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Wirtschaftsumfeld | Äthiopien | Wirtschaftsstruktur

Politische Instabilität verändert regionale Wirtschaftsstruktur

Die Größe des Landes bietet Raum für eine diversifizierte Wirtschaft. Diese kann sich jedoch kaum entfalten, auch weil die Sicherheitslage Geschäfte in einigen Regionen erschwert.

Äthiopien ist mit etwa 127 Millionen Menschen das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung Afrikas und nach Nigeria und Südafrika die drittgrößte Volkswirtschaft in Subsahara-Afrika. Ein jährlicher Bevölkerungszuwachs von weit über zwei Millionen Menschen sorgt für massiven Bedarf an Infrastruktur, Nahrungsmitteln und anderen Konsumgütern. Gleichwohl ist das Land sehr arm mit einem Pro-Kopf-Einkommen von unter 1.500 US-Dollar pro Jahr.

Interesse seitens Unternehmen weckt neben der Marktgröße das hohe Wirtschaftswachstum. Die Dynamik hat in den letzten Jahren jedoch etwas nachgelassen. Nach teilweise zweistelligen Wachstumsraten in den 2010er Jahren ist das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf ein Niveau von unter 7 Prozent gefallen. Das ist immer noch viel und unterstreicht, dass sich in Äthiopiens Wirtschaft weiterhin eine Menge tut. Kapital fließt aber in erster Linie aus China und dem Mittleren Osten ins Land. Mehr Informationen zu den Aussichten im GTAI-Wirtschaftsausblick Äthiopien.

126,5 Mio.

Personen lebten 2023 im Äthiopien.

Quelle: Economist Intelligence Unit (EIU) 2023

157.5 Mrd.

US-Dollar betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023.

Quelle: EIU 2024

1.473,4

US-Dollar machte das BIP pro Kopf damit 2023 aus.

Quelle: IWF 2024

Rang 116

belegte Äthiopien 2023 unter den deutschen Exportzielen.

Quelle: Destatis 2024

Rang 98

nimmt Äthiopien im Corruption Perceptions Index 2023 ein (unter 180 Ländern).

Quelle: Transparency International 2024

18,5 %

betrug die Analphabetenquote im Jahr 2018.

Quelle: Weltbank 2022

Ausführliche Informationen zur Wirtschaft finden Sie in den Wirtschaftsdaten kompakt von Germany Trade & Invest.

Deutsches Interesse weiter vorhanden

Deutsche Unternehmen sehen in Äthiopien vor allem einen riesigen potenziellen Absatzmarkt für ihre Produkte. Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen sanken die deutschen Exporte jedoch in den vergangenen Jahren deutlich. Ebenfalls könnte Äthiopien mittelfristig als Produktionsstandort in Frage kommen, sowohl in der Landwirtschaft als auch im industriellen Bereich.

Das Interesse deutscher Unternehmen an Äthiopien ist auch nach den letzten, nicht einfachen, Jahren nach wie vor groß. Jedoch beeinträchtigen eine Reihe von Faktoren wie ethnisch-politische Konflikte und die andauernden Devisenbeschränkungen das Geschäft, sodass aktuell die meisten Unternehmen mit einer Präsenz vor Ort zögern und Äthiopien lieber aus der Distanz beliefern, zum Beispiel aus Kenia. Das dürfte sich jedoch schnell ändern, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vor Ort wieder verbessern – denn der Markt ist groß und birgt viele Potenziale.

Maren Diale-Schellschmidt Leiterin, AHK Ostafrika (Delegation der Deutschen Wirtschaft), Kenia

SWOT-Analyse Äthiopien

S

Stärken Strengths

  • Einer der größten Binnenmärkte in Afrika mit einer Bevölkerung von fast 127 Millionen Menschen           

  • Gute Verbindungen nach Afrika und Übersee: Ethiopian Airlines ist eine der besten Fluglinien in Afrika   

  • Große Energieressourcen (Wind, Wasser, Geothermie) 

  • In vielen Teilen unerschlossene Märkte, daher relativ wenig Konkurrenz

W

Schwächen Weaknesses

  • Großes Handelsbilanzdefizit und Devisenmangel

  • Stark regulierte Wirtschaft; privates oder ausländisches Engagement oft nicht möglich

  • Im Vergleich zu Kenia ein wenig diversifizierter Dienstleistungssektor

  • Hohe Marktintransparenz

O

Chancen Opportunities

  • Bausektor: Hoher Bedarf an Infrastruktur in den Bereichen Wohnungsbau, Straßenbau, Energie, Wasser und Telekommunikation

  • Landwirtschaft: Produktion für den lokalen Markt (u.a. Weizen, Zucker, Milchprodukte) und den Export (u.a. Kaffee, Schnittblumen)         

  • Bergbau und Öl-/Gasförderung: Mögliche Investitionen in den kommenden Jahren        

  • Öffnung von Dienstleistungssektoren, wie Telekommunikation und Banken

T

Risiken Threats

  • Bewaffnete innere Konflikte, politische Unsicherheit, soziale Spannungen

  • Hohe Inflation von aktuell fast 30 Prozent

  • Zahlungsschwierigkeiten äthiopischer Auftraggeber aufgrund fehlender Devisen

  • Hohe Abhängigkeit von China

Bausektor mit hoher Dynamik

Der Bausektor ist einer der Bereiche mit der größten Dynamik. Er wird indes von chinesischen Kontraktoren beherrscht. Um Addis Abeba herum entstehen neue Satellitenstädte und Luxusstadtteile mit oftmals ausländischen Investoren. Straßen-, Wohnungs- und Wasserbauprojekten räumt die Regierung eine hohe Priorität ein, verfügt aber aktuell nur über wenig Geld. Sollten Gelder internationaler Geber wieder mehr fließen, dann dürften neue Infrastrukturprojekte angegangen werden, die deutschen Zulieferern und Ingenieurbüros Geschäftsmöglichkeiten bescheren.

