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Wirtschaftsumfeld | Malaysia | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Der Fachkräftemangel wirft seine Schatten voraus. Auf dem Weg zum Hocheinkommensland müssen viele Unternehmen ihre Beschäftigten selbst ausbilden.

Von Werner Kemper | Kuala Lumpur

Malaysias Wirtschaft ist 2022 um real 8,7 Prozent gewachsen, 2023 soll es um weitere 4 Prozent nach oben gehen. Das sind zwar im internationalen Vergleich sehr gute Werte, jedoch nimmt die Unsicherheit durch die globalen Verwerfungen auch in Malaysia zu. Die Arbeitsmarktbedingungen bleiben aber positiv. Die Arbeitslosenquote lag 2022 bei 3,7 Prozent und soll 2023 auf 3,5 Prozent zurückgehen. Größter Arbeitgeber war 2021 der Dienstleistungssektor (65 Prozent der Beschäftigten).

Spezialisten in Zukunftsbranchen sind rar

Unternehmen klagen schon seit Jahren über Engpässe bei der Rekrutierung von Fachkräften. Personal im mittleren und oberen Management sowie in technischen Berufen, vor allem mit Berufserfahrung, ist teilweise schwer zu finden. Dies gilt beispielsweise für Ingenieure, Techniker, EDV- und Automatisierungsspezialisten sowie Produkt- und Design-Entwickler. Insbesondere in den Zukunftsbereichen Finanztechnologie, App-Entwicklung und Onlinehandel suchen Unternehmen qualifizierte Spezialisten.

Aber auch am unteren Ende der Lohnskala besteht teilweise Arbeitskräfteknappheit. Malaysier sind immer weniger bereit, in den schweißtreibenden und niedrig bezahlten Sektoren zu arbeiten. Gastarbeiter aus Nachbarländern füllen diese Lücke. Die Zahl der registrierten Gastarbeiter liegt im Durchschnitt bei 2 Millionen Menschen. Hinzu kommen nach Schätzungen des Arbeitgeberverbandes Malaysian Employers Federation auf jeden registrierten Gastarbeiter etwa 2 bis 2,5 unregistrierte. Die registrierten Gastarbeiter stammen überwiegend aus Indonesien, gefolgt von Nepal, Bangladesch und Myanmar. Sie sind vor allem in der verarbeitenden Industrie (36 Prozent), in der Baubranche (20 Prozent) und auf Plantagen (15 Prozent) tätig. Ein wichtiger Arbeitgeber ist auch der Dienstleistungssektor, vor allem die Gastronomie.

Lieber Expats als Gastarbeiter

Die Regierung versucht seit Jahren, den Zustrom der Gastarbeiter zu drosseln und deren Tätigkeit vorwiegend auf die Bau- und Plantagenwirtschaft zu beschränken. Ziel ist es, den Anteil aller ausländischen Arbeitskräfte auf 20 Prozent zu drücken. Derzeit liegt er bei rund einem Drittel aller Erwerbspersonen.

Die meisten der ausländischen Arbeiter sind schlecht ausgebildet und stehen dem Wunsch der Regierung nach höherer Produktivität im Weg. Die Verfügbarkeit von kostengünstigen Gastarbeitern hält die Unternehmen davon ab, ihre Produktion zu automatisieren, argumentieren die Politiker. Um den Zustrom an Gastarbeitern zu erfassen und in die richtigen Sektoren zu lenken, hat die Regierung ein "One Stop Centre" eingerichtet. Seit April 2017 müssen ausländische Arbeitskräfte ihre Anträge über ein Online-System leiten.

