Generika dominieren den ägyptischen Arzneimittelmarkt.
Regional zählt Ägypten zu den größten Produzenten von Pharmazeutika. Es gibt insgesamt 179 offizielle Produktionsstätten, davon stehen 90 Prozent im Privateigentum, 5 Prozent sind Betriebsstätten staatlicher Akteure, während die verbleibenden 5 Prozent im staatlich-privaten Eigentum stehen.
Viele multinationale Unternehmen haben sich in Ägypten niedergelassen, unter anderem GlaxoSmithKline, Novartis, Pfizer und Sanofi. Bayer aus Deutschland ist mit einer Lizenzproduktion vertreten. Die ausländischen Firmen kommen nach Angaben der Economist Intelligence Unit (EIU) auf einen Anteil von 65 Prozent der lokalen Arzneimittelumsätze. Davon entfallen 30 Prozent auf die eigene Produktion vor Ort und 35 Prozent auf die Auftragsfertigung bei lokalen Unternehmen.
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Deutschland unter den wichtigsten Lieferanten
Trotz einer wachsenden heimischen Pharmaindustrie bleibt Ägypten Nettoimporteur von Arzneimitteln. Im Jahr 2024 standen Ausfuhren im Wert von 447 Millionen US$ Importen von 3,5 Milliarden US$ gegenüber. Die Länder der Europäischen Union (EU) machten dabei 56 Prozent der ägyptischen Pharmaimporte aus. Insbesondere decken sie einen Großteil des Bedarfs an patentgeschützten Medikamenten. Deutschland belegte 2024 knapp hinter der Schweiz den zweiten Platz unter den wichtigsten Pharma-Lieferanten Ägyptens.
Der zweite Platz Deutschlands ist zwar ein respektables Ergebnis, relativiert sich jedoch angesichts der gesamten deutschen Pharmaexporte im Wert von über 122 Milliarden US$. Die Ausfuhren nach Ägypten beliefen sich 2024 lediglich auf 545 Millionen US$ und machen damit nur einen kleinen Anteil aus. Für deutsche Pharmaunternehmen könnten jedoch die langfristigen Perspektiven entscheidend sein. Ob Ägypten für deutsche Hersteller als Absatzmarkt interessanter wird, hängt von der Entwicklung der Gesundheitsausgaben ab – insbesondere davon, ob die Wende von einer Selbstzahlerfinanzierung zu einem Erstattungssystem gelingt.
Lokale Unternehmen müssen Wirkstoffe für Generika importieren
Abgesehen von den Importen und den ausländischen Unternehmen vor Ort verfügt Ägypten auch über eine gewachsene Industrie lokaler Pharmahersteller. Die Betriebe vor Ort produzieren hauptsächlich Generika. Allerdings ist auch hier der Spielraum eingeschränkt, denn lokale Hersteller sind in hohem Maße auf importierte Wirkstoffe angewiesen. Rund 95 Prozent beziehen sie aus dem Ausland, größtenteils aus Indien und China.
Diese Importabhängigkeit hat Pharmahersteller in Ägypten in der jüngsten Vergangenheit vor große Schwierigkeiten gestellt. Einerseits stiegen die Importkosten, weil der Wechselkurs des ägyptischen Pfund zum US$ seit 2022 um 70 Prozent gesunken ist. Auf der anderen Seite konnten die Unternehmen aufgrund der strikten Preispolitik für Arzneimittel die gestiegenen Kosten infolge der Abwertungen kaum an die Verbraucher weitergeben.
Verschreibungspflichtige Generika dominieren Markt
Infolge der geringen Kaufkraft und dem niedrigen Niveau der öffentlichen Gesundheitsausgaben sind die Ägypter gezwungen, ihren Arzneimittelkonsum auf das Wesentliche zu beschränken. Entsprechend spielen nicht-verschreibungspflichtige Medikamente eine Nebenrolle in Ägypten. Über 85 Prozent der Marktanteile entfallen auf verschreibungspflichtige Arzneimittel – mit steigender Tendenz. Im Jahr 2023 beliefen sich die Umsätze verschreibungspflichtiger Medikamente auf 3,8 Milliarden US$.