Die Landwirtschaft ist mit einem Anteil am BIP von über 30 Prozent der wichtigste Pfeiler der äthiopischen Wirtschaft und mit Abstand größter Arbeitgeber. Dominiert wird der Sektor von Kleinbauern. Die dringend notwendige Steigerung der Nahrungsmittelproduktion hat oberste Priorität bei der Regierung. Agrarinvestoren sind willkommen und werden bei der Devisenzuteilung für Vorprodukte bevorzugt. Auch der Export von Agrarerzeugnissen, wie Kaffee oder Schnittblumen, ist von Bedeutung.

Textilindustrie soll weiter wachsen

Viele für den Export produzierende Textilfirmen haben sich in den Jahren 2018/2019 in Industrieparks wie in Hawassa angesiedelt, überwiegend aus China und Indien. Aber auch europäische Unternehmen wie Calzedonia sind dabei. Der Verlust des zoll- und quotenfreien Zugang zum US-Markt wegen des Ausschlusses vom African Growth and Opportunity Act sowie hohe Logistikkosten setzen den Herstellern aktuell zu. Gleichwohl gelten die modernen und international zertifizierten Fabriken als international konkurrenzfähig, sodass mittelfristig mit weiteren Investitionen zu rechnen ist.

Der große Binnenmarkt macht die Produktion von Massenkonsumgütern, wie Nahrungs- und Haushaltsmitteln interessant. Getränkefabriken befinden sich in mehreren Zentren des Landes und bauen ihre Kapazitäten stetig aus. Gleiches gilt für die Herstellung von Baustoffen, wie Zement.

Devisen könnten der Export von Mineralien, Öl und Gas einbringen, von denen Äthiopien über größere Vorkommen verfügt. Dazu gehören unter anderem Gold, Platin, Nickel, Lithium und Kali. Bislang jedoch gibt es kaum industriellen Bergbau.

Regierung will einige Dienstleistungsbereiche öffnen

Unterentwickelt bleibt vorerst der Dienstleistungsbereich, auch wenn Premierminister Abiy Ahmed versucht, einige Sektoren zu öffnen. Dies ist  im Telekommunikationsbereich teilweise gelungen, in dem die kenianische Safaricom gerade das zweite Mobilfunknetz installiert. Die meisten Dienstleistungsbranchen bleiben jedoch streng reguliert und sind für Ausländer oft gar nicht zugänglich.

Bedeutung der Wirtschaftszweige in Äthiopien 2021/22 1)

Sektoren

Anteil am BIP in Prozent 2)

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

32,4

Baugewerbe

20,9

Verarbeitendes Gewerbe

6,8

Strom- und Wasserversorgung

0,8

Bergbau

0,5

Dienstleistungen

40,0

1 Zeitraum 01.07.21-30.06.22; 2 abzüglich indirekt gemessene Finanzdienstleistungen (FISIM, financial intermediation services indirectly measured; 1,3% des BIP).Quelle: National Bank of Ethiopia, Annual Report 2021/22

Addis Abeba ist das große Wirtschaftszentrum

Ein Großteil des Wirtschaftsgeschehens spielt sich zwar in der Hauptstadt Addis Abeba ab. Dennoch spielen regionale Zentren in der Bundesrepublik Äthiopien eine nicht unbedeutende Rolle. Die fragile innenpolitische Lage führt indes zu verminderter Sicherheit, sodass Ausländer aktuell einige Regionen meiden. Auch kommt es zu regionalen Verschiebungen der wirtschaftlichen Bedeutung: Während die Provinzen Tigray und Amhara zuletzt an ökonomischem Gewicht eingebüßt haben gewinnt die Region Oromia.

Mittelfristig dürfte die Entstehung eines Handelskorridors durch Somaliland hindurch zum neuen Hafen in Berbera eine Rolle spielen. Dies wäre eine Alternative zum aktuellen Hafenzugang in Dschibuti. Somaliland gehört offiziell zu Somalia, hat sich aber 1991 für unabhängig erklärt. Anfang des Jahres 2024 unterzeichneten Äthiopien und Somaliland (das bislang nur von Taiwan anerkannt wird) eine Absichtserklärung für die Anerkennung Somalilands. Äthiopien erhält dafür im Gegenzug 20 Kilometer Küstenland in Somaliland.

Bevölkerung in den einzelnen Provinzen in Äthiopien

Gebiet

Bevölkerung 2023 (in Mio.) 1)

Oromia Region

40,9

Amhara Region

23,2

SNNPR 2)

13,0

Somali Region

6,7

Tigray Region

5,8

Sidama Region

5,3

South West Region

4,2

Addis Ababa

3,9

Affar Region

2,1

Benishangul-Gumuz Region

1,3

Gambella Region

0,5

Dire Dawa

0,6

Harari Region

0,3

1 auf Basis der Volkszählung im Jahr 2023; 2 SNNPR: Southern Nations, Nationalities and Peoples Region.Quelle: Ethiopian Statistical Service (ESS) 2024

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