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Algerien: Rechtsverfolgung

Algerien ist 1989 dem New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche beigetreten.

Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem, Niko Sievert, Sven Klaiber

Rechtsgrundlage

Algerien hat sein ziviles und öffentliches Prozessrecht reformiert und zu einem einzigen Gesetz zusammengefasst. Das Gesetz Nr. 08-09 (ZPO) trat am 23. April 2009 in Kraft und hob die alte Zivilprozessordnung aus dem Jahr 1966 auf.

Gerichtsstände und Gerichtsstandsvereinbarungen

Den allgemeinen Gerichtsstand bestimmt Art. 37 ZPO durch den Wohnsitz des Beklagten oder - falls er über keinen bekannten Wohnsitz verfügt - durch seinen letzten Wohnsitz. Die subsidiäre Anknüpfung an den allgemeinen Aufenthaltsort des Beklagten, wie sie die alte ZPO in Art. 8 alte Fassung noch vorgesehen hatte, greift die Neuregelung nicht auf. Bei mehreren Beklagten mit unterschiedlichem Gerichtsstand hat der Kläger die Wahl, bei welchem Gericht er die Klage anhängig machen will (Art. 38 ZPO).

Artikel 39 ZPO listet die besonderen, Art. 40 ZPO die ausschließlichen Gerichtsstände auf. Hervorzuheben ist, dass der ausschließliche Gerichtsstand bei Konkurs und der bei Verletzung geistigen Eigentums bis auf weiteres noch nicht in die Praxis umgesetzt werden können, da die funktional zuständigen Gerichte erst ins Leben gerufen werden müssen.

Ist ein algerisches Gericht nach den soeben skizzierten Vorschriften örtlich zuständig, dann ist auch die internationale Zuständigkeit Algeriens gegeben.

Die Art. 41 f. ZPO sorgen für eine Erweiterung dieser Zuständigkeit, sofern eine der Streitparteien Ausländer ist, und zwar wie folgt:

Jeder Ausländer - auch wenn er in Algerien nicht ansässig ist – kann vor algerischen Gerichten auf Erfüllung einer Verbindlichkeit verklagt werden, die er in Algerien mit einem Algerier eingegangen ist. Denn Art. 41 Abs. 1 ZPO eröffnet die algerische Gerichtsbarkeit für Forderungen aus Verträgen, die ein Algerier mit einem Ausländer, der nicht unbedingt in Algerien ansässig sein muss, dort geschlossen hat. Richtet sich die Forderung gegen den Ausländer, kommt es auf den Ort des Vertragsschlusses nicht mehr an; es genügt, dass der vermeintliche Anspruchsinhaber Algerier ist (Art. 41 Abs. 2 ZPO). Umgekehrt kann nach Art. 42 ZPO jeder Algerier vor algerischen Gerichten verklagt werden, auch wenn der Kläger Ausländer und der Ort des Vertragsschlusses nicht in Algerien belegen ist. Insoweit weicht die neue Prozessordnung von der alten ZPO nicht ab, die mit den Art. 10 f. bereits inhaltsgleiche Vorschriften besaß.

Gerichtsstandvereinbarungen sind nur unter Kaufleuten zulässig (Art. 45 ZPO). Nach Entstehung der Streitigkeit können wohl auch Nicht-Kaufleute die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen Gerichts begründen, wenn sie vor ihm erscheinen und entsprechende Erklärungen unterschreiben. Möchte die beklagte Partei dagegen die örtliche Unzuständigkeit des Gerichts rügen, so muss sie dies vor ihrer Einlassung zur Sache tun. Die Rüge hat außerdem eine Begründung sowie einen Hinweis auf das aus Beklagtensicht zuständige Gericht zu enthalten. Erst dann fällt der Richter eine Entscheidung über die Rüge.

Inwieweit auch internationale Gerichtsstandklauseln unter diese Vorschriften fallen, ist offen - die vorherige Rechtslage enthielt keine Bestimmungen zu Gerichtsstandvereinbarungen, die Materie ist also ein Novum in der Gesetzgebung. Es ist wohl davon auszugehen, dass ein algerischer Gerichtsstand in aller Regel prorogiert, nicht aber derogiert werden kann. Jedenfalls dürfte die Derogation ausgeschlossen sein, sofern es sich um einen ausschließlichen Gerichtsstand oder um die in Art. 41 f. ZPO umschriebene Fallgruppen mit Auslandsbezug handelt.

Es besteht kein bilaterales Rechtshilfeabkommen mit Deutschland.

Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen

Unabhängig davon können ausländische Gerichtsentscheidungen nach Maßgabe der Art. 605 bis 608 vollstreckt werden. Dazu bedarf es der Vollstreckbarkeitserklärung durch ein algerisches Gericht (Exequatur). Es erteilt eine Vollstreckbarerklärung nur, wenn die ausländische Gerichtsentscheidung

  • nicht unter Verletzung von Zuständigkeitsvorschriften zustande gekommen ist;
  • nach dem Recht des Urteilstaats rechtskräftig geworden ist;
  • nicht im Widerspruch zu einer rechtskräftigen algerischen Entscheidung steht;
  • nicht gegen die öffentliche Ordnung und Moral in Algerien verstößt.

Die Verbürgung der Gegenseitigkeit fordert das algerische Recht nach wie vor nicht.

Schiedsgerichtsbarkeit

Das Schiedsrecht regeln die (Art. 975 bis 977 und 1006 bis 1061 ZPO). Die Vorschriften sind nicht an das UNCITRAL-Modellgesetz angelehnt. Mit ihnen kam Algerien seiner völkerrechtlichen Verpflichtung aus dem New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach, dem das Land mit Wirkung zum 8. Mai 1989 beigetreten war.

Die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs kann mit folgenden Gründen angefochten werden (Art. 1056 ZPO):

  • das Schiedsgericht wurde ohne Vorliegen einer gültigen Schiedsvereinbarung tätig;
  • das Schiedsgericht war nicht vorschriftmäßig besetzt;
  • das Schiedsgericht hielt sich nicht innerhalb seiner ihm übertragenen Entscheidungskompetenz;
  • das Prinzip des rechtlichen Gehörs wurde verletzt;
  • der Schiedsspruch ist nicht begründet beziehungsweise die Begründung ist in sich widersprüchlich;
  • der Schiedsspruch verstößt gegen den internationalen ordre public.

Im Grunde sind Streitigkeiten aus Verträgen mit der öffentlichen Hand nicht schiedsfähig (Art. 975 ZPO). Davon lässt der Gesetzgeber allerdings zwei Ausnahmen zu: 

  • die Schiedsfähigkeit ergibt sich aus einem internationalen Übereinkommen oder
  • die Streitigkeit resultiert aus einem kraft öffentlicher Ausschreibung begründeten Rechtsverhältnis.

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