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NeuseelandCoronavirus / Konjunktur
Wirtschaftsumfeld
Special | Neuseeland | Coronavirus
Nach der Eliminierung von Covid-19 herrscht in Neuseeland normales Alltagsleben. Die Wirtschaft erholt sich schneller als erwartet. (Stand: 18. Februar 2021)
Von Heiko Stumpf | Sydney
Neuseeland konnte die lokale Ausbreitung des Coronavirus erfolgreich stoppen. Registrierte Fälle beschränken sich auf die Quarantäneeinrichtungen für Einreisende aus dem Ausland.
Zur Bekämpfung von Covid-19 arbeitet Neuseeland mit einem vierstufigen Notfallplan. Seit Oktober 2020 galt über mehrere Monate die niedrigste Stufe 1. Die Geschäftigkeit in den Innenstädten von Auckland und Wellington nahm dadurch deutlich zu, während des Weihnachtsgeschäfts waren Einkaufsstraßen und Shopping Malls belebt.
Im Februar 2021 wurde der Großraum Auckland aufgrund eines lokalen Covid-19-Ausbruchs wieder in die Stufe 3 versetzt. Der Lockdown konnte jedoch nach drei Tagen wieder aufgehoben werden, fortan gilt in Auckland die Stufe 2.
Die Einschränkungen für das wirtschaftliche und soziale Leben sind damit weitgehend aufgehoben. Alle Beschäftigten können wieder an ihre Arbeitsplätze. Einzelhandel, Restaurants, Kinos oder Museen öffnen unbeschränkt. Bei Rugbyspielen nehmen wieder Zuschauer in den Sportstadien Platz.
Warnstufe | Geltende Restriktionen (Auswahl) |
---|---|
1 | Keine Beschränkungen im Inland. Die Grenze ist für ausländische Reisende geschlossen. |
2 | Abstandsgebote von 1 bis 2 Metern im öffentlichen Raum und in Geschäften. Maximale Teilnehmerzahl bei Versammlungen und Veranstaltungen von 100 Personen. |
3 | Die eigene Wohnung darf nur aus wichtigem Grund verlassen werden, z. B. für den Gang zur Arbeit oder zum Einkaufen. Falls möglich muss Heimarbeit erfolgen. Geschäfte zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs wie Supermärkte dürfen öffnen, der restliche Einzelhandel und Restaurants dürfen aber nur kontaktlosen Abholservice anbieten. |
4 | Strenger Lockdown: Die eigene Wohnung darf nur aus wichtigem Grund verlassen werden, z. B. zum Einkaufen von Lebensmitteln und Medikamenten. Schulen und andere öffentliche Einrichtungen, Unternehmen, Einzelhandel, Restaurants etc. sind geschlossen. Ausnahmen gelten nur für Bereiche, die als essentiell eingestuft sind, wie z. B. Supermärkte, Apotheken, Gesundheitseinrichtungen, Elektrizitätswerke und Nahrungsmittel produzierende Betriebe. |
Die erfolgreiche Eindämmung des Coronavirus ist das Resultat frühzeitiger und entschlossener Pandemiemaßnahmen. Als Folge der ersten Infektionswelle hatten ab dem 26. März 2020 landesweit für rund sieben Wochen die sehr strengen Warnstufen 3 und 4 gegolten. Dies war eine der weltweit härtesten Ausgangssperren und brachte das Geschäftsleben weitgehend zum Erliegen.
Im August 2020 wurde der Großraum Auckland aufgrund eines neuen Infektionsherds kurzzeitig erneut in die Warnstufe 3 versetzt. Der Großraum mit rund 1,6 Millionen Einwohnern erwirtschaftet rund 40 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. Dabei ist Auckland nicht nur Finanzzentrum, sondern mit seinen ausgedehnten Industriegebieten auch mit Abstand wichtigster Standort für das verarbeitende Gewerbe.
Diese Shutdowns verursachten einen großen wirtschaftlichen Schaden. Im 2. Quartal 2020 brach die Wirtschaftsleistung um 11 Prozent im Vergleich zum Vorquartal ein. Da die Wirtschaft jedoch schnell wieder geöffnet werden konnte, kam es zu einer V-förmigen Erholung. Im 3. Quartal 2020 übertraf die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) die Prognosen und legte um 14 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu. Die Wirtschaftsleistung übertraf sogar das Vorjahresniveau (+0,4 Prozent gegenüber dem 3. Quartal 2019).
