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Taipei 101, Taiwan | © Getty Images/voyata

Special | Taiwan | Wege aus der Coronakrise

Taiwans Wirtschaft wächst trotz Corona

Taiwan hat die Coronakrise medizinisch gut im Griff. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zieht weiter deutlich an und die Exporte von Elektronikkomponenten steigen zweistellig.

Von Alexander Hirschle | Taipei

  • Konjunktur und wichtigste Branchen

    Taiwans Wirtschaft wächst unbeirrt weiter. Die Wachstumsdynamik konnte 2020 aufrecht erhalten werden und soll 2021 sogar noch zulegen. (Stand: 18. Juli 2021)

    Taiwan hatte die Coronakrise medizinisch lange sehr gut im Griff. Im Mai 2021 jedoch stiegen die Fallzahlen abrupt an. Die Regierung verhängte "Krisenstufe 3", die verschiedene Einschränkungen vor allem für Dienstleistungsbereiche mit sich brachte.

    Konjunktur zieht trotz Einschränkungen an

    Als direkte Konsequenz des verhängten "Soft-Lockdowns" litten vor allem der Einzelhandel, das Tourismus- und Gastgewerbe sowie der Messe- und Veranstaltungsbereich unter einbrechender Kundschaft und rückläufigen Umsätzen. Die Arbeitslosigkeit in Taiwan stieg im Mai 2021 mit 4,1 Prozent auf ein Siebenjahreshoch und der Konsumindex zeigte deutlich nach unten. Der private Konsum soll 2021 jetzt nur noch leicht um knapp 1 Prozent zulegen, nachdem die vorhergehenden Prognosen bei einer Steigerung von knapp 3 Prozent gelegen hatten.

    Auf der anderen Seite hob die Regierung ihre Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) 2021 von zuvor 4,6 auf nunmehr 5,5 Prozent an. Weitere private Finanzinstitute zogen nach und schraubten ihre Vorhersagen für das BIP ebenfalls nach oben. Dies ist in erster Linie der anziehenden Nachfrage auf den Weltmärkten und der starken Exportentwicklung zu verdanken.

    Die taiwanischen Ausfuhren legten im 1. Halbjahr 2021 um 31 Prozent im Vergleich mit derselben Vorjahresperiode zu. Die Verschärfung der Einreisebestimmungen und lokale Covid-Regelungen beeinträchtigten die Lieferketten bisher noch nicht entscheidend. Auch die Importe zogen bis Juni um 29 Prozent stark an.

    Wachstumsdelle schnell überwunden

    Schon im vergangenen Jahr 2020 hatte sich die taiwanische Wirtschaft als eine der wachstumsstärksten im internationalen Vergleich entpuppt. Die Konjunktur konnte sich zwar zu Beginn der Coronakrise nicht gänzlich von der globalen Negativentwicklung loslösen und wies vor allem im 1. Halbjahr eine leichte Wachstumsdelle auf. Doch ab Juli pendelten sich Konsum und Lieferketten wieder ein und so wurde im Gesamtjahr eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,1 Prozent erzielt. Dies entsprach sogar einer leichten Steigerung im Vergleich mit dem Vorjahr und einer der höchsten Wachstumsraten weltweit.

    Leichter Rückgang des privaten Konsums

    Am meisten zu leiden hatte 2020 der Konsum. Im Binnenmarkt verzeichneten zu Beginn der Krise vorwiegend Hotels, Restaurants und der Einzelhandel Einbußen. Die Belegung in den Herbergen Taipeis rangierte in einigen Fällen bei weniger als 30 Prozent der Kapazitäten. Angesichts der niedrigen Ansteckungsraten füllten sich die Gaststätten und Einkaufszentren ab Juni wieder deutlich. Im Gesamtjahr 2020 ging der private Verbrauch dennoch um 2,4 Prozent zurück.

    Die Investitionen verloren im Zuge der Coronakrise an Dynamik. Nach einem starken Jahr 2019 mit einem Wachstum von 10,5 Prozent zogen die Ausrüstungsinvestitionen in Taiwan aber 2020 immerhin noch um 5,0 Prozent an, angekurbelt durch die Aktivitäten im boomenden Halbleitersektor. Die ausländischen Direktinvestitionen mussten im vergangenen Jahr jedoch ein starkes Minus von fast 20 Prozent hinnehmen, was aber im internationalen Vergleich ein immer noch respektabler Wert war. Weltweit waren die Direktinvestitionen 2020 um circa 40 Prozent eingebrochen.

    Exporte von Elektronik und Informationstechnik steigen zweistellig

    Die anfänglich befürchteten und auch zum Teil eingetretenen Unterbrechungen der Lieferketten aus China konnten schnell behoben werden. Allerdings gibt es bei einigen Produkten aus Europa seit Anfang 2021 Lieferschwierigkeiten, was auch deutsche Firmen in Taiwan betrifft.

