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Rechtsbericht | Tschechische Republik | Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Tschechiens Arbeitsrecht befindet sich in einem ständigen Erneuerungsprozess. Derzeit werden vor allem die Regelungen zur Beschäftigung von Selbstständigen überarbeitet.

Von Arthur Braun (bpv Braun Partners) | Prag

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick
Vergütung: Unter Beachtung des gesetzlich festgelegten Mindestlohns und abgeschlossener Kollektivverträge frei verhandelbar
Mindestlohn*: 2023 bezogen auf eine 40-Stunden-Woche 17.300 Kč im Monat (circa 726 Euro) beziehungsweise 103,80 Kč pro Stunde (circa 4,36 Euro) in der untersten Tätigkeitsklasse; insgesamt wurden acht Tätigkeitsklassen definiert; die Abstufungen reichen von 17.300 bis 34.600 Kč (circa 1.452 Euro)
Arbeitsstunden pro Woche: 40 Stunden; für Bergleute und Arbeitnehmende im kontinuierlichen Dreischichtbetrieb 37,5 Stunden, für Arbeitende im Zweischichtbetrieb 38,75 Stunden
Regelarbeitstage pro Woche: In der Regel 5 Arbeitstage, bei der Schichtarbeit gibt es Unterschiede
Zulässige Überstunden: 8 Stunden pro Woche; maximal 150 Überstunden pro Jahr; Überstunden darüber hinaus müssen mit dem Arbeitnehmer vereinbart werden; Limit sind 416 Überstunden jährlich
Bezahlte Feiertage: 13 Kalendertage
Bezahlte Urlaubstage: Mindestens 4 Kalenderwochen im Kalenderjahr
Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt): Sind nicht vorgeschrieben; erfolgen auf freiwilliger Basis des Arbeitgebers
Tage mit bezahltem Arbeitsausfall: Bezahlter Arbeitsausfall bezieht sich auf Arztbesuche, Hochzeit, Bestattung enger Familienangehöriger oder Arbeitskollegen, Begleitung der engen Familie zum Arzt oder Ähnliches; sonstige erfolgen auf freiwilliger Basis des Arbeitgebers als Incentive, zum Beispiel im Krankheitsfall
Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: Bis zum 14. Kalendertag zahlt der Arbeitgeber nur für die Arbeitstage 60 Prozent der reduzierten Bemessungsgrundlage, also erheblich weniger als den Betrag des normalen Lohns; ab dem 15. bis zum 380. Kalendertag zahlt die Tschechische Verwaltung der Sozialversicherung Krankengeld (60 bis 72 Prozent der reduzierten Bemessungsgrundlage)
Probezeit: maximal 3 Monate; Krankheit und Urlaub verlängern die Probezeit; bei leitenden Positionen maximal 6 Monate
* Durchschnittkurs der Tschechischen Zentralbank von Januar bis September 2023: 1 Euro = 23,84 Kč.Quelle: Ministerium für Arbeit und Soziales 2023; Tschechische Verwaltung der Sozialversicherung (ČSSZ) 2023; Gesetze

Rechtsgrundlagen

Grundlegende Rechtsnorm für arbeitsrechtliche Beziehungen in Tschechien ist das seit 2007 geltende Arbeitsgesetzbuch (ArbGB, Nr. 262/2006 Slg.). Im Herbst 2023 traten umfangreiche Änderungen wie Regelungen zum Homeoffice sowie zur Teilzeitarbeit in bestimmten Fällen in Kraft.

Ein heikles Thema ist die Beschäftigung von Scheinselbstständigen (tschechisch: švarcsystém), die steuerlich aufgrund der Pauschalabzüge interessant ist. Nach der gegenwärtigen Regelung gilt, dass jede Arbeit in einem Über- und Unterordnungsverhältnis, die im Namen und nach Anweisungen des Arbeitgebers persönlich durch den Arbeitnehmer ausgeübt wird, ausschließlich im Arbeitsverhältnis ausgeübt werden darf.

Der Arbeitskräftemangel führt oft dazu, dass faktische Zeitarbeit aufgrund von Werkverträgen durchgeführt wird. Die Arbeitsinspektionen prüfen dies; bei Scheinselbstständigkeit oder illegaler Arbeit drohen hohe Geldstrafen.

