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Zollbericht WTO Internationale Handelsabkommen

Die Ausnahmen im GATT

(Stand: 14.06.2021) Die WTO verpflichtet ihre Mitglieder zwar zur Einhaltung der Grundprinzipien, jedoch sind Abweichungen auf Grundlage der Ausnahmeklauseln möglich.

Von Dr. Achim Kampf | Bonn

Das Ziel der WTO ist es, Handelshemmnisse zu vermeiden und kontinuierlich abzubauen. Hierfür hat sie Grundprinzipien sowie internationale Übereinkommen entwickelt. Trotz dieser Regeln und des übergreifenden Ziels der WTO, den Handel zu liberalisieren, kommt es immer wieder dazu, dass Staaten Handelshemmnisse einführen. Unter bestimmten Voraussetzungen können Handelshemmnisse jedoch abweichend von den Grundprinzipien der WTO erlaubt sein. Zollerhöhungen oder neue Zölle sind daher nicht per se unzulässig. Sie müssen jedoch die von der WTO gesetzten rechtlichen Vorgaben beachten.

Das GATT kodifiziert Ausnahmen, die eine Abweichung vom allgemeinen Meistbegünstigungsprinzip sowie von der Zollbindung erlauben.

Schutzmaßnahmen gegen Importe bestimmter Waren, Art. XIX GATT

Die Möglichkeit, Schutzmaßnahmen gegen Importe zu verhängen, die zu einem ernsthaften Schaden bei einem konkurrierenden Wirtschaftszweig führen, sieht das WTO-Übereinkommen über Schutzmaßnahmen i.V.m. Art. XIX GATT vor. Entscheidend ist hier der deutliche Anstieg der Einfuhren der betreffenden Ware, durch den ein bedeutender Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Nach erfolgreicher Untersuchung dürfen sodann Schutzmaßnahmen in Form von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen erlassen werden. Die Verwendung solcher Maßnahmen dürfen jedoch nicht grenzenlos erfolgen, sondern lediglich in dem Umfang, der zur Beseitigung des Schadens notwendig ist. Zudem muss die Maßnahme gegenüber allen Mitgliedern angewandt werden und nicht nur gegenüber ausgewählten Staaten.

Im Falle von Schutzmaßnahmen gemäß Art. XIX GATT besteht die Möglichkeit, einvernehmlich Kompensationen zu vereinbaren, die den durch die Schutzmaßnahmen eingetretenen wirtschaftlichen Verlust wieder ausgleichen. Kommt eine solche Lösung nicht zustande, können die betroffenen Mitgliedstaaten Handelskonzessionen gemäß dem GATT bis zu der Höhe aussetzen, die dem durch die Schutzmaßnahmen entstandenen Verlust entspricht.

Die EU hat mit der EU-Durchführungsverordnung 2018/886 vom 22. Juni 2018 als Reaktion auf die US-Zölle auf bestimmte Stahl- und Aluminiumprodukte davon Gebrauch gemacht und zusätzliche Zölle auf Waren mit US-Ursprung eingeführt.

Allgemeine Ausnahmen, Art. XX GATT

Gemäß Art. XX GATT können Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Moral sowie des Lebens und der Gesundheit von Tieren, Menschen und Pflanzen ausnahmsweise zulässig sein, auch wenn sie gegen andere Regeln des GATT verstoßen. Diese Ausnahmeregelung verbietet einen weiten Handlungsspielraum, sodass eine enge Auslegung sowie die Einhaltung des sogenannte 2-Stufen-Tests geboten sind. Demnach muss eines der Schutzgüter aus Art. XX GATT betroffen, die Maßnahme erforderlich und frei von jeglicher Diskriminierung sein.

Schutz der nationalen Sicherheit, Art. XXI GATT

Schließlich ist noch auf Art. XXI GATT hinzuweisen, der Maßnahmen zum Schutz der nationalen Sicherheit ermöglicht. Diese Ausnahmeregelung bezieht sich stark auf den Schutz der Sicherheit im Hinblick auf militärische Güter. Wie weit diese Ausnahmeregelung zu verstehen ist und wem es obliegt, eine Bedrohung der nationalen Sicherheit zu definieren und festzustellen, geht aus dem Artikel nicht hervor und ist somit Streitgegenstand sämtlicher Wirtschaftsbeziehungen. Auch wenn die Ausnahmen des GATT stets eng (ohne großen Interpretationsspielraum) auszulegen sind, erhält die Sicherheitsausnahme des Art. XXI GATT einen starken subjektiven Ansatz.

Auf diese Ausnahme haben sich die USA 2018 im Zusammenhang mit der Erhebung von neuen Zöllen auf Stahl und Aluminium berufen. Die Europäische Union hält dies nicht für gerechtfertigt und hat daher ein WTO-Streitbeilegungsverfahren initiiert. Der Bericht des Panels (WT/DS548/18) wurde bereits 2019 veröffentlicht.

Ausnahme für Zollunionen und Freihandelszonen, Art. XXIV GATT

Zollunionen und Freihandelszonen dienen der gesamten Weltwirtschaft, sodass nach Art. XXIV GATT für solche Integrationsbündnisse eine Ausnahme vom Grundsatz der Meistbegünstigung besteht. Solche Integrationsbündnisse verzichten innerhalb des Bündnisses auf alle tarifären und nichttarifären Hemmnisse, die annähernd den gesamten Handel betreffen. Zudem wird der Außenzoll gegenüber den Drittländern nicht erhöht. Aus diesem Grund ist die Europäische Union nicht dazu verpflichtet, den Drittländern die Handelsvorteile ihres Binnenmarktes zu gewähren.

Die Ausnahme fördert den Liberalisierungsgedanken innerhalb der Zoll- bzw. Freihandelszone, könnte dabei jedoch den internationalen Markt außerhalb des Bündnisses diskriminieren. Die Anwendung dieser Ausnahme ist zielführend, solange die handelsbeeinträchtigenden Auswirkungen durch die handelsschaffenden Impulse überwogen werden (Art. XXIV: 5 und 8 GATT).

Welche Vorteile und Chancen Freihandelsabkommen mit sich bringen und welche Handelsabkommen die EU bereits ausgehandelt und abgeschlossen hat, fassen wir in unserer Publikation "Zollfrei durch die Welt" zusammen. 

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