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Rechtsbericht | Kanada | Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Arbeitsrechtliche Fragen unterliegen in Kanada der Zuständigkeit der Provinzen sowie der Bundesregierung.

Von Jan Sebisch | Bonn

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick
Vergütung: Wird durch Individual-/Kollektivvertrag vereinbart
Mindestlohn: Wird von den Provinzen festgelegt (zwischen 14 und 16,77 kan$ für 2023)
Arbeitsstunden pro Woche: In der Regel 40 Stunden
Regelarbeitstage pro Woche: Fünf Tage
Zulässige Überstunden: Wird von den Provinzen festgelegt
Bezahlte Feiertage: Zwischen sechs und zehn Tage, abhängig von der Provinz
Bezahlte Urlaubstage: Abhängig von der Anstellungsdauer; mindestens zwei, teilweise bis zu vier Wochen
Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt): Kann vertraglich vereinbart werden
Tage mit bezahltem Arbeitsausfall: Wird von den Provinzen festgelegt
Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: Teilweise, wird von den Provinzen festgelegt
Probezeit: Vertraglich vereinbart, in der Regel drei bis sechs Monate

 

Rechtsgrundlagen

Das kanadische Arbeitsrecht wird geregelt durch Bundesrecht und auf Ebene der einzelnen Provinzen und Territorien. Anders als in Deutschland liegt die Regelungskompetenz in diesem Rechtsbereich allerdings hauptsächlich bei den Provinzen und Territorien. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes erstreckt sich lediglich auf bestimmte Arbeitsbereiche, denen eine überregionale Bedeutung zukommt. Dies betrifft unter anderem den Finanzsektor, aber auch die Luftfahrt-, die Transport- sowie die Medienindustrie. Eine Liste der bundesweit regulierten Branchen und Arbeitsplätze stellt die kanadische Regierung auf ihrer Webseite zur Verfügung.

Regelungen bezüglich der Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern an bundesweit regulierten Arbeitsplätzen lassen sich im kanadischen Arbeitsgesetzbuch (Canada Labour Code) finden. Der Canada Labour Code enthält Regelungen zum kollektiven Arbeitsrecht (Industrial Relation), Arbeitsschutz (Occupational Health and Safety), zu Lohn- und Arbeitszeitbestimmungen, Entlassungen und Abfindungen. Der Canada Labour Act wird durch zahlreiche Verordnungen konkretisiert.

Neben den gesetzlichen Regelungen wird das kanadische Arbeitsrecht zudem durch das Common Law geprägt, beziehungsweise stützt sich auf Präzedenzfälle und wird durch die richterliche Auslegung weiterentwickelt. Eine Ausnahme stellt die Provinz Québec dar. In Quebec ist der "Civil Code" (Zivilgesetzbuch) das einschlägige Regelungswerk.

Arbeitnehmer haben die Möglichkeit sich in Gewerkschaften zusammenschließen, um mit Arbeitgebern Tarifverhandlungen zu führen. Dachverband für die nationalen und internationalen Gewerkschaften ist der Canadian Labour Congress mit rund 3,3 Millionen Mitgliedern. In Kanada ist es allerdings nicht üblich einen Betriebsrat einzusetzen. Das kanadische Arbeitsrecht kennt keine dem deutschen Recht vergleichbaren Bestimmungen für die betriebliche Mitbestimmung.

Vertragsabschluss 

Ein Arbeitsvertrag kann grundsätzlich formfrei geschlossen werden. Allerdings ist zu Beweiszwecken wegen etwaiger Rechtsstreitigkeiten der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrags zu empfehlen. Ferner gilt es in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass im Rahmen von Arbeitsverhältnissen, die in den Anwendungsbereich des Canada Labour Code fallen, der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer innerhalb der ersten 30 Tage des Bestehens des Arbeitsverhältnisses eine Beschäftigungsbescheinigung (employment statement) auszustellen. Die Beschäftigungsbescheinigung muss unter anderem Informationen zum Beginn und zur Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie zum Arbeitsort enthalten. Eine Muster-Beschäftigungserklärung findet sich auf der Webseite des Federal Labour Standards Program. Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, diese Vorlage zu verwenden. Die erforderlichen Informationen können auch im Rahmen eines schriftlichen Arbeitsvertrags bereitgestellt werden.

Mit Ausnahme von Québec werden Arbeitsverträge, die den provinzialen Rechtsordnungen unterstehen, von den geltenden rechtlichen Regelungen der Provinz sowie des Common Law geregelt, in der die Arbeitsleistung erbracht wird. Dabei sind die einschlägigen, auf Provinzebene verabschiedeten "Employment Standards Act" (ESA) zu berücksichtigen. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht jedoch die Möglichkeit zu vereinbaren, dass der Arbeitsvertrag den Vorschriften einer speziellen anderen kanadischen Provinz unterliegen soll.

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Zu den Pflichten des Arbeitsgebers zählen unter anderem die Pflicht zur Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards (zum Beispiel Anspruch auf Zahlung eines Mindestlohns) und die Gewährleistung eines sicheren Arbeitsumfelds. Zu den Pflichten des Arbeitsnehmers zählen Treupflichten, die ordnungsgemäße Erledigung seiner Aufgaben und Verschwiegenheitspflichten.

Vertragsbeendigung 

Arbeitsverhältnisse können in Kanada durch einen Aufhebungsvertrag oder eine Kündigung beendet werden. An die Entlassung von bestimmten Arbeitnehmergruppen (zum Beispiel Schwangere) knüpfen die Provinzen oftmals besondere Voraussetzungen. In solchen Konstellationen kann ein Arbeitgeber unter anderem verpflichtet sein, das zuständige Arbeitsministerium zu informieren.

Aufhebungsvertrag

Um eventuelle künftige Streitigkeiten oder ein etwaiges Gerichtsverfahren zu vermeiden, bietet sich der Abschluss eines Aufhebungsvertrages an. Aufhebungsverträge werden in der Regel von den Gerichten nur dann als unwirksam erachtet, wenn dem Arbeitnehmer keine angemessene Bedenkzeit eingeräumt worden ist, seine Möglichkeiten abzuwägen und den Rat eines unabhängigen Rechtsbeistands einzuholen oder der Vertrag verwerfliche Vereinbarungen enthält.

Ordentliche Kündigung

Im Hinblick auf eine etwaige ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers enthalten die jeweiligen Provinzgesetze (in Ontario zum Beispiel der Employment Standards Act, 2000) geltende Mindeststandards und Regelungen in Bezug auf die Kündigungsfrist. Kündigungen haben grundsätzlich schriftlich zu erfolgen. Ferner sehen die einschlägigen Provinzgesetze oftmals Mindestabfindungszahlungen vor.

Jede Provinz hat auch Gesetze zum Umgang mit Massenentlastungen, die zum Beispiel etwaige Meldepflichten an Behörden vorsehen. Diese Gesetze beziehen sich üblicherweise auf Entlassungen von 50 Personen oder mehr.

Im Rahmen eines Arbeitsvertrages können andere Kündigungsfristen oder Abfindungszahlungen vereinbart worden sein, insofern diese nicht die gesetzlichen Mindeststandards unterschreiten. 

Außerordentliche Kündigung

Bei einem schwerwiegenden Fehlverhalten des Arbeitnehmers ist eine fristlose Kündigung möglich. In solchen Fällen empfiehlt es sich, das Fehlverhalten des Arbeitnehmers genau zu dokumentieren.

Die GTAI-Publikation Recht kompakt Kanada bietet Ihnen einen Überblick über relevante Rechtsthemen bei einem Auslandsengagement in Kanada.

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