Vertragsabschluss

Alle Arbeitsverhältnisse in der Privatwirtschaft, selbst für Minijobs, werden durch Abschluss eines Arbeitsvertrages begründet. Seit 2023 wird der Abschluss und sogar die Beendigung in elektronischer Form, wenn auch mit strengen Voraussetzungen, ermöglicht. 

Der Arbeitsvertrag muss folgende Punkte beinhalten: Art der auszuübenden Arbeit, Tag des Arbeitsantritts, Arbeitsort. Es empfiehlt sich, die Verteilung der Arbeitszeit einseitig durch den Arbeitgeber und wenn eine flexiblere Gestaltung oder Schichtarbeit angedacht ist, eine sogenannte ungleichmäßige Aufteilung festzulegen. Wird im Homeoffice gearbeitet, muss eine separate Vereinbarung mit Kostenersatz (Pauschalierung möglich) abgeschlossen werden.

In der Praxis wird das Gehalt durch Vertrag/Vertragsanhang oder durch Lohnbescheid einseitig durch den Arbeitgeber festgelegt; bei großen Betrieben oft durch eine sogenannte interne Vorschrift.

Der Arbeitsvertrag kann unbefristet oder befristet abgeschlossen werden, maximal bis zu drei Jahren. Er darf bis zu zweimal hintereinander jeweils um höchstens drei Jahre verlängert werden (insgesamt also neun Jahre). Erleichterungen hinsichtlich Kettenarbeitsverhältnissen bestehen für Zeitarbeitsfirmen (in Tschechien "Arbeitsagenturen").

Beim in der Praxis häufig anzutreffenden Einsatz von Zeitarbeitenden muss der Grundsatz "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" strikt eingehalten werden. Das ist ein häufig festgestellter Mangel bei Kontrollen durch die Arbeitsinspektion. Arbeitgeber sollten kontrollieren, ob die Zeitarbeitsfirma über eine korrekte Lizenz und Versicherung verfügt (über die Website des Arbeitsministeriums) und ob deren ausländische Arbeitnehmende gültige Visa haben. 

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Das Arbeitsverhältnis verpflichtet den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit entsprechend dem Arbeitsvertrag zuzuweisen, ihm für die geleistete Arbeit Lohn zu zahlen, die Bedingungen zur Erfüllung seiner Arbeitsaufgaben zu schaffen und alle übrigen Arbeitsbedingungen einzuhalten. 

Die betriebliche Mitbestimmung über Betriebsgewerkschaften (falls vorhanden) ist nicht mit dem aus Deutschland gewohnten Maß vergleichbar. Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sind nur in großen Aktiengesellschaften (a.s.) mit über 500 Beschäftigten vorgeschrieben, bei der häufigsten Rechtsform GmbH (s.r.o.) nicht. Beispielsweise ist bei Betriebsübergängen oder Massenentlassungen eine Konsultation mit der Betriebsgewerkschaft vorgeschrieben, ansonsten direkt mit den Arbeitnehmenden.

Arbeitnehmende haben Anspruch auf mindestens vier Wochen Jahresurlaub. Die meisten großen Firmen gewähren fünf Wochen. Ab 2024 muss auch in Minijobs Urlaub gewährt werden.

Für Wochenend- und Nachtarbeit (22 bis 6 Uhr) müssen Zuschläge gezahlt werden: Mindestens 10 Prozent des Durchschnittslohns, soweit im Arbeits- oder Tarifvertrag nicht anders - auch weniger - vereinbart. Ebenso muss Arbeitsbereitschaft extra vergütet werden. Für Feiertagsarbeit stehen den Arbeitnehmenden Lohn- und Zeitausgleich zu. Alternativ können sich Arbeitnehmende und Arbeitgeber auf Zahlung des Lohnes und eines Zuschlages von mindestens 100 Prozent des Durchschnittsverdienstes einigen.