Vor Veröffentlichung der Zahlen für das 3. Quartal 2020 waren Experten noch von einer schleppenden Erholung ausgegangen. So erwartet die OECD für 2021 nur ein reales Wachstum von 2,7 Prozent, nach einem Einbruch von -4,8 Prozent im Jahr 2020. Die Vorhersagen der nationalen Notenbank zeigen mit einer für 2021 erwarteten BIP-Steigerung von 3,3 Prozent (nach -4,0 Prozent in 2020) eine ähnliche Tendenz.
Sofern Neuseeland von weiteren Corona-Ausbrüchen verschont bleibt, könnten diese Prognosen nun übertroffen werden. Die Geschäftsbank Westpac prognostiziert für 2021 bereits eine BIP-Steigerung von 4,5 Prozent. Als Wachstumsstütze erweist sich insbesondere der private Konsum. Die Verbraucherausgaben stiegen nach der Lockerung der Coronamaßnahmen wieder schnell auf das Vorkrisenniveau an.
Dabei hilft, dass ein deutlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit vermieden werden konnte. Im 4. Quartal 2020 lag die Erwerbslosigkeit bei 4,9 Prozent. Da in Folge des erwarteten Aufschwungs wieder viele Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten werden, wird für 2021 ein Wert von etwa 5,0 bis 5,5 Prozent erwartet.
Die erfolgreiche Pandemiebekämpfung gilt auch als ausschlaggebend für den Sieg der Labour-Partei (Labour Party) von Premierministerin Jacinda Ardern bei der Parlamentswahl im Oktober 2020. Dank einer absoluten Mehrheit der Parlamentssitze könnte die Labour Party eigentlich alleine regieren, einigte sich aber auf eine parlamentarische Zusammenarbeit mit den Grünen, welche auch zwei Ministerposten erhielten.
Zur Agenda der neuen Regierung zählen eine Anhebung der Mindestlöhne sowie höhere Steuern für Spitzenverdiener. Eine Vermögens- und Kapitalertragssteuer soll es allerdings nicht geben. Außerdem steigert die Regierung die Bemühungen im Klimaschutz. Schon 2030, früher als ursprünglich geplant, soll Neuseelands Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt werden.
Im Rahmen des im Mai 2020 vorgestellten Staatshaushalts für das Finanzjahr 2020/21 (1. Juli 2020 bis 30. Juni 2021) wurde der Covid-19 Response and Recovery Fund auf den Weg gebracht. Werden vorherige Rettungsmaßnahmen eingerechnet, hat die Regierung damit insgesamt rund 40 Milliarden US-Dollar (US$) für konjunkturbelebende Maßnahmen bewilligt. Dies entspricht in etwa 20 Prozent des BIP.
In neuen Berechnungen deutet die Regierung jedoch an, dass infolge der konjunkturellen Erholung voraussichtlich nur Mittel in Höhe von etwa 32 Milliarden US$ zur Stützung der Wirtschaft benötigt werden. Wichtige Elemente des Stimulusprogramms sind ein beschleunigter Infrastrukturausbau sowie eine Forcierung des sozialen Wohnungsbaus mit 8.000 neuen Wohneinheiten.
Die staatliche Nettoverschuldung betrug 2019 rund 20 Prozent des BIP. Nachdem in den vergangenen Jahren ein Haushaltsüberschuss erzielt werden konnte, rutscht das Budget aufgrund von Einnahmeausfällen und den krisenbedingten Maßnahmen jetzt jedoch tief ins Minus.
Das Haushaltsdefizit fällt aufgrund der in Gang kommenden wirtschaftlichen Erholung jedoch geringer aus als zunächst befürchtet. Nachdem das nationale Schatzamt für das Haushaltsjahr 2020/21 zunächst von einem Defizit in Höhe von 9,6 Prozent des BIP ausgegangen war, rechnet es nun mit einer Höhe von 6,7 Prozent des BIP. Ein Budgetüberschuss dürfte aber frühestens 2026 wieder möglich sein. Bis 2023/24 wird ein deutlicher Anstieg der staatlichen Nettoverschuldung auf etwa 50,7 Prozent des BIP erwartet.
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