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Rechtsbericht | Belgien | Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Maßgebend ist das Gesetz über die Arbeitsverträge vom 3. Juli 1978 (Loi relative aux contrats de travail/wet betreffende de arbeidsovereenkomsten) in aktueller Fassung.

Von Inge Kozel | Berlin

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick
Vergütung: Keine gesetzliche Festlegung. Bestimmungen in Tarifverträgen
Mindestlohn: 1.955 Euro

Arbeitsstunden pro Woche: Täglich maximal 8 Stunden

Wöchentlich 38 Stunden

Regelarbeitstage pro Woche: 5
Zulässige Überstunden: Mit Genehmigung: 11 Stunden pro Tag, 50 Stunden pro Woche
Bezahlte Feiertage: 10
Bezahlte Urlaubstage: 20 bei Fünftagewoche, 24 bei Sechstagewoche, aber andere Regelung in Tarifverträgen möglich
Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt): Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld
Tage mit bezahltem Arbeitsausfall: Arbeitnehmer erhalten 30 Tage vom Arbeitgeber ein garantiertes Gehalt, wenn sie ein ärztliches Attest vorlegen. Dieses verringert sich allerdings in der zweiten und nochmals in der dritten Woche. Ab der dritten Woche wird das Geld zwischen Arbeitgeber und Sozialversicherung aufgeteilt.

Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: Dauert die Krankheit länger als 30 Tage, aber weniger als 12 Monate besteht ein Anspruch auf Invaliditätsgeld (60 Prozent des täglichen Bruttolohns). Dieses wird von der Krankenkasse gezahlt.

Dauert die Krankheit mehr als 12 Monate, ist das Invaliditätsgeld gestaffelt, abhängig davon, ob der Arbeitnehmer in einer Partnerschaft lebt oder unterhaltsberechtigte Angehörige hat.

Probezeit: Seit dem 1. Januar 2014 kann in Belgien keine Probezeit mehr vereinbart werden. Die Kündigungsfristen sind allerdings so, dass unter Einhaltung einer kurzen Frist gekündigt werden kann.
Quelle: Statbel 2023; Practical Law 2023

Rechtsgrundlagen

Der Arbeitsvertrag ist im Gesetz über die Arbeitsverträge geregelt. Das belgische Recht kennt verschiedene Kategorien von Arbeitnehmern, wie Angestellte, Arbeiter, Handelsvertreter, Leiharbeiter. Für alle gelten teilweise abweichende Regeln.

Neben dem Gesetz gibt es verbindliche Regelungen in den Tarifverträgen. Hier finden sich in der Regel Bestimmungen über Löhne und Gehälter, deren Indexierung sowie über ein 13. Monatsgehalt. Viele Tarifverträge sind für allgemeinverbindlich erklärt, gelten also auch ohne Mitgliedschaft im vertragschließenden Arbeitgeberverband. Tarifverträge können auf unterschiedlichen Ebenen abgeschlossen werden: auf Unternehmensebene, Branchenebene und branchenübergreifend. 

Unternehmen können verschiedene Sozialleistungen anbieten wie Essensgutscheine, Nutzung des Firmenwagens, ergänzende Versicherungen wie eine Renten- oder Krankenversicherung oder Aktienoptionen. Es ist üblich, Mitarbeitenden Boni zu gewähren.

Vertragsschluss

Ein Arbeitsvertrag kann mündlich abgeschlossen werden (vgl. aber die belgische Umsetzung der Nachweisrichtlinie). Aus Beweisgründen sollte er allerdings schriftlich verfasst werden. Befristete Verträge müssen zwingend schriftlich geschlossen werden, andernfalls gelten sie als unbefristet. Arbeitet der Arbeitnehmer über den befristeten Zeitraum hinaus, gilt der Vertrag gleichfalls als unbefristet. Eine Probezeit kann seit 2014 nicht mehr vereinbart werden.

Der Vertrag muss in der jeweiligen Region in der jeweiligen Amtssprache (niederländisch, französisch oder in der deutschsprachigen Region deutsch) abgefasst werden. In Brüssel muss er, je nach Sprache des Arbeitnehmers, auf Französisch oder Niederländisch abgefasst werden.

