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Zoll
Zollbericht WTO Zolltarif, Einfuhrzoll
Vor allem in Zeiten von Corona ist diese WTO-Vereinbarung wichtiger denn je, um Zölle und nichttarifäre Hemmnisse auf pharmazeutische Produkte abzubauen.
19.01.2021
Von Melanie Hoffmann
Viele Staaten greifen in Zeiten von Corona auf tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse zurück, um das eigene Land zu schützen.
Dabei wird vor allem der grenzüberschreitende Handel mit Medizinprodukten mit Zöllen und sonstigen nichttarifären Hemmnissen belegt.
Welche Hemmnisse bereits erlassen wurden, lesen Sie hier.
Im Zuge dessen kommt die Vereinbarung über die Zollfreiheit für pharmazeutische Erzeugnisse (The Pharmaceutical Tariff Elimination Agreement (Zero for Zero)) ins Spiel, die im Rahmen der Uruguay-Runde von 22 Ländern geschlossen wurde und am 1. Januar 1995 in Kraft trat.
Die Vereinbarung deckt bereits Arzneimittel, dosierte als auch Massenmedikamente, ab. Medizinische Verbrauchsmaterialien, Medizintechnik und -geräte und Produkte zum persönlichen Schutz, wie z.B. Handseife und Desinfektionsmittel, aber auch Gesichtsmasken werden nicht von der Vereinbarung abgedeckt.
Heute haben 34 Staaten der Vereinbarung zugestimmt, die zusammen rund 65 Prozent des weltweiten Pharma-Handels ausmachen (Stand 2016). Die EU gilt dabei als größter Exporteur, aber auch einer der größten Importeure pharmazeutischer Produkte.
Dabei haben jedoch drei wesentliche Herstellerländer solcher Produkte, China, Indien und Brasilien, diese Vereinbarung bis heute noch nicht unterzeichnet. Russland, Mexiko und die Türkei als wichtige Importnationen sind ebenfalls keine Vertragspartner dieser Vereinbarung.
Der durchschnittlich angewandte Zollsatz für Gesundheitsgüter liegt bei 4,8 Prozent, jedoch erheben rund 50 Prozent der WTO-Mitglieder einen Prozentsatz unterhalb von 5 Prozent. Der Zollsatz der EU liegt bei 1,5 Prozent, China erhebt 4,5 Prozent und die USA liegen mit 0,9 Prozent weit unterhalb des Durchschnitts.
Weitere durchschnittliche WTO-Zollsätze:
Festgelegte Zölle bringen Sicherheit für Unternehmen. Bereits 75 Prozent der Zollsätze im Medizinbereich sind durch eine WTO-Vereinbarung geregelt und festgelegt. Dennoch herrschen zwischen festgeschriebener Zoll-Obergrenze und dem tatsächlich angewandten Zollsatz große Unterschiede. So kommt es dazu, dass einige WTO-Mitglieder vorerst keine oder nur sehr niedrige Zölle erheben, später aber diese bis zur Obergrenze erhöhen. Dies führt zu fehlender Planungssicherheit.
Die Vereinbarung stellt eine nicht bindende Übereinkunft zwischen den wichtigsten Herstellerländern pharmazeutischer Produkte dar.
Die Vereinbarung strebt an, pharmazeutische Produkte von sämtlichen Zöllen zu befreien und verbietet dabei, diese Zollschranken durch nichttarifäre Maßnahmen zu ersetzen. Dabei umfasst die Vereinbarung auch die Erzeugnisse, die aus Staaten importiert werden, die die Vereinbarung nicht unterzeichnet haben. Somit findet die Vereinbarung auf alle pharmazeutischen Fertigerzeugnisse des Kapitel 30 des Harmonisierten Zollsystems Anwendung. Wirkstoffe und Zwischenerzeugnisse sind nicht automatisch zollfrei, sondern müssen in die Liste der zollfreien Erzeugnisse aufgenommen werden.
Die Unterzeichnerstaaten sind verpflichtet, die Liste der Erzeugnisse alle drei Jahre zu aktualisieren. Die aktuelle Fassung wird sodann jedes Jahr von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlicht.
Die ursprüngliche Liste von 1995 umfasste 7.000 Erzeugnisse, das erste Update 1996 ergänzte diese dabei um 496 weitere Erzeugnisse, 1998 um weitere 642, 2006 um weitere 823 und 2010 um weitere 735 Produkte. All diese Produkte unterliegen einem Zollsatz von Null.
Die Listen der ergänzten Erzeugnisse sind in den Anhängen 3 und 6 der kombinierten EU-Nomenklatur festgelegt.
Sollten Unternehmen entsprechende pharmazeutische Produkte in die Liste aufnehmen lassen wollen, werden diese gebeten, relevante Informationen bereitzustellen und sich an die EU-Kommission zu wenden: TRADE-PHARMA@ec.europa.eu
Aufgrund der steigenden Handelshemmnisse im Zusammenhang mit pharmazeutischen Produkten sowie die steigende Nachfrage nach medizinischen Gütern wächst die Bedeutung dieser Vereinbarung. Die WTO stellt fest, dass die Nachfrage nach Medizinprodukten im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 16% stieg. Zur Deckung dieser Nachfrage spielte der Handel eine entscheidende Rolle, der jedoch durch zahlreiche Handelshemmnisse beeinflusst wurde.
Für einen vereinfachten Handel fordert der DIHK, dass alle Länder der WTO-Vereinbarung beitreten und diese auf alle Pharma- und Medizingüter ausgeweitet wird. Nur so kann der grenzüberschreitende Handel mit pharmazeutischen Produkten unter einheitlichen Regeln aufrecht erhalten werden und zugleich auch beleben. Dies ist vor allem in der jetzigen Situation notwendig.
Die EU setzt sich aktiv für einen Handel von Gesundheitsprodukten ohne Zölle ein und veröffentlichte am 15. Juni 2020 einen Vorschlag zur Erleichterung des weltweiten Gesundheitsgüterhandels sowie das aktuelle Konzeptpapier zu dieser Initiative. Seit dem hat die Kommission eine Reihe von Konsultationen und Sitzungen im Hinblick auf eine mögliche Strategie durchgeführt.
Am 25. November 2020 hat die EU-Kommission sodann eine Arzneimittelstrategie für Europa angenommen, um Patienten den Zugang zu innovativen und erschwinglichen Arzneimitteln zu garantieren und gleichzeitig die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit sowie Nachhaltigkeit der EU-Arzneimittelindustrie zu unterstützen. Die Strategie wird Europa ermöglichen, auch in Krisenzeiten seinen Arzneimittelbedarf durch solide Lieferketten zu decken.
Informationen zu der Strategie erhalten Sie auf der Seite der Europäischen Kommission.