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Branchen | Bangladesch | Textilien und Bekleidung

Bangladesch will Importabhängigkeit bei Fasern verringern

Ohne Baumwolle und Chemiefasern aus dem Ausland würden in der bangladeschischen Textilindustrie die Maschinen still stehen – doch das soll sich ändern.

Von Boris Alex | New Delhi

Bangladesch zählt weltweit zu den wichtigsten Herstellern und Exporteuren von Bekleidung. Die Rohstoffe zur Produktion der Ready Made Garments (RMG) werden allerdings fast vollständig im Ausland bezogen. Im Jahr 2021 importierte das Land Textilfasern im Wert von fast 14 Milliarden US-Dollar (US$). Um die Importabhängigkeit der Textilbranche zu verringern, soll mehr Baumwolle angebaut und Chemiefasern künftig auch in Bangladesch produziert werden. Zudem soll die Rohstoffgewinnung aus Gebrauchttextilien verstärkt genutzt werden.

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Baumwolle bleibt wichtigste Faser für die Bekleidungsindustrie

Bangladeschs Textilunternehmen stellen vor allem Oberbekleidung wie Hosen, T-Shirts und Pullover aus Baumwolle her. Deren Anteil an der Gesamtproduktion beziffert die Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association (BGMEA) auf etwa 75 Prozent. Weltweit geht die Nachfrage nach Bekleidung aus Baumwolle aber seit Jahren zurück. Viele Hersteller wollen daher ihr Sortiment stärker auf anspruchsvollere Artikel, wie Funktionsbekleidung und Unterwäsche, ausrichten. Letztere machten im Finanzjahr 2021/2022 (1. Juli bis 30. Juni) mit 2,3 Milliarden US$ nur rund 7 Prozent der gesamten RMG-Exporte aus.

Gemessen am riesigen Baumwollbedarf der Bekleidungsindustrie ist die heimische Produktion gering. Nicht einmal 2 Prozent der jährlich verbrauchten Fasern stammen von lokalen Plantagen. Auf den 45.000 Hektar großen Anbaufläche (0,6 Prozent der gesamten Agrarfläche von 8 Millionen Hektar) wurden 2022/2023 rund 28.000 Tonnen geerntet, so die Daten des Cotton Development Board (CDB). Dem gegenüber standen Einfuhren von 1,5 Millionen Tonnen. Damit war Bangladesch der zweitgrößte Importeur hinter China. Die wichtigsten Bezugsländer waren Indien mit einem Anteil von 35 Prozent, gefolgt von Brasilien (13 Prozent) und den USA (7 Prozent).

Bangladesch will Baumwollproduktion bis 2030 vervierfachen

Im laufenden Finanzjahr 2023/2024 dürfte der Baumwollbedarf um rund 9 Prozent auf 1,6 Millionen Tonnen zulegen, so die Prognose des Global Agricultural Information Network. Um langfristig weniger abhängig von Importen zu sein, will Bangladesch die Baumwollproduktion bis 2030 auf 136.500 Tonnen vervierfachen. Um dieses Ziel zu erreichen, soll die Anbaufläche auf 100.000 Hektar mehr als verdoppelt und der Ertrag pro Hektar von derzeit etwa 660 auf 1.400 Kilogramm gesteigert werden. Bis 2041 könnte die Baumwollproduktion 345.800 Tonnen erreichen, so die Prognose des CDB.

Eine weitaus bedeutendere Rolle bei der bangladeschischen Faserproduktion spielt Jute. Hier lag das Land mit 1,6 Millionen Tonnen im Finanzjahr 2021/2022 nur knapp hinter Indien. Die Jute wird vor allem zu Verpackungsmaterialien und in geringerem Umfang auch zur Herstellung von Heimtextilien wie Polster- und Kissenbezügen, Gardinen oder Bettwäsche weiterverarbeitet. Bangladesch exportiert jedes Jahr Rohjute und Juteartikel im Wert von rund 1 Milliarde US$.

Textilunternehmen müssen Chemiefasern importieren

Auch bei Chemiefasern ist Bangladeschs Textil- und Bekleidungsindustrie nahezu vollständig auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. Im Finanzjahr 2021/2022 importierten die Spinnereien 110.000 Tonnen Polyesterfasern und rund 93.000 Tonnen Viskosefasern, so die Daten der Bangladesh Textile Mills Association (BTMA). Der Bedarf wird in den nächsten Jahren stark wachsen, prognostiziert der Verband. Denn die Branche will bis 2030 nicht nur die Bekleidungsexporte auf 100 Milliarden US$ mehr als verdoppeln, sondern auch den Anteil von Bekleidung aus Chemiefasern und Mischgeweben von zurzeit 24 auf 40 Prozent steigern.

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Damit könnte sich mittelfristig auch die Herstellung von Polyester- und Viskosefasern vor Ort lohnen, so die Einschätzung von BTMA. Zwar hätten Hersteller unter anderem aus China und Südkorea bereits ihr Interesse bekundet, eine Chemiefaserproduktion in Bangladesch aufzubauen. Aber bei den bisherigen Marktvolumina würde sich eine Investition noch nicht rentieren. Auch für die großen lokalen Textilkonzerne könnte sich eine vertikale Integration langfristig lohnen, so BTMA.

Textilrecycling steht noch am Anfang

Eine Möglichkeit, die Importabhängigkeit bei Fasern zu verringern und gleichzeitig den Ressourcenverbrauch in der Textilindustrie zu senken, wäre die Wiederverwertung von Gebrauchttextilien. Branchenschätzungen zufolge fallen beim Herstellungsprozess in der bangladeschischen Bekleidungsindustrie 10 bis 20 Prozent des Materials als Verschnitt an – jedes Jahr zwischen 400.000 und 500.000 Tonnen, so die Angaben der BTMA. Dieser sogenannte "Pre-Consumer"-Abfall wird zu 95 Prozent exportiert – vor allem nach Indien – und dort dann entweder zu Fasern recycelt oder für andere Anwendungen downcycelt.

Der Verband schätzt, dass es in Bangladesch etwa 20 Firmen gibt, die Baumwollfasern aus gebrauchten Textilien herstellen – darunter mit Beximco auch einer der größten Bekleidungsproduzenten des Landes. Zudem gibt es Firmen wie CYCLO oder Recycle-Raw, die sich auf die Kreislaufwirtschaft im Textilsektor spezialisiert haben, aber oft nur einen Teil der Wiederverwertungskette wie Sammlung und Sortierung abdecken. Für den Prozess, aus Gebrauchttextilien wieder Fasern herzustellen – insbesondere bei Mischgeweben – fehlt es in Bangladesch an Know-how und Ausrüstung, so die Aussage der BTMA.

Bekleidung aus recycelten Fasern für den EU-Markt

Dabei ist das Marktpotenzial für das Textilrecycling durchaus attraktiv. Würden die Unternehmen ihre Pre-Consumer-Abfälle in Bangladesch weiterverarbeiten, statt sie zu exportieren, könnte dies Geschäftschancen von 4 Milliarden bis 5 Milliarden US$ pro Jahr eröffnen, so die Aussage der BGMEA. Um die Umweltanforderungen der EU im Rahmen des "EU Green Deals" zu erfüllen, müssen die Bekleidungshersteller künftig wiederverwertete Fasern in ihren Produkten verarbeiten. Dies dürfte ebenfalls einen Schub für das Textilrecycling in Bangladesch bringen, prognostiziert der Verband.

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