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Branchen | Algerien | Nahrungsmittel- , Verpackungsmaschinen

Staat fördert die lokale Produktion von Lebensmitteln

Für Maschinen- und Anlagenbauer lohnt sich ein Blick in Algeriens Nahrungsmittelbranche, denn die Nachfrage nach Ausrüstungsgütern bleibt hoch. 

Von Friedrich Henle | Berlin

Zwei Treiber dürften der algerischen Nahrungsmittelbranche auf absehbare Zeit erhalten bleiben: Zum einen die staatliche Politik der Importsubstitution, zum anderen der stetig wachsende Absatzmarkt. Davon können ausländische Maschinenbauer profitieren, wenn sie sich auf das lokale Geschäftsumfeld einstellen.

Ausbau der lokalen Produktion im Fokus

Die lokale Herstellung von Nahrungsmitteln gehört seit Jahren zu den Prioritäten algerischer Regierungen – mit unterschiedlichen Erfolgen bei den jeweiligen Produkten. Staatliches Ziel bleibt, die hohe Importrechnung bei Lebensmitteln zu reduzieren, insbesondere bei Getreide und Milchprodukten. Gerade beim Anbau von Getreide macht sich bemerkbar, dass Algerien zunehmendem Wasserstress ausgesetzt ist und ausbleibender Regen die Ernte stark reduziert. Deshalb ist geplant, die künstlich bewässerte Agrarfläche von aktuell etwa 1,5 Millionen Hektar auf 2,5 Millionen Hektar im Jahr 2030 auszuweiten.

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Im Rahmen der Importsubstitution gibt es Förderprogramme der Regierung für lokale Hersteller, aber auch Importbeschränkungen, die sich mitunter kurzfristig ändern. Zuletzt beispielsweise im Oktober 2023, als Geflügelimporte wieder erleichtert wurden. Damit will die Regierung kurzfristig auf stark gestiegene Preise in diesem Segment reagieren.

Wachsendes lokales und Exportgeschäft

Der Absatzmarkt wird zudem durch die wachsende Bevölkerungszahl beeinflusst. Die Forschungseinheit des Economist, die Economist Intelligence Unit, schätzt, dass Ende 2023 etwa 48 Millionen Menschen in Algerien lebten. Die Zunahme soll in den nächsten Jahren jeweils 1 Million pro Jahr betragen.

Zudem gibt es immer mehr Bestrebungen, im Zuge einer Exportdiversifizierung abseits von Öl und Gas auch mehr Nahrungsmittel auszuführen, insbesondere in andere afrikanische Märkte oder in die Golfregion. Dazu hat die algerische Regierung in den letzten Jahren eine rege Handelsdiplomatie in Afrika geführt. Sie unterstützt außerdem algerische Produktschauen und die Eröffnung von Filialen algerischer Banken im Ausland, beispielsweise in Westafrika.

Sektor wächst schneller als Gesamtwirtschaft

Laut Statistikbehörde ONS (Office National des Statistiques) hat die Nahrungsmittelindustrie im Jahr 2022 besser abgeschnitten als die Gesamtwirtschaft: Das sektorale Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg um 5,4 Prozent, gegenüber einem gesamten BIP-Wachstum von 3,2 Prozent. Die Entwicklung im Jahr 2023 scheint in eine ähnliche Richtung zu gehen: 4,1 Prozent für die Nahrungsmittelbranche gegenüber 3 Prozent Gesamtwachstum im 1. Quartal 2023, errechnet das ONS.

Die Regierung kompensiert hohe Preissteigerungsraten bei Lebensmitteln auch mit Subventionen, gerade bei Grundnahrungsmitteln. Das stützt die Kaufkraft der Haushalte. Die Einkommensseite des Staates steht wegen hoher Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport gut da. Es bestehen also Spielräume, diese staatliche Unterstützung noch auszubauen. 

