Special | Japan | Lieferketten
Japan ist wichtiger Lieferant von automobilen Displays
Die Kfz- und Kfz-Teile-Industrie ist in Japan wie auch in Deutschland eine Schlüsselbranche. Beim gegenseitigen Handel von Kfz-Teilen stellt Elektrik den größten Posten dar.
15.04.2021
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Japans Autobauer gehören weltweit zu den führenden Produzenten. Immerhin machen sie 30 Prozent der globalen Kfz-Herstellung aus. Sie haben sehr umfangreiche Lieferketten, die sich auf die wichtigsten Produktionsstandorte und -regionen in Südostasien, China, Mexiko, die USA und Europa verteilen. In dem Netzwerk ist Deutschland nur ein kleiner Punkt auf der Landkarte. Auch aus deutscher Sicht fallen japanische Zulieferungen bislang kaum ins Gewicht. Mit der zunehmenden Elektrifizierung in der Automobilbranche könnte sich das ändern.
Japan liefert vor allem Elektrik und immer mehr Akkus
Laut verfügbarer Zahlen der Japan Auto Parts Industries Association (JAPIA) von 2018 exportierte Japan weltweit Kfz-Teile für 58,1 Milliarden US-Dollar (US$). Davon gingen Branchenprodukte im Wert von 1,3 Milliarden US$ nach Deutschland, was einem Anteil von 2,2 Prozent entspricht. Aus Japan bezieht Deutschland hauptsächlich Kfz-Elektrik sowie Fahrgestelle, Karosserien und Stoßstangen. Andere Segmente sind volumen- und wertmäßig vernachlässigbar.
Ein Wachstum ist beim japanischen Lieferwert von Lithium-Ionen-Batterien (HS 8507.60) zu verzeichnen, die sowohl in E-Fahrzeugen als auch in Medizintechnik und Heimelektronik verbaut werden. Ihr Lieferwert nach Deutschland stieg zwischen 2019 und 2020 von 113,6 Millionen US$ auf 126 Millionen US$. Vor allem die in Deutschland steigenden Zulassungszahlen von Hybridfahrzeugen werden den Bedarf an Originalprodukten wie auch an Ersatzbatterien weiter anschieben.
Bei Kfz-Elektrik stiegen die deutschen Importe aus Japan zwischen 2010 und 2019 deutlich. Da kein japanischer Kfz-Hersteller in Deutschland produziert, sind die gelieferten Teile entweder für den Markt für Service- und Ersatzteile bestimmt oder sie gehen direkt an Kfz-Produzenten oder Zulieferer in Deutschland.
Deutsche Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile aus Japan (in Mio. Euro, Veränderung in Prozent)
2010 | 2019 | Veränderung 2019/2010 | |
---|---|---|---|
SITC 778.3 Kfz-Elektrik | 251,4 | 430,8 | 71,4 |
SITC 784 Fahrgestelle, Karosserien, Stoßstangen etc. | 458,3 | 383,0 | -16,4 |
SITC 773.13 Zündkabelsätze | 0,9 | 2,8 | 202,4 |
SITC 713.2 Verbrennungsmotoren | 69,4 | 4,3 | -93,9 |
Summe | 820,9 | 780 | -5,2 |
Bedarf an Kfz-Elektrik wird steigen
Der After-Markt, also der Markt für Service- und Ersatzteile, ist überschaubar. Insgesamt lieferte Japan im Jahr 2010 etwas mehr als 118.000 Fahrzeuge (Pkw, Lkw und Busse) nach Deutschland. Die Zahl erhöhte sich bis 2019 auf rund 141.500 Einheiten. Damit bleibt der Anteil japanischer Marken auf dem deutschen Kfz-Markt mit 2,3 Prozent im Jahr 2019 vergleichsweise gering. Toyota ist zusammen mit seiner Luxusmarke Lexus die mit deutlichem Abstand stärkste japanische Marke auf deutschen Straßen.
