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Recht kompakt | Singapur | Rechtsverfolgung

Singapur: Rechtsverfolgung

Die Zivilgerichtsbarkeit unterteilt sich unter anderem in die Subordinate Courts und den Supreme Court of Judicature. Anwaltszwang besteht nur für juristische Personen.

Von Julia Merle, Delia Leitner, Robert Herzner, Frauke Schmitz-Bauerdick

Zivilgerichtsbarkeit

Diese ist unterteilt in den Supreme Court of Judicature, die State Courts und die Family Justice Courts.

Zu den State Courts gehören unter anderem Magistrates´ Courts, District Courts und Small Claims Tribunals, deren erstinstanzliche Zuständigkeiten nach Streitwerten voneinander abgegrenzt werden. Das State Courts Centre for Dispute Resolution (SCCDR) bietet zudem für alle bei den State Courts anhängigen Verfahren die Möglichkeit außergerichtlicher Streitbeilegung.

Der Supreme Court of Judicature besteht aus zwei Gerichten, dem High Court und dem Court of Appeal. Der High Court wiederum setzt sich zusammen aus der General Division und der Appellate Division. Die General Division des High Court ist in zivilgerichtlichen Verfahren ab einem Streitwert von 250.000 Singapur-Dollar ausschließlich erstinstanzlich zuständig. Die Appellate Division ist für alle zivilrechtlichen Rechtsmittel zuständig, die nicht dem Court of Appeal zugewiesen sind.

Im Jahr 2015 wurde für Rechtsstreitigkeiten mit internationalem wirtschaftlichem Bezug der Singapore International Commercial Court (SICC) eröffnet, eine dem High Court zugeordnete Sonderkammer für internationale Wirtschaftssachen (Sec. 18A ff. Supreme Court of Judicature Act 1969). Vor dieser sind auch ausländische, beim SICC für diesen Zweck registrierte Anwälte vertretungsbefugt. Die prozessualen Regeln bei Verfahren vor dem SICC können in verschiedenen Aspekten den Präferenzen der Parteien angepasst werden; so kann durch Zustimmung beider Parteien ein anderes als singapurisches Beweisrecht Anwendung finden oder die Vertraulichkeit des Verfahrens beantragt werden. Abweichungen zum Prozessrecht Singapurs ergeben sich insbesondere hinsichtlich der Vorlage von Dokumenten und Prozessunterlagen sowie den in Bezug auf ausländische Rechte zu erbringenden Nachweisen. Zudem können die Parteien bei Verfahren vor dem SICC schriftlich auf das Recht verzichten, Berufung gegen ein SICC-Urteil einzulegen oder sie können das Recht auf Berufung einschränken.

Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile

Die Anerkennung deutscher Endurteile in internationalen Zivil- oder Handelssachen über einschlägige Streitgegenstände, die aufgrund einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung zustande gekommen sind, erfolgt nach dem Choice of Court Agreements Act. Gleiches gilt für Urteile von Gerichten aller anderen Vertragsstaaten des Haager Abkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen, auf dem das Gesetz basiert. Für Urteile aus den Staaten des Commonwealth sowie dem Vereinigten Königreich sind der Reciprocal Enforcement of Commonwealth Judgments Act beziehungsweise der Reciprocal Enforcement of Foreign Judgments Act anwendbar. Die Anerkennung aller anderen Urteile ist nach den Regeln des Common Law im Wege der action for the judgment debt, also eines eigenen Gerichtsverfahrens, möglich.

Anwaltszwang und Anwaltstätigkeit

Anwaltszwang besteht nur für juristische Personen, das zuständige Gericht kann jedoch ausnahmsweise auf Antrag die Vertretung durch einen officer der juristischen Person erlauben.

Die Höhe des Anwaltshonorars richtet sich meist nach Stundensatzvereinbarungen. Ausländische Anwälte können in Singapur tätig werden und Kanzleien eröffnen. Erlaubte Tätigkeitsformen sind eine Anwaltsrepräsentanz (Representative Office), Joint Law Company, eine Foreign Law Practice sowie eine Qualifying Foreign Law Practice.

Grundsätzlich ist der Tätigkeitsbereich ausländischer Anwälte auf die Beratung zum ausländischen (nicht singapurischen) Recht beschränkt, in Bezug auf Schiedsgerichtsbarkeit in Singapur kann die Beratungstätigkeit auf das Schiedsrecht Singapurs erstreckt werden. Seit dem Jahr 2011 dürfen in Singapur tätige ausländische Anwälte allerdings auch zu Fragen des singapurischen Rechts beraten. Voraussetzung ist unter anderem das Ablegen einer bislang einmal jährlich angebotenen Befähigungsprüfung, der Foreign Practitioner Examination. Bei Bestehen dieser Prüfung dürfen ausländische Anwälte in Angelegenheiten des singapurischen Wirtschafts- und Steuerrechts tätig werden und ihre Mandanten vor Gericht sowie außergerichtlich vertreten. Bereiche wie Familien- und Erbrecht sowie Verfassungs- und Verwaltungsrecht bleiben - wie bisher üblich - ausländischen Anwälten verschlossen.

Hinweis: Unter Anwälte im Ausland sind die von den deutschen Auslandsvertretungen erstellten Anwaltslisten abrufbar.

Schiedsgerichtsbarkeit

Singapur hat das unabhängige Singapore International Arbitration Centre (SIAC) gegründet, das einen international ausgezeichneten Ruf genießt. Gesetzliche Grundlage des singapurischen internationalen Schiedsrechts ist der International Arbitration Act 1994, der sich eng an die Vorgaben des UNCITRAL-Modellschiedsgesetzes anlehnt. Die Schiedsregeln von 2016 erweiterten die Kompetenzen der SIAC-Schiedsgerichtsbarkeit. So können Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien aus Vertragsverhältnissen in einem Schiedsverfahren geklärt werden. Für den Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit bei internationalen Investitionen gibt es die SIAC Investment Rules 2017.

Zudem besteht ein internationales Mediationszentrum (Singapore International Mediation Institute). Die Singapur-Konvention über Mediation (Englisch) trat am 12. September 2020 für Singapur in Kraft.

Singapur ist wie Deutschland Mitgliedstaat des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, sodass die Anerkennung und Vollstreckung deutscher Schiedssprüche unkompliziert möglich ist. Die Vollstreckung des Schiedsspruchs erfordert eine Vollstreckungsbewilligung (leave) durch den High Court. Singapur hat den Vorbehalt erklärt, wonach der Stadtstaat nur diejenigen ausländischen Schiedssprüche nach den Vorgaben der Übereinkunft anerkennen und vollstrecken wird, die im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates ergangen sind. Die Vollstreckung von Schiedssprüchen aus Staaten, die nicht Mitglied des Übereinkommens sind, unterfällt daher nationalem Schiedsrecht.

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