Mit Kurzarbeitergeld und Liquiditätshilfen in Form von Krediten versucht die Regierung das Schlimmste zu verhindern. (Stand: 19. Oktober 2020)
Unternehmen erhalten Überbrückungskredite
Von Konkursen bedroht sind besonders Gastronomiebetriebe, Reisebüros, Veranstalter sowie die Transportbranche. Den Betrieben fehlen die Einnahmen, während die hohen Fixkosten wie Löhne, Mieten oder Versicherungen bestehen bleiben. Auch Kindertagesstätten und Landwirte geraten in eine immer prekärere Lage und werden darum teilweise vom Bund unterstützt.
Der Bundesrat hat im April 2020 die Wirtschaftshilfe für notleidende Unternehmen von ursprünglich 20 Milliarden auf mittlerweile 60 Milliarden Schweizer Franken (rund 56 Milliarden Euro) aufgestockt. Das Geld steht für Überbrückungskredite zur Verfügung. Damit soll die Liquidität von Unternehmen, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), gesichert werden. Bis Ende Mai hatten bereits 125.000 Unternehmen Kreditvereinbarungen geschlossen. Der Bund sichert Kredite bis 500.000 Franken zu 100 Prozent und Kredite zwischen 500.000 und 20 Millionen Franken zu 85 Prozent ab.
Da die praktizierte unbürokratische Kreditvergabe ein gewisses Missbrauchspotenzial birgt, will die Regierung Sicherungen einbauen: Zu Unrecht oder mehrfach beantragte Kredite sollen rasch rückgängig gemacht werden. Durch Verknüpfung von Mehrwertsteuer- und anderen Daten sollen falsche Umsatzangaben weitgehend vermieden werden.
In der Schweiz gebe es rund 500.000 KMU, wovon etwa 430.000 direkt oder indirekt von der Coronakrise betroffen sein dürften, äußerte sich Finanzminister Ueli Maurer gegenüber der Presse. Die KMU erhalten zinslose Überbrückungskredite mit fünf bis maximal siebenjähriger Laufzeit und bis zu einer Höhe von umgerechnet 475.000 Euro - höchstens aber 10 Prozent ihres Jahresumsatzes. Da der Bund für diese Kredite eine 100-prozentige Bürgschaft übernimmt, tragen die Banken kein Ausfallrisiko.
Kreditanträge können über das Eidgenössische Finanzdepartement eingereicht werden. Antragsberechtigt sind alle Unternehmen (Einzelunternehmen, Personengesellschaften oder juristische Personen) mit Sitz in der Schweiz, die wirtschaftlich erheblich von der COVID-19 Pandemie betroffen sind, die vor dem 1. März 2020 gegründet wurden und deren Jahresumsatz nicht höher als 500 Millionen Schweizer Franken liegt. Zudem darf kein COVID-19 Kreditgesuch stellen, wer bereits im Rahmen der Sofortprogramme für Sport- und Kulturveranstalter Leistungen bezogen hat.
Kurzarbeit bis zu 18 Monate möglich
Um Entlassungen aufgrund der schlechten Geschäftslage zu vermeiden, können Unternehmen Kurzarbeit anmelden und für ihre Beschäftigten eine Kurzarbeitsentschädigung (KAE). Das Kurzarbeitergeld beträgt in der Schweiz 80 Prozent des maßgeblichen Einkommens. Um die Auszahlungsverfahren der KAE zu vereinfachen, hat der Bundesrat zudem beschlossen, dass Einkommen aus einer Zwischenbeschäftigung während der Kurzarbeit nicht mehr mit der KAE verrechnet werden. Für Arbeitnehmende wird mit dieser Anpassung ein finanzieller Anreiz geschaffen, in Bereichen, die im Moment einen hohen Bedarf an Personal haben, eine Zwischenbeschäftigung anzunehmen.
Viele Unternehmen suchen zum gegenwärtigen Zeitpunkt dringend neues Personal, insbesondere im Gesundheitswesen, der Landwirtschaft oder der Logistik. Durch diese Vereinfachung des Verfahrens können die Abrechnungen für KAE schneller bearbeitet werden. Bis zum 5. April 2020 hatten schon mehr als 118.000 Unternehmen für rund 1,3 Millionen Beschäftigten KAE beantragt.
Zur Entlastung der Unternehmen hat der Bundesrat zudem die maximale Bezugsdauer von KAE bei einem Arbeitsausfall von über 85 Prozent verlängert. Ursprünglich galt eine Dauer von vier Monaten. Ab dem 1. September 2020 gilt eine Höchstbezugsdauer von 18 Monaten.
Auch Selbstständige bekommen Unterstützung
Ähnliche Regelungen gibt es für Selbstständige. Allerdings gilt dies zunächst nur für unmittelbar Betroffene, darunter
- Eltern mit Kindern unter 12 Jahren, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen, weil die Fremdbetreuung der Kinder nicht mehr gewährleistet ist;
- Personen, die wegen einer Quarantänemaßnahme ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen;
- Selbstständigerwerbende, die einen Erwerbsausfall wegen einer bundesrechtlich angeordneten Betriebsschließung oder des Veranstaltungsverbots erleiden;
- Selbstständigerwerbende Künstlerinnen und Künstler, deren Engagements wegen den Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus annulliert wurden oder die einen eigenen Event absagen mussten.
Am 16. April weitete die Regierung diese Regelung für eine Erwerbsausfallentschädigung auf weitere Personenkreise aus - rückwirkend ab 17. März:
- Eltern mit behinderten/beeinträchtigten Kindern bis 20 Jahre, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen, um ihre Kinder zu betreuen;
- Selbständigerwerbende, deren Tätigkeit erlaubt ist, die aber wegen der Auswirkungen der Corona-Maßnahmen weniger oder keine Einnahmen haben, zum Beispiel Taxifahrer oder Ärzte.
Die Entschädigung kann im Einzelfall bis zu rund 5.300 Euro pro Monat betragen.
Auf seiner Homepage informiert das Wirtschaftsministerium sehr detailliert über die aufgelegten Unterstützungsmaßnahmen.
Von Axel Simer
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