    Der Außenhandel entwickelt sich dennoch positiv. Während weltweit die Exporte wegbrachen, verzeichnete Taiwan 2020 bei den Ausfuhren ein sattes Plus von 4,9 Prozent. Dies war eine der höchsten Steigerungen weltweit. Zurückzuführen war dies in erster Linie darauf, dass die Exporte von Informations- und Kommunikationstechnologie sowie von Elektronikkomponenten zweistellig zulegten. Im Zuge der Coronakrise wurden weltweit Produkte wie Kameras, Laptops oder Thermometer stark nachgefragt, die Taiwan in seinem Produktportfolio führt oder für die Komponenten auf der Insel hergestellt werden.

    "Traditionelle" Branchen leiden 

    Die hohen Zuwachsraten kompensierten das schwache Ergebnis vieler traditioneller Branchen, die durchaus unter der weggebrochenen globalen Nachfrage zu leiden hatten. So sanken die Exporte von Nahrungsmitteln um etwa 3 Prozent, von Maschinen um fast 7 Prozent, von Chemikalien wie auch Kunststoffen um knapp 11 Prozent sowie von Textilien sogar um 18 Prozent. 

    Die Importe wiesen 2020 nur ein leichtes Plus von 0,3 Prozent auf. Die Einfuhren aus Deutschland erhöhten sich 2020 um 8,2 Prozent und sorgten damit für eine Trendwende. In den vorangegangenen Jahren mussten deutsche Exporteure noch Marktanteile abgeben. Die deutschen Lieferungen von Maschinen nach Taiwan konnten im vergangenen Jahr sogar um 10 Prozent nach oben geschraubt werden.

    Deutsche Firmen ebenfalls betroffen

    Die Coronakrise beschäftigt auch die deutschen Firmen in Taiwan. Das Deutsche Wirtschaftsbüro Taipei (German Trade Office Taipei beziehungsweise AHK Taiwan) veröffentlichte im Februar 2021 seinen "Business Confidence Survey Report 2020". Dabei gaben fast 58 Prozent der befragten deutschen Firmen in Taiwan an, dass sie 2020 im Taiwangeschäft in Folge von Covid-19 Umsatzeinbußen zu beklagen hatten. Bei fast 33 Prozent der Unternehmen bewegten sich diese im zweistelligen Bereich. 23 Prozent spürten keinen Einfluss auf ihre Ergebnisse und knapp 20 Prozent sogar positive Auswirkungen. 

    Die Mehrzahl der deutschen Firmen in Taiwan blickt optimistisch in die nähere Zukunft. Rund 63 Prozent gehen davon aus, dass die Konjunktur 2021 anziehen oder sogar stark an Dynamik gewinnen wird. Dies entspricht dem höchsten Wert seit fünf Jahren. Der Optimismus spiegelt sich auch in den Erwartungen in Bezug auf die Geschäftsergebnisse. So rechnen etwa 90 Prozent der Firmen damit, dass sie ihre Ziele im laufenden Jahr größtenteils erreichen können.

    Von Alexander Hirschle | Taipei

  • Konjunktur- und Hilfsprogramme

    Taiwan wurde im Mai 2021 erstmals stark von Coronainfektionen heimgesucht. Die Regierung weitete ihre Hilfe daher aus. (Stand: 18. Juli 2021)

    Die taiwanische Wirtschaft wächst trotz der im Mai 2021 verhängten "Krisenstufe 3" unbeirrt weiter. Dennoch mussten einige Branchen Umsatzeinbußen hinnehmen - vor allem der Tourismus und Einzelhandel.

    Hilfspaket mehrfach aufgestockt

    Die Regierung gab Anfang Juni 2021 bekannt, weitere Hilfsmittel in einer Gesamthöhe von rund 9 Milliarden US-Dollar (US$) bereitzustellen, die insgesamt mehr als 7 Millionen Taiwanern zu Gute kommen sollen. Die Maßnahmen umfassen unter anderem Subventionen für Unternehmen in Sektoren, die besonders stark vom "Soft-Lockdwon" betroffen sind, darunter die Bereiche Transport, Tourismus, Einzelhandel und Bildung. Hinzu kommen Einmalzahlungen an Einzelpersonen und Beschäftigte in diesen Sektoren.

    Die seit Anfang 2020 in mehreren Tranchen frei gegebenen Hilfsgelder summieren sich mittlerweile auf rund 24 Milliarden US$. Die Programme sollen bis Mitte 2022 laufen. Das gesamte Budget für Unterstützungsmaßnahmen im Zuge der Pandemie beläuft sich auf rund 30 Milliarden US$.

    Bereits 2020 waren mehrere Hilfspakete aufgelegt beziehungsweise die Mittel sukzessive aufgestockt worden. Im Februar wurde ein Anfangsbudget von 2 Milliarden US$ freigegeben, dieses dann im April um 5,1 Milliarden US$ erhöht und schließlich im Oktober des vergangenen Jahres um weitere rund 7,1 Milliarden US$ nach oben geschraubt. 

    Übergeordnetes Ziel des Gesamtpakets ist der offiziellen Lesart zufolge, die Liquidität der Unternehmen zu gewährleisten, die Arbeitslosenrate niedrig und den Transportsektor des Landes am Laufen zu halten. Die Hilfsmaßnahmen setzen sich vorwiegend aus drei Kategorien zusammen: Finanzzuschüsse für betroffene Unternehmen, Lohnsubventionen sowie Steuervergünstigungen oder -erlässe.