Innerhalb der verschreibungspflichtigen Medikamente kommen solche mit Patentschutz auf einen Marktanteil von circa 17 Prozent. Dieser geringe Marktanteil hat mehrere Gründe: Zunächst verhindern die geringen Ausgaben für Forschung und Entwicklung, dass moderne Arzneimittel vor Ort entwickelt und produziert werden. Der lückenhafte Patentschutz macht Ägypten außerdem zu einem riskanten Markt. Dies steht im Zusammenhang mit der unzureichenden Durchsetzung des Patentrechts durch die Behörden, wodurch Arzneimittelfälschungen begünstigt werden. Schließlich schränkt die Preispolitik die Gewinne von Pharmaunternehmen so stark ein, dass sich der Absatz innovativer Medizin nur wenig rentiert.
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Lizenzproduktion ist gängiges Modell
Unter diesen Rahmenbedingungen haben Generika die besten Voraussetzungen. Eine wachsende Rolle spielen auch hier ausländische Firmen. Sie blicken auf den lokalen Markt ebenso wie die lokale Kompetenz für die Herstellung von Generika. Über Lizenzvereinbarungen beauftragen Pharmakonzerne lokale, zumeist staatliche, Unternehmen mit der Herstellung ihrer Arzneimittel. Diese Industrie-Partnerschaften fördert die Regierung mit dem Ziel, die lokale Wertschöpfung zu stärken und Ägypten als zentralen Pharmaproduzenten für Afrika und den Nahen Osten zu etablieren.
Ein Beispiel für eine derartige Kooperation bietet Roche, das keine eigene Produktionsstätte in Ägypten betreibt. Stattdessen hat das Pharmaunternehmen aus der Schweiz mit der Egyptian International Pharmaceutical Industries einen Lizenzvertrag zur Fertigung seiner Medikamente geschlossen. Das lokale Unternehmen Eva Pharma hat Ende 2024 die Produktion von Insulin begonnen und arbeitet dabei mit dem US-amerikanischen Unternehmen Eli Lilly zusammen. Das Insulin soll sowohl auf dem ägyptischen Markt als auch im Export abgesetzt werden. Im Februar 2025 unterzeichnete das Unternehmen ein Memorandum of Understanding mit den Firmen DNAscript aus Frankreich und Quantoom Biosciences aus Belgien zu Produktion von mRNA-Impfstoffen in Ägypten.
Viele internationale Pharmakonzerne produzieren vor OrtWichtige Branchenunternehmen in ÄgyptenUnternehmen | Sparte | Anmerkungen |
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Amoun Pharmaceuticals | Verschiedene Arzneimittel | 2021 durch ADQ (VAE) übernommen |
Egyptian International Pharmaceutical Industries Company (EIPICO) | Arzneimittel und Wirkstoffe | Großes Staatliches Unternehmen, Beteiligung des Public Investment Fund (Saudi-Arabien) |
GlaxoSmithKline (GSK) | Verschiedene Arzneimittel und Impfstoffe | Eigene Produktionsstätte |
Novartis | Verschreibungspflichtige und nicht-verschreibungspflichtige Medikamente | Eigene Produktionsstätte |
Sanofi | Verschiedene Arzneimittel | Eigene Produktionsstätte |
Pfizer | Verschiedene Arzneimittel und Impfstoffe | Eigene Produktionsstätte |
Bayer | Verschiedene Arzneimittel | Produktion durch lokalen Auftragsfertiger |
Roche | Arzneimittel und Diagnostika | Produktion durch lokalen Auftragsfertiger |
AstraZeneca Egypt | Verschiedene Arzneimittel | Eigene Produktionsstätte |
Quelle: American Chamber of Commerce in Egypt; EIU; Recherchen von Germany Trade & Invest 2025
Wenige Großhändler beherrschen einen Großteil des Marktes
Rund zwei Drittel des ägyptischen Handels mit Arzneimitteln laufen über die drei größten Großhändler. Nach Angaben des Informationsportals Enterprise entfielen 2024 auf Ibnsina Pharma 30,8 Prozent des Handels, auf Pharma Overseas 22 Prozent und auf die Egyptian Pharma Trading Company 12 Prozent.
Von Sherif Rohayem,
Marcus Knupp
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Kairo, Berlin