Grundsätzlich beträgt die Arbeitszeit 38 bis 40 Stunden in der Woche, abhängig von der Branche. Leitende Mitarbeiter oder Handelsvertreter unterliegen nicht diesen Bestimmungen. Sonntags- und Nachtarbeit und Überstunden sind nur unter bestimmten Bedingungen zulässig. Überstunden sind an Arbeitstagen mit 150 Prozent zu vergüten, an Sonn- und Feiertagen mit 200 Prozent. Zudem sind Ruhezeiten zum Ausgleich vorgeschrieben. Mitarbeitende können bis zu 120 Überstunden jährlich leisten, unter der Geltung einiger Tarifverträge sogar bis zu 360. Maximal darf ein Arbeitnehmer bis zu elf Stunden täglich und 50 Stunden wöchentlich arbeiten. Das bedarf grundsätzlich einer Genehmigung, die der Arbeitgeber einholen muss.

Arbeitnehmer haben Anspruch auf mindestens 20 Tage bezahlten Urlaub. In vielen Tarifverträgen ist ein längerer Urlaub vereinbart. Im Tarifvertrag kann weiter geregelt sein, dass ein Arbeitnehmer mehr Urlaubstage erhält, abhängig von seinen Dienstjahren.

Bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt es eine Unterscheidung zwischen Angestellten, die ein Recht auf 30 Kalendertage Lohnfortzahlung haben, und Arbeitern, die nur sieben Tage beanspruchen können. Danach tritt für ein Jahr staatliches Krankengeld mit 60 Prozent des bisherigen Bruttoentgelts an die Stelle der Lohnfortzahlung.

Unter bestimmten Umständen kann es weitere Ansprüche auf bezahlte Abwesenheit geben, zum Beispiel zwei Tage für die eigene Hochzeit, Tod eines Elternteils drei Tage, Kommunion des Kindes ein Tag, und einige mehr. 

Vertragsbeendigung

Eine Kündigung muss schriftlich unter Angabe des Entlassungsgrundes in der Vertragssprache und per Einschreiben erfolgen. Zudem müssen Dauer und Beginn der Kündigungsfrist angegeben werden. Werden diese Formalien nicht eingehalten, ist die Kündigung nicht wirksam. Die Kündigungsfrist richtet sich nach der Betriebszugehörigkeit. 

Eine abschließende Aufzählung wirksamer Kündigungsgründe gibt es im belgischen Recht nicht, allerdings darf eine Kündigung nicht offensichtlich unangemessen sein (vgl. die Convention Collective Nr. 109). Das wiederum wird aber häufig der Fall sein, wenn sie nicht mit dem Verhalten oder den Fähigkeiten des Arbeitnehmers oder betrieblichen Erfordernisse begründet werden kann. 

Bei der Betriebszugehörigkeit wird unterschieden zwischen Arbeitnehmern, die vor dem 1. Januar 2014 beschäftigt wurden und solchen, die danach eingestellt wurden. Im ersten Fall berechnet sich die Kündigungsfrist aus der damals geltenden Gesetzgebung zuzüglich dem Schutz ab dem 1. Januar 2014.

Bei befristeten Arbeitsverträgen können die Parteien nur in der ersten Hälfte der vereinbarten Zeit kündigen. Hierbei gelten die normalen Kündigungsfristen. Bei einer späteren Kündigung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die Gehaltszahlung und die Sozialleistungen bis zum Ablauf der vereinbarten Zeit. Für diesen Anspruch gibt es allerdings eine Höchstgrenze. 

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können aus wichtigem Grund fristlos und ohne Abfindung kündigen. Das Verfahren für eine entsprechende Kündigung ist allerdings streng. Verstößt der Arbeitgeber gegen die Regeln des Verfahrens, kann der Arbeitnehmer eine Abfindung verlangen. 

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Abfindung. Sind die Kündigungsgründe ungerechtfertigt, kann ein Richter dem Arbeitgeber eine Entschädigung in Höhe von drei bis 17 Wochengehältern zusprechen. 

Eine Arbeitgeberkündigung aus wirtschaftlichen Gründen ist zulässig, allerdings muss der Arbeitgeber die Kündigungsfrist einhalten. Er kann auch mit sofortiger Wirkung und Zahlung einer Abfindung kündigen. 

Will sich das Unternehmen vor Ablauf der Kündigungsfrist vom Arbeitnehmer trennen, ist die Grundlage der Abfindung das Gehalt sowie andere finanzielle Leistungen. Dieser Betrag wird mit der Anzahl der Monate multipliziert, die das Unternehmen die Kündigungsfrist nicht eingehalten hat. 

Erfolgte die Entlassung aus schwerwiegenden Gründen, muss der Arbeitgeber weder eine Abfindung zahlen noch eine Kündigungsfrist einhalten. 

Bestimmte Arbeitnehmer wie Betriebsräte, Gewerkschafter, werdende Mütter, Arbeitnehmer im Elternurlaub genießen einen besonderen Schutz. Bei einer Kündigung muss der Arbeitgeber ein besonderes Verfahren einhalten. 

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