    Reiseagenturen, Hotels und Freizeitparks konnten beispielsweise Hilfskredite beantragen, deren maximale Höhe vom Umfang ihrer geschäftlichen Aktivitäten definiert wurde. Fluggesellschaften erhielten jeweils bis zu 1,6 Milliarden US$ an Kreditvolumen. Auch für den medizinischen Sektor stellte die Regierung Gelder im Gesamtwert von rund 2,5 Milliarden US$ bereit.

    Einkaufsgutscheine zur Ankurbelung des Konsums

    Um dem Abschwung des Konsums Einhalt zu gebieten, wurden ab Mitte 2020 Einkaufsgutscheine für die Bewohner der Insel im Nettowert von knapp 60 US$ pro Person ausgegeben. Dieses Element galt als eines der Kernstücke des Hilfspaket und sorgte dafür, dass der private Konsum im vergangenen Jahr zwar zurückging. Das Minus von rund 2 Prozent bewegte sich aber noch in einem erträglichen Rahmen. Der Einzelhandel konnte seine Umsätze sogar stabil halten.

    Reiseagenturen, Hotels und Freizeitparks konnten Presseangaben zufolge Hilfskredite beantragen, deren maximale Höhe vom Umfang ihrer geschäftlichen Aktivitäten definiert wird. Fluggesellschaften wurden jeweils bis zu 1,6 Milliarden US$ an Kreditvolumen gewährt und auch Zinszahlungen subventioniert.

    Im November 2020 erklärte das Wirtschaftsministerium, dass die Nachfrage von Seiten der verarbeitenden Industrie nach Regierungsunterstützung im 3. Quartal 2020 deutlich zurückgegangen sei. Dies habe in erster Linie an der wieder anziehenden Exporttätigkeit gelegen, so Ministerin Wang Mei-Hua in den lokalen Medien.

    Auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt hatte sich zwischenzeitlich verbessert. Im Januar 2021 sank die Arbeitslosenrate offiziellen Angaben zufolge den sechsten Monat in Folge auf 3,7 Prozent. Dies entsprach aber noch immer dem höchsten Wert der vergangenen vier Jahre. Offiziellen Angaben zufolge waren die Hilfsmaßnahmen ein großer Erfolg, da sie mehr als 1,1 Millionen Menschen vor der Arbeitslosigkeit und 120.000 Betriebe vor der Schließung bewahrt hatten.

    Zentralbank setzt Leitzins auf Rekordtief

    Auch hatte die Zentralbank im Zuge der verschärften Krise Ende März 2020 den Leitzins um 0,25 Basispunkte auf 1,125 Prozent gesenkt. Dies war die erste Reduzierung seit mehr als drei Jahren. Damit unterschritt der Zinssatz sogar den Tiefststand, den er zuletzt während der Finanzkrise 2008 erreicht hatte. Seither blieb der Zinssatz auf diesem Niveau, da es weder zu einem starken Konjunkturabschwung noch einem Kreditengpass in der taiwanischen Wirtschaft gekommen war. 

    Für deutsche Firmen ergeben sich aus der Coronakrise eher indirekte Chancen als direkte Möglichkeiten aus den Hilfsmaßnahmen. So profitieren beispielsweise Lieferanten von hochwertigen Konsumgütern wie Pkw oder Elektrohausgeräten davon, dass die Bewohner der Insel kaum mehr zu Auslandsreisen aufbrechen können. Die dadurch eingesparten Budgets fließen teilweise in die Verschönerung oder Optimierung der eigenen vier Wände oder in die Anschaffung von Prestigewaren wie beispielsweise hochwertigen Pkw.

    Gleichzeitig schossen Exporte und Umsätze der lokalen Hersteller von Elektronik und vor allem Halbleitern in die Höhe. Aus diesem Grund werden in Taiwan derzeit die Kapazitäten in diesem Bereich massiv erweitert. Hier können deutsche Lieferanten von Vorerzeugnissen wie beispielweise Chemikalien, Lasertechnologie oder Maschinen ins Spiel kommen.

    Taiwan begann mit der Impfung gegen Covid-19 relativ spät. Anfang März 2021 kamen die ersten Dosen des Impfstoffes von AstraZeneca auf der Insel an. Die Regierung hat zehn Prioritätengruppen definiert, wobei medizinisches Personal als erstes geimpft werden soll. Bis Mitte Juli 2021 konnten schon mehr als 20 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft werden - vorwiegend mit dem AstraZeneca- oder dem Moderna-Impfstoff. Das Ziel der Regierung ist, bis Oktober 2021 mindestens 60 Prozent der Einwohner zumindest erstgeimpft zu haben. Um dies zu erreichen, verhandeln Firmen wie TSMC oder Foxconn nach Informationen in den lokalen Medien auch mit Biontech über mögliche Lieferungen. Darüber hinaus arbeiten lokale Firmen an der Entwicklung eines eigenen Impfstoffs.

    Von Alexander Hirschle | Taipei

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