Der allgemeine Trend zu mehr Elektrifizierung in der Automobilbranche wie auch die höhere Nachfrage nach Hybridfahrzeugen führen dazu, dass Japans als Elektrik-Zulieferer für Deutschland an Bedeutung gewinnt. Zu den wichtigsten Teilelieferanten zählen Hersteller wie Denso, Hitachi, Nidec und Renesas. Sie liefern Ersatzteile für japanische Automarken oder Komponenten an deutsche Systemhersteller, die diese dann in deutschen Fahrzeugen verbauen. Beispielsweise gehören bei neuen automobilen Displays Firmen wie Japan Display, Panasonic, Yazaki und Denso zu den führenden Herstellern und Lieferanten auch für deutsche Automobilanbieter.
Japans Kfz-Teile-Hersteller veröffentlichen keine detaillierten Angaben über Lieferungen in die einzelnen europäischen Länder. Aber beim größten japanischen Kfz-Teile-Erzeuger Denso beispielsweise ist in der Region Europa der Absatz zwischen 2010 und 2019 auf Yen-Basis um ein Drittel auf umgerechnet 5,7 Milliarden US$ gestiegen.
Kundennähe ist ein Muss
Bei den in Japan vertretenen deutschen Kfz-Teile-Anbietern, die teilweise in Japan produzieren, fallen Exporte nach Deutschland kaum ins Gewicht. Unternehmen wie Bosch, Continental, Schaeffler etc. sind in Japan präsent, um die japanischen Markenhersteller oder Systemanbieter vor Ort zu bedienen. Sie sind zum Teil seit langem in Japan aktiv, weil wichtige Kunden hier sitzen und weil der japanische Markt mit einem Volumen von jährlich 5 Millionen verkauften Fahrzeugen attraktiv ist. Sie beliefern nicht nur die japanischen Original Equipment Manufacturers (OEM) vor Ort, sondern aus Japan heraus auch Produktionsstandorte im Ausland.
Umgekehrt haben japanische Teile-Lieferanten in Deutschland Verkaufs-, Distributions- und Entwicklungszentren, um mit deutschen Automobilherstellern und Systemlieferanten bei der Produktentwicklung zu kooperieren. Da die deutschen Hersteller auf Elektromobilität umschwenken, sieht beispielsweise der Elektromotorhersteller Nidec gute Lieferchancen in Deutschland und will durch Unternehmensaufkäufe und neue Produktionsstätten in Europa seine Präsenz erhöhen.
Resilientes Liefernetz als Vorbild
Von den Lieferkettenproblemen, die viele Automobilhersteller weltweit während der Corona-Pandemie spüren, sind japanische Automobilfirmen weniger betroffen. Sie sind stärker auf außergewöhnliche Umstände wie Naturkatastrophen vorbereitet. Toyota als die weitaus wichtigste Automobilgruppe in Japan und der im Jahr 2020 größte Automobilhersteller der Welt hat ein ausgefeiltes Netzwerk von Lieferanten. Der Tier 1-Bereich an Kfz-Teile-Lieferanten umfasste 2019 laut Unternehmensangaben in Japan 455 und weltweit 3.150 Firmen. Für Ausrüstung, Logistik und andere Dienste kamen 897 beziehungsweise 3.150 Firmen hinzu.
Um seine umfangreiche Lieferkette managen zu können, hat das Unternehmen ein eigenes Informationsnetz für die Tier 1- bis Tier 3-Zulieferanten namens RESCUE aufgesetzt. Dieses visualisiert die Risiken von Engpässen und Ausfällen. Bei den Lieferanten ist eine gewisse Lagerhaltung vorgeschrieben. So kann Toyota zumindest teilweise einem Mangel an kritischen Teilen vorbeugen. Das dürfte ein Grund dafür sein, weshalb das Unternehmen 2021 vom weltweiten Engpass im Halbleiterbereich weit weniger betroffen war als andere Hersteller. Zusammen mit anderen japanischen Firmen versucht Toyota, das Angebot an kritischen Bauteilen und Rohstoffen, wie vor allem für Lithium-Ionen-Batterien als ein Schlüsselprodukt der Elektrifizierung, sicherzustellen.
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