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Wirtschaftsumfeld | Italien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Die Nachfrage nach Arbeitskräften nimmt zu. Um Talente müssen Unternehmen in Italien verstärkt konkurrieren.     

Von Oliver Döhne | Mailand

Beschäftigung von 2019 übertroffen

Gemessen in Arbeitsstunden nahm die Beschäftigung in Italiens Wirtschaft im 4. Quartal 2022 gegenüber dem Vorquartal um 0,7 Prozent und gegenüber dem 4. Quartal 2021 um 3,1 Prozent zu. Im 4. Quartal entstanden 120.000 neue Arbeitsstellen, 0,5 Prozent mehr als im Vorquartal. Im Jahr 2022 kamen im Durchschnitt 545.000 neue Stellen hinzu, womit Italien insgesamt wieder das Niveau von 2019 erreichte. Laut dem im März 2023 veröffentlichten Employment Outlook Survey der Manpower Group war die Aussicht in allen Regionen positiv, besonders im Norden. Für das 2. Quartal 2023 erwartete die Studie gegenüber dem Vorquartal eine Zunahme der Nettobeschäftigung von 7 Prozent.  

Die Arbeitslosenquote sank Ende 2022 auf rund 8 Prozent und verblieb dort auch im Januar und Februar 2023. Von den rund 23,3 Millionen Beschäftigten waren 13,4 Millionen Männer und 9,8 Millionen Frauen. Mehr als die Hälfte ist im Norden tätig, rund 21 Prozent im Zentrum und die übrigen rund 27 Prozent im Mezzogiorno (Süditalien, Sardinien und Sizilien). Etwa 57 Prozent der Beschäftigten arbeiteten laut Statistikamt im privaten Dienstleistungssektor und 20 Prozent in der Industrie. Von den 22,6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zwischen 15 und 64 Jahren waren 18 Millionen Angestellte und 4,6 Millionen Selbständige. In Vollzeit waren im 4. Quartal 2022 rund 81 Prozent aller Angestellten und 87 Prozent der Selbständigen tätig. In Teilzeit arbeiteten entsprechend 19 Prozent der Angestellten und 13 Prozent der Selbständigen. In befristeten Arbeitsverhältnissen befanden sich rund 3 Millionen Angestellte, während 15 Millionen unbefristete Stellen besaßen. Der Trend ging 2022 klar zu unbefristeten Stellen. 

Ungleiche Chancen bleiben ein Problem

Trotz leichter Verbesserungen bleibt das starke regionale Gefälle bestehen. Im Süden waren im 4. Quartal 2022 rund 47 Prozent der aktiven Bewohner beschäftigt, im Norden waren es rund 69 Prozent. Ebenso lag die Arbeitslosenquote von Frauen landesweit mit 9,2 Prozent über der von Männern (7,2 Prozent), im Mezzogiorno waren 16,7 Prozent der Frauen arbeitslos, gegenüber 13,3 Prozent der Männer. Bei Menschen zwischen 15 und 24 Jahren erreichte die Arbeitslosigkeit landesweit bei Männern 22,4 Prozent, bei Frauen in diesem Alter sogar 26,1 Prozent, im Mezzogiorno waren in dieser Altersklasse 33,2 Prozent der Männer und 45,4 Prozent der Frauen arbeitslos. Die Schwarzarbeit könnte mit Rückgang der staatlichen Fördermittel infolge der Coronakrise wieder zugelegt haben. 

Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2023

Bevölkerung (in Mio.)

58,8

Erwerbsfähige Personen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre, in Mio.)

36,7

Erwerbstätige (15-64 Jahre , in Mio.)

22,6

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition *)) 

8,0

Analphabetenquote (in %, 2011) 

1,0

Universitätsabschluss (in %,2021)

20,0

*) ILO: International Labour OrganizationQuelle: Istituto Nazionale di Statistica (ISTAT) 2023

Noch immer zu wenig technische Ausbildung 

In Italien gibt es laut Experten weiterhin zu viele Jungakademiker in nicht-technischen Disziplinen und zu wenig Ingenieure und ausgebildete Facharbeiter. Der aktuelle Employment Outlook Survey von Manpower ergab, dass drei Viertel der Unternehmen in Italien Probleme haben, geeignete Talente zu finden, davon 11 Prozent größere Probleme. Knapp sind insbesondere Kenntnisse in IT/Data, Ingenieurswesen, Verkauf und Marketing. An den technischen Fachhochschulen ITS (Istituti Tecnici Superiori) sind wesentlich weniger Studenten eingeschrieben als in den an Fachhochschulen in Deutschland und Frankreich. Besonders betroffen von den Engpässen sind laut Survey der Transport- und Logistiksektor, der Automotivebereich, die Energiewirtschaft und Health Care/Life Sciences. Um sich die raren Talente zu sichern, müssen Unternehmen sowohl bei der Suche als auch bei den Anreizen zunehmend kreativer werden. 

Bildung - ein Schwerpunkt des Recovery Plans

Für Bildung und Forschung sind in Italiens Recovery Plan 31 Milliarden Euro eingestellt, die in ein breites Feld von den Vorschulen bis in die Forschung fließen sollen. Die Mittel sollen Humankapital und Innovationsklima verbessern. Ziele sind unter anderem, die Zahl der ITS-Studenten und Absolventen zu erhöhen, dort 4.0-Labore einzurichten und die Lehrer weiterzubilden sowie Doktorate in Schlüsseltechnologien zu fördern. Eine digitale Plattform soll technisch qualifizierten Studenten Arbeitsplätze anbieten. Außerdem wird die Regierung Forscher in Unternehmen kofinanzieren. 

Starke Gewerkschaften

Die drei großen Gewerkschaftsverbände Confederazione Generale Italiana del Lavoro ( CGIL), Confederazione Italiana Sindacati Lavoratori (CISL) und Unione Italiana del Lavoro (UIL) zählen mit rund 12 Millionen Mitgliedern zu den mächtigsten Arbeitnehmerorganisationen in Europa. Laut Statistik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben nur die skandinavischen Länder einen höheren gewerkschaftlichen Organisationsgrad. Insgesamt liegt der Organisationsgrad in Italien bei 37 Prozent, im öffentlichen Sektor bei über 50 Prozent. Wenn auch seltener als in vergangenen Zeiten, kommt es doch immer wieder zu Streiks. 

Netzwerke spielen eine wichtige Rolle

Bei der Vermittlung von Arbeitsplätzen spielen informale Kanäle über das eigene Netzwerk weiterhin die wichtigste Rolle. An offiziellen Auswahlprozessen nahmen laut Statistikamt rund 27 Prozent der Arbeitssuchenden teil, ein Viertel nutzten öffentliche und 21 Prozent private Arbeitsagenturen. Die vom Arbeitsministerium beaufsichtigten Spezialvermittlungsstellen bei Universitäten und Arbeitsberatern (Consulenti del Lavoro) gewinnen an Bedeutung. Unternehmen, die Jungakademiker suchen, wenden sich auch direkt an die Universitäten oder Fachhochschulen. Im Anfang Mai 2023 erlassenen Arbeitsdekret ist eine neue digitale Job-Plattform vorgesehen, auf der sich verpflichtend alle Empfänger staatlicher Sonderhilfen für Arbeitslose einschreiben müssen. 

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