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Personalsuche und Personalmanagement
Qualifizierte Fachkräfte in Tschechien erwarten mehr als nur finanzielle Anerkennung. Neben dem Gehalt zählen Zusatzleistungen und flexible Angebote wie Homeoffice.
13.08.2025
Von Gerit Schulze | Prag
Das Angebot an Arbeitskräften ist durch die jüngsten Entlassungswellen besser geworden. Dennoch bleibt die Suche nach Spezialisten und Führungspersonal in Tschechien herausfordernd. Personalvermittler berichten, dass Beschäftigte seltener bereit sind, wegen etwas mehr Gehalt oder besseren Karrierechancen den sicheren Arbeitsplatz aufzugeben.
Das stellt Personalvermittler wie Teamconsult vor neue Herausforderungen, gerade bei leitenden Funktionen in ländlichen Regionen. Schmitt empfiehlt, Pendlern flexible Homeoffice-Lösungen anzubieten. Auch eine kleine Wohnung vor Ort, die der Arbeitgeber zahlt, könnte Kandidaten dazu bewegen, eine neue Stelle außerhalb der Heimatregion anzutreten.
Bei einfachen Positionen versuchen Unternehmen im ersten Schritt häufig selbst, Personal zu finden. Sie schalten Anzeigen, recherchieren in sozialen Medien oder zapfen das Netzwerk ihrer Beschäftigten an. Hilfreich sind Jobplattformen im Internet wie Jobs.cz, Prace.cz oder Profesia.cz. Einige Firmen bieten ihren Mitarbeitenden finanzielle Anreize, wenn sie Kontakte zu potenziellen Bewerbern herstellen.
Um Personen mit besonderen Profilen zu identifizieren, nutzen Tschechiens Personalvermittler zunehmend Künstliche Intelligenz, berichtet Oliver Schmitt. Auch bei der Formulierung von Stellenbeschreibungen kommt die Technologie zum Einsatz.
Schnuppertage bei deutschen Unternehmen
Eine gute Möglichkeit, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren sind die jährlichen Praxistage bei deutschen Unternehmen in Tschechien. Unter dem Motto Echt Praxe organisieren die Firmen eine Woche der offenen Tür. Zuletzt fand die Veranstaltung im Juni 2025 statt. Informationen erteilt das Wirtschaftsreferat der Deutschen Botschaft Prag.
Wenn die betriebseigene Personalsuche keinen Erfolg bringt, werden häufig Agenturen eingeschaltet. Sie nehmen meist zwei bis drei Monatsgehälter Vermittlungsgebühr pro Position. Allerdings suchen diese Dienstleister vor allem in ihren Datenbanken nach Kandidaten. Aktives Headhunting betreiben sie eher selten.
Headhunter suchen Schlüsselpersonal
Zur Direktansprache sind professionelle Personalberater nötig. Solche Headhunter kommen besonders bei Führungspersonal und Schlüsselpositionen zum Einsatz. In Tschechien verlangen sie dabei die marktübliche Vermittlungsgebühr von 25 bis 30 Prozent eines Jahresgehalts. In der Regel zahlt der Kunde ein Drittel der Summe bei Auftragserteilung, ein Drittel bei der Bewerberpräsentation und ein Drittel beim Eintritt in das Unternehmen.
Anschließend gibt es oft eine Garantie, dass der vermittelte Kandidat nicht vorzeitig ausscheidet und tatsächlich auf die Position passt. Anderenfalls wird ein Ersatzkandidat gesucht. Bei Experten wie Juristen, Qualitätsmanagern oder Einkäufern gewähren die Headhunter eine Frist von drei bis sechs Monaten, bei Topmanagern von bis zu zwölf Monaten. So zeigen seriöse Personalvermittler ihre Verantwortung für den Auswahlprozess.
Bei der Wahl von Personalagenturen ist Vorsicht geboten. Es gibt in Tschechien zahlreiche illegale Vermittler, die Arbeitskräfte außerhalb des Gesetzesrahmens zur Verfügung stellen. Das Arbeitsministerium führt ein Register lizenzierter Agenturen, das öffentlich zugänglich ist. Aktuell sind dort rund 1.800 Personalvermittler aufgeführt. Die legalen Agenturen sind im Verband der Personaldienstleister (APPS) organisiert.
Bei der Personalsuche helfen kann auch die Auslandshandelskammer (AHK) Tschechien (Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer). Sie nutzt ihr gutes Kontaktnetzwerk und die große Reichweite ihrer Publikationen.
Betriebskantinen immer beliebter
Beim Wettbewerb um die besten Talente spielt nicht nur die Gehaltshöhe eine Rolle, sondern auch Benefitsysteme. Das beliebteste Instrument sind Essensgutscheine ("stravenky"), die inzwischen aber eher als Selbstverständlichkeit, denn als Zusatzleistung wahrgenommen werden. Laut Umfragen von Pluxee, einem weltweit tätigen Anbieter von Personalbenefits, bekommen über 70 Prozent der Beschäftigten in Tschechien solche Verpflegungszuschüsse. Immerhin 27 Prozent der befragten Unternehmen unterhalten eigene Betriebskantinen.
Doch die Bandbreite freiwilliger Sonderleistungen ist noch viel größer. Einen guten Überblick dazu bietet die Studie "Gehaltsbenchmark Tschechische Republik", die die AHK Tschechien einmal jährlich erstellt.
Das Angebot der deutschen Arbeitgeber reicht von Eintrittskarten für Freizeitparks und Schwimmbäder über Tagesausflüge für die Kinder der Beschäftigten bis hin zu Familien-, Sommer- und Weihnachtsfesten. Jedes vierte Unternehmen gewährt nicht-gewerblichen Beschäftigten Sick Days, also Krankentage ohne ärztliches Attest.
Für Beschäftigte, die eine weite Anreise haben, bieten sich Fahrtkostenzuschüsse oder Shuttlebusse zu den Werken an. Verbreitet sind Sonderzahlungen bei Geburt eines Kindes, einer Hochzeit oder dem Tod eines nahen Familienangehörigen. Vier von fünf deutschen Firmen ermöglichen das Arbeiten von zu Hause (Homeoffice). Unter den nicht-gewerblichen Beschäftigten deutscher Unternehmen erhalten 32 Prozent ein 13. Gehalt und 38 Prozent Weihnachtsgeld.
Mit Zeitarbeit Engpässe überbrücken
Laut Eurostat lag der Anteil der Zeitarbeit an den Vollzeitbeschäftigten in Tschechien 2023 bei 1,4 Prozent. Zahlen der Arbeitsbehörde Úřad práce zeigen, dass drei Viertel der Zeitarbeiter im verarbeitenden Gewerbe arbeiten. Häufig kommen sie auch in der Logistik, im Handel und im Gastgewerbe zum Einsatz. Besonders gefragt sind Hilfsarbeiter und Ausrüstungsmonteure.
Bewerbungsprozess digital und einfach halten
Der Bewerbungsprozess ist in den letzten Jahren digitaler und einfacher geworden. Immer weniger Unterlagen müssen in Papierform eingereicht werden. "Da Personal ohnehin knapp ist, sollten die Unternehmen die Eintrittshürden für Bewerber möglichst niedrig halten", rät Teamconsult-Chef Oliver Schmitt. Nach seinen Erfahrungen spielen Motivationsschreiben fast keine Rolle mehr. Auch Referenzen würden eher selten verlangt. Häufig genüge das Profil der Bewerber im Geschäftsnetzwerk LinkedIn.