Für Überstunden haben Beschäftigte Anspruch auf das Gehalt und einen Zuschlag von mindestens 25 Prozent des Durchschnittsverdienstes. Falls es der Arbeitnehmer wünscht, ist stattdessen Freizeitausgleich möglich. Mit Arbeitnehmenden kann der Lohn unter Berücksichtigung der Überstundenarbeit von bis zu 150 Stunden pro Jahr vereinbart werden, bei leitenden Mitarbeitenden bis zum Maximum von 416 Stunden.

Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist außerdem durch Arbeitszeitkonten möglich. Sie müssen durch Tarifvertrag oder durch interne Vorschrift des Arbeitgebers eingeführt werden. In der Praxis existieren viele Modelle der flexiblen Arbeitszeit, die nicht mit dem Wortlaut des Gesetzes übereinstimmen, aber toleriert werden.

Vertragsbeendigung

Das Vertragsverhältnis kann durch Vereinbarung, Kündigung, sofortige Aufhebung oder Aufhebung während der Probezeit beendet werden. Es besteht eine vereinheitlichte Kündigungsfrist von mindestens zwei Monaten. Sie kann durch Vertrag verlängert werden, muss aber für beide Seiten gleich lang sein. Die Kündigungsfrist beginnt immer mit dem ersten Tag des auf die Zustellung der Kündigung folgenden Monats. Von Seiten des Arbeitgebers bedarf es auch bei Kleinbetrieben eines ausdrücklichen gesetzlichen Grundes (betriebliche, gesundheitliche und weitere Gründe, siehe § 52 ArbGB). Bei betriebsbedingten Entlassungen/Aufhebungsvereinbarungen von mehr als zehn Beschäftigten und über 10 Prozent der Arbeitnehmenden innerhalb eines Monats sind auch die Fristen für Massenentlassungen zu berücksichtigen, was bei korrektem Vorgehen den Prozess um einen Monat verlängert.

Die Rechtsprechung zeigt, dass die Gerichte grobe Pflichtverletzungen als Grund für eine fristlose Kündigung akzeptieren, sofern es sich um einen Angriff gegen Leben, Gesundheit oder Eigentum des Arbeitgebers handelt.

Bei betriebsbedingter Kündigung muss eine Abfindung gezahlt werden, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richtet: 

  • ein Durchschnittsmonatsgehalt bei bis zu einem Jahr Betriebszugehörigkeit

  • zwei Durchschnittsmonatsgehälter bei maximal zwei Jahren Betriebszugehörigkeit

  • drei Durchschnittsmonatsgehälter ab zwei Jahren Betriebszugehörigkeit.

Die betriebswirtschaftliche Entscheidung über eine betriebsbedingte Entlassung wird üblicherweise von den Gerichten nicht kontrolliert. Allerdings sollte der Arbeitgeber diese Position tatsächlich nicht mehr besetzen.

Kündigungsschutzklage muss innerhalb von zwei Monaten nach Ende des Arbeitsverhältnisses eingereicht werden. Das kann teuer werden, da ab Einreichen der Kündigungsklage beim normalen Amtsgericht bis zum Urteilsspruch zwei oder mehr Jahre vergehen können, für die dem Arbeitnehmer bei Erfolg der Klage Lohn und Anspruch auf Wiedereinstellung zusteht. Das Gericht hat die Möglichkeit - nicht die Verpflichtung -, nach sechs Monaten auf Antrag des Arbeitgebers die Ansprüche des Arbeitnehmers zu limitieren. Da es bei Kündigungsklagen um hohe Summen gehen kann, wird häufig der Versuch unternommen, sich außergerichtlich zu einigen.

Ein nachvertragliches Konkurrenzverbot wird in der Praxis selten vereinbart. Der Grund: Für jeden Monat der Einhaltung des Wettbewerbsverbots ist eine Karenzentschädigung von mindestens der Hälfte des Monatsgehalts zu zahlen.

Arbeitsrecht in englischer Sprache

Das tschechische Arbeitsgesetz steht auf Englisch über die Website des Ministeriums für Arbeit und Soziales zum Download bereit. Novellierungen des Gesetzes werden dort aber nur mit Verzögerungen übersetzt, sodass es sich nicht um die aktuellste Fassung handelt. 

 

Ausführliche Informationen zu rechtlichen Regelungen im Land bietet Germany Trade & Invest in der Reihe Recht kompakt Tschechien.

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