Ziel der Regierung ist eine höhere Wertschöpfung und mehr Produktivität. Malaysia ist für arbeitsintensive Industrien zu teuer geworden, sodass diese in kostengünstigere Nachbarländer abwandern. Die Regierung fördert die Ansiedlung höherwertiger Produktionen. Auch gewinnen Dienstleistungen und wissensbasierte Branchen an Bedeutung. Dieses erfordert höher qualifizierte ausländische Arbeitskräfte, sogenannte Expatriates (Expats). Aktuell müssen diese ein Mindesteinkommen von rund 1.100 US-Dollar (5.000 Malaysische Ringgit) erhalten. Bei höher qualifizierten Arbeitskräften ist Malaysia aber Nettoexporteur. Den derzeit 250.000 im Land lebenden ausländischen Expats stehen rund eine Million Malaysier gegenüber, die im Ausland arbeiten, davon über die Hälfte in Singapur.

 

Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2022

Bevölkerung (in Mio.)

33,9

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre, in Mio.)

16,0

Erwerbstätige (in Mio.)

15,4

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition)

3,7

Analphabetenquote (in %) *)

4,3

Universitätsabschluss (in %) *)

29,8

* Schätzung.Quelle: Deparment of Statistics Malaysia 2023; International Labour Organization 2023

Fachkräftemangel hemmt oftmals Expansionspläne

Zur größten Herausforderung zählt die Aus- und Weiterbildung junger Menschen, zumal die Regierung das Ziel verfolgt, Malaysia in den Kreis der Hocheinkommensländer zu führen. Da die Bildungseinrichtungen ihre Absolventen nicht ausreichend auf das Berufsleben vorbereiten, gehen die Unternehmen notgedrungen dazu über, ihre Beschäftigten selbst auszubilden. Das Arbeitsministerium verfügt zudem über 21 berufliche Ausbildungsinstitutionen. Ausländische Firmen schicken qualifizierte Mitarbeiter zusätzlich in die Mutterhäuser zur Weiterbildung oder kooperieren mit Einrichtungen vor Ort wie dem German-Malaysian Institute, das sich der Ausbildung in technischen Berufen widmet.

AHK engagiert sich bei dualer Berufsausbildung

Um das Zusammenwirken von schulischer und praktischer Ausbildung zu verbessern, wurde in Malaysia zusätzlich zu den lokalen Berufsbildungssystemen auf Initiative der Deutsch-Malaysischen Industrie- und Handelskammer (AHK) ein duales Berufsausbildungssystem nach deutschem Vorbild eingeführt. So koordiniert die AHK die Ausbildung zu Industrie- und Speditionskaufleuten, Mechatronikern, Elektronikern in Automatisierungstechnik sowie die Weiterbildung zu Industrie-4.0-Spezialisten. Im Jahr 2022 haben 49 Auszubildende ihren Abschluss gemacht; 14 Mechatronik-Industriemeister werden aktuell ausgebildet. Dies ist weltweit das erste Mal, dass Mechatronik-Meister im Ausland zu 100 Prozent nach deutschem Ausbildungsplan ausgebildet werden.

Englischkenntnisse weit verbreitet

Die weit verbreiteten Englischkenntnisse der multiethnischen Bevölkerung sind für ausländische Unternehmen in Malaysia von großem Vorteil. Viele Kinder werden mehrsprachig erzogen. Außer Englisch sprechen über 50 Prozent in ihren Familien Bahasa Malaysia, 23 Prozent chinesische Sprachen und 7 Prozent Tamil und Hindi. In den letzten Jahren hat durch die politisch motivierte Förderung der malaysischen Sprache in den Schulen die Kenntnis des Englischen abgenommen.

Die Personalsuche verändert sich auch in Malaysia. Zeitungsannoncen sind zwar in vielen Fällen noch üblich. Immer gebräuchlicher werden jedoch Inserate in Online-Datenbanken. Die AHK bietet ebenfalls Hilfestellung bei der Personalsuche an.

Die Gewerkschaften spielen aus Sicht ausländischer Arbeitgeber eine untergeordnete Rolle. Im Allgemeinen versuchen Personalverwaltung und Belegschaft, Konfrontationen zu vermeiden. Auch wirken staatliche Kontrollen und Verhandlungsvollmachten Arbeitskämpfen entgegen. Somit sind Streiks selten.

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