar nicht erreicht. Wegen der hohen Inflation verloren die Löhne an Wert. Das wird bei einer prognostizierten Inflation von gut 10 Prozent auch 2023 erwartet.
Angesichts der Einkommensverhältnisse kommt es bei der Durchsetzung der Elektromobilität auf die Unternehmen an. Wie das Zentrum für Verkehrsforschung mitteilte, sind 77 Prozent der über 14.300 in Tschechien angemeldeten BEV (Kategorie M1) auf Firmen angemeldet. Ihre Zahl hat 2022 um über 5.000 E-Autos zugenommen. Insgesamt fahren gut 23.800 batterieelektrische Fahrzeuge auf Tschechiens Straßen – auch weil neben dem Neuwagenmarkt der Gebrauchtwagenhandel mit E-Autos in Bewegung kommt.
Netz der Ladestationen wird immer dichter
Dabei finden ihre Fahrer immer öfter einen Ladepunkt. Für private Bauherren werden Ladestationen im Rahmen des Gebäudeenergieeffizienzprogramms Nová zelená úsporám mit 6 Millionen Euro aus dem Nationalen Aufbauplan gefördert. Dieser sieht für Firmen 12 Millionen Euro für Ladestationen vor. Auch indirekt gibt es einen Anreiz: Für Firmen wurde die Abschreibung von Ladeinfrastruktur von zehn auf fünf Jahre verkürzt.
Energieunternehmen sind die größten Betreiber der Ladeinfrastruktur und können am wachsenden Stromabsatz die Elektromobilität buchstäblich aufleben sehen. Kopf an Kopf lagen im Januar 2023 die Stromgesellschaften ČEZ und PRE mit je 500 Ladestationen. Der Trend geht zu ultraschnellen Ladehubs, auch bei den Expansionsplänen von E.ON und Innogy.
Der Nationale Aktionsplan für saubere Mobilität sieht vor, 35.000 Ladepunkte bis 2030 zu schaffen. In nur zwei Jahren hat sich die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladestationen auf 1.364 Stück verdoppelt (Stand Ende 2022). Sie bieten 2.643 Ladepunkte. Darunter finden sich erste in intelligenten Prager Straßenlampen. Die Hauptstadt will über Konzessionen bis 2025 rund 750 Ladestationen in Betrieb haben. Bis 2030 sollen es 4.500 Stück sein.
Erneuerungstakt lässt zu wünschen übrig
Das Durchschnittsalter der über 6,4 Millionen im Land zugelassenen Pkw erreichte 2022 gut 15,9 Jahre. Dieser Bestand ist laut SDA in nur drei Jahren um ein ganzes Jahr gealtert. ACEA zufolge hatte Tschechien bereits 2020 einen der ältesten Fuhrparks in der EU.
Ein Grund ist die ungehinderte Einfuhr alter Gebrauchtwagen. Eine Straßensteuer, über die sich staatlich ein gewisser Standard beeinflussen ließe, existierte nur für gewerbliche Fahrzeuge. Sie ist wegen der Energiekrise und Kraftstoff-Preisschocks 2022 für Pkw, Busse und Lkw bis 12 Tonnen abgeschafft und für weitere Fahrzeuge wesentlich gesenkt worden. Das gilt weiterhin.
Die Ökosteuer, die in Gestalt von Abgasgebühren bei Besitzerwechsel fällig wird, ist veraltet. Sie stammt aus dem Jahr 2008 und betrifft nur die Schadstoffstandards Euro 1 und Euro 2. Der Verband der Autoimporteure setzt sich für eine Novelle der Parameter ein, damit nicht mehr so viele umweltschädliche Jahrgänge ins Land kommen.
(Stand Februar 2023)
Von Miriam Neubert
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Prag