Ausländische Maschinenhersteller dominieren

Mittlerweile sind einige algerische Maschinenhersteller in der Branche aktiv, die sich auch auf relevanten Messen präsentieren. Dennoch kommt das Gros der Maschinenlieferungen aus dem Ausland. Im Lebensmittelbereich sind insbesondere Lieferanten aus Italien, Frankreich, China und der Türkei vorne dabei. Auch deutsche Hersteller schaffen es in bestimmten Produktkategorien in die Top 5.

Import von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen (Auswahl, in Millionen US-Dollar)
Produktgruppe

2021

2022

aus Deutschland (2022)

Maschinen und Apparate zum Verpacken oder Umhüllen von Waren (HS 842230)

54,7

58,5

13,6

Maschinen und Apparate zum Füllen, Verschließen, Versiegeln oder Etikettieren (HS 842240)

46,3

41,3

16,5

Maschinen, Apparate und Geräte, für die Landwirtschaft und Forstwirtschaft, den Gartenbau, die Geflügel- oder Bienenhaltung,  (HS 8436)

26,9

31,2

5,2

Maschinen, Apparate und Geräte zum Reinigen, Sortieren oder Sieben von Körner- oder Hülsenfrüchten(HS 8437)

7,7

15,5

-

Maschinen und Apparate, zum industriellen Auf- oder Zubereiten oder Herstellen von Lebensmitteln, Futtermitteln oder Getränken (HS 8438)

77,5

78,3

6,9

Maschinen, Apparate und Geräte zum Gewinnen oder Aufbereiten von tierischen oder fetten pflanzlichen oder mikrobiellen Ölen oder Fetten (HS 847920)

11,1

8,5

-

HS = Produktklassifizierung "Harmonisiertes System" der Weltzollorganisation.Quelle: Trademap 2023 (auf Basis von Spiegeldaten von UN Comtrade)

Unternehmen aus dem In- und Ausland investieren

Ausländische Unternehmen engagieren sich auch als Investoren in der algerischen Agroindustrie. Die im November 2022 ins Leben gerufene Investitionsförderagentur AAPI (Agence Algérienne de Promotion de l'Investissement) meldet für den Zeitraum bis Juli 2023 insgesamt 3.120 Projektankündigungen (Neuinvestitionen und Erweiterungen) im Wert von umgerechnet 3,7 Milliarden Euro. Davon finden 198 Projekte in der Landwirtschaft und 283 Projekte in der Nahrungsmittelindustrie statt.

Ausländische Unternehmen sind häufig an Investitionen in der Milch- und Fleischindustrie interessiert. So plant beispielsweise die katarische Firma Baladna eine Fabrik für Milchprodukte im Regierungsbezirk Djelfa, mit einer Verarbeitungskapazität von 336 Millionen Litern pro Jahr. Auch europäische Unternehmen haben im Jahr 2023 bereits mehrere Projekte angekündigt.

Im Unterschied zu anderen Branchen der algerischen Wirtschaft dominiert in der Lebensmittelindustrie der Privatsektor. Neben vielen kleinen und mittleren Unternehmen sind auch große Unternehmen wie die Cevital-Gruppe aktiv. Das größte privatwirtschaftliche Unternehmen Algeriens beherrscht beispielsweise 80 Prozent des algerischen Zuckermarktes. Bei der Getreideverarbeitung ist wiederum die staatliche Agrodiv-Gruppe ein wichtiger Player. Das Industrieministerium nennt für das Jahr 2023 eine Gesamtzahl von 31.000 Unternehmen in der Lebensmittelindustrie. Diese beschäftigen rund 170.000 Mitarbeitende.

Unternehmen, die sich für einen Einstieg in den algerischen Markt der Nahrungsmittelproduktion interessieren, bietet sich als Informations- und Kontaktplattform unter anderem die Leitmesse Djazagro an. Die nächste Ausgabe findet vom 5. bis 8. Juni 2024 in der Hauptstadt Algier statt. Konkrete Unterstützung leistet auch die Deutsch-Algerische Industrie- und Handelskammer (AHK)

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