Special | Griechenland | EU-Förderung
Förderung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität
Bis 2026 soll Griechenland moderner und wettbewerbsfähiger werden. Die EU-Fördermittel sind genehmigt. Nun müssen die geplanten Reformen und Projekte umgesetzt werden.
10.08.2022
Von Michaela Balis | Athen
- Zusammenschluss von Unternehmen wird unterstützt
- Breites Spektrum an „grünen“ Projekten
- Griechenland setzt auf die Digitalisierung
- Agrarsektor und Tourismusbranche werden gestärkt
- Schwächen des Gesundheitswesens sollen beseitigt werden
- Große Infrastrukturprojekte sind geplant
- Realisierung der Projekte als schwierige Aufgabe
Mitte Juni 2021 billigte die Europäische Kommission den griechischen Aufbauplan über 30,5 Milliarden Euro. Davon entfallen rund 17,8 Milliarden Euro auf Zuschüsse und 12,7 Milliarden Euro auf Kredite. Insgesamt sollen etwa 26 Milliarden Euro an privatem Kapital inklusive Bankkrediten mobilisiert werden.
Laut Aussagen der griechischen Zentralbank werden 67 Prozent der Zuschüsse für die Finanzierung öffentlicher Projekte genutzt. Die restlichen 33 Prozent fließen in öffentliche Anschaffungen. Die Projekte privater Einrichtungen werden voraussichtlich über Kredite finanziert.
Neben den Geschäftsbanken, die in die Kreditvergabe involviert sind (Alpha Bank, Eurobank, National Bank of Greece, Piraeus Bank), wurden auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die Hellenische Entwicklungsbank einbezogen. Über ihre Webseiten fordern sie griechische Unternehmen dazu auf, ihre Investitionsvorhaben vorzustellen und zinsgünstige Kredite zu beantragen. Der Zinssatz wurde auf 0,35 Prozent festgelegt. Alle Ausschreibungen werden auf dem europäischen sowie auf dem griechischen Ausschreibungsportal veröffentlicht.
Zusammenschluss von Unternehmen wird unterstützt
Die Prioritäten des griechischen Aufbauplans liegen bei der Förderung nachhaltiger Energieprojekte, der Einführung digitaler Lösungen sowie der Förderung von Investitionen und Beschäftigung. Um die internationale Orientierung und die Wettbewerbsfähigkeit griechischer Unternehmen über Skaleneffekte zu unterstützen, werden Cluster, Übernahmen und Fusionen gefördert. Das eröffnet auch deutschen Unternehmen attraktive Möglichkeiten.
Breites Spektrum an „grünen“ Projekten
Etwa 38 Prozent der Fördermittel der Europäischen Union (EU) fließen in umweltorientierte Projekte. Insbesondere Energieprojekte werden stark gefördert. Demnach soll der letzte Abschnitt der Anbindung der Kykladen-Inseln an das kontinentale Stromnetz und die Modernisierung des Stromübertragungssystems mit 195 Millionen Euro bezuschusst werden.
Das bisherige Kohleabbaugebiet Westmakedonien soll zur grünen Region und einem besonders attraktiven Investitionsstandort werden. Gefördert werden unter anderem Investitionen in umweltschonende Energie, Industrie und Handel, in Smart Farming, nachhaltige Tourismusprojekte sowie in Technologie und Ausbildung.
Rund 1,7 Milliarden Euro stehen für Maßnahmen bereit, die der energieeffizienten Umgestaltung von Unternehmen, Privathäusern, öffentlicher Gebäude und der Infrastruktur dienen. Die Fördergelder begünstigen auch die Elektromobilität, die in den öffentlichen Nahverkehr eingebunden werden soll.
Griechenland setzt auf die Digitalisierung
Weitere 22 Prozent der EU-Fördermittel fließen in die digitale Transformation. Sie umfasst den Ausbau der 5G-Infrastruktur, mit einer Strecke von 2011 Kilometern auf sechs griechischen Autobahnen, digitale staatliche Dienste sowie die Einführung digitaler Lösungen in kleinen und mittleren Unternehmen. Zwischen den griechischen Inseln und dem Festland sowie zwischen Zypern und Griechenland sollen Untersee-Glasfaserkabel gelegt werden, die der Telekommunikation dienen.
Agrarsektor und Tourismusbranche werden gestärkt
Rund 600 Millionen Euro sollen die Präzisionslandwirtschaft und die ökologische Verarbeitung von Agrarprodukten unterstützen. Um die nötige Infrastruktur wie beispielsweise Mikrosatelliten zu entwickeln, die auch der Telekommunikation und der Schifffahrt zugutekommen, stehen Gelder aus dem EU-Topf bereit.
Etwa 260 Millionen Euro sind für touristische Projekte und 50 Millionen Euro für die Ausbildung im Tourismus geplant. Unter anderem sollen Häfen modernisiert werden. Weitere Sparten wie beispielsweise der Berg-, Gesundheits- und Agrotourismus sollen ebenfalls ausgebaut werden.
Schwächen des Gesundheitswesens sollen beseitigt werden
Griechischen Krankenhäusern stehen rund 317 Millionen Euro für medizintechnische Ausrüstung und die Renovierung zur Verfügung. Mit 278 Millionen Euro sollen E-Health-Anwendungen gefördert werden. Etwa 273 Millionen Euro stehen für die Verbesserung der gesundheitlichen Primärversorgung bereit. In diesem Bereich ergeben sich gute Chancen für deutsche Hersteller, zumal Deutschland der wichtigste Lieferant von Medizintechnik für Griechenland ist.
Große Infrastrukturprojekte sind geplant
Die Modernisierung des Straßennetzes unterstützt die EU mit 1,4 Milliarden Euro. Hierunter fallen der Ausbau des nördlichen Abschnitts der Autobahn E65, die nördliche Autobahnverbindung Kretas und die Athener Vorstadtbahn. Infrastrukturprojekte sollen vermehrt in Form von öffentlich-privaten Partnerschaften realisiert werden, wie beispielsweise die Modernisierung des Eisenbahnnetzes oder der Bau und die Erneuerung von Bewässerungssystemen, Dämmen und Wassertanks.
Realisierung der Projekte als schwierige Aufgabe
Der straffe Zeitplan für die Umsetzung der Maßnahmen bis 2026 stellt eine Herausforderung für das Land dar. Zunächst müssen Reformen realisiert werden, die beispielsweise den rechtlichen Rahmen für E-Ladesäulen schaffen, Steuererleichterungen für Investitionen in „grüne“ und digitale Technologien bieten und das Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien weiter vereinfachen. Mittelfristig soll auch die Bürokratie abgebaut werden. Trotz kleiner erfolgreicher Schritte bleibt auch dies eine wichtige Aufgabe.
Jedes Jahr müssen rund 6 Milliarden Euro genutzt werden. Alle sechs Monate gibt es Kontrollen seitens der EU. Kommt es zu Verzögerungen, werden Gelder gekürzt. Daneben soll der griechische Staat für die Mittel aus dem Topf der öffentlichen Investitionen aufkommen. Auch die 26 Milliarden Euro an privatem Kapital, die für Investitionen mobilisiert werden müssen, bereiten Kopfzerbrechen. Nur wenige Unternehmen sind in der Lage, Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, das Investitionsrisiko auf sich zu nehmen oder Finanzinstitute zur Vergabe entsprechender Kredite zu bewegen.