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Branche kompakt | USA | Chemische Industrie

Branchenstruktur

Die Chemieindustrie findet gute Standortbedingungen in den USA vor. An ihrer Golfküste entstehen Anlagen für Flüssigerdgas. Auch deutsche Unternehmen bauen ihre Produktion aus.

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Die Vereinigten Staaten sind weltweit der zweitgrößte Produzent von chemischen Erzeugnissen nach China. Die Branche deckt die gesamte Bandbreite von Grundchemikalien, chemischen Zwischenerzeugnissen und Spezialchemikalien ab. Wichtige Segmente sind Agrarchemikalien, Automobilchemie, Substanzen zur Wasserbehandlung, Kleb- und Dichtstoffe sowie industrielle Gase.

Produktion ausgewählter chemischer Erzeugnisse in den USA 1)Produktionsindizes 2)

Sparte

2021

2022

2023

 2024

Chemische Erzeugnisse (außer Pharmazeutika und Arzneimittel)

93,4

95,9

95,7

96,7

Organische Chemikalien

94,3

91,3

90,2

87,8

Anorganische Basischemikalien

89,1

96,2

100,9

98,2

Harz, Synthesekautschuk und -fasern

86,5

87,1

87,3

90,6

Agrarchemikalien

106,3

111,8

112,5

119,0

Farben, Lacke und Klebstoffe

95,0

108,5

100,4

97,2

Seifen und Körperpflegemittel

93,4

96,8

101,0

108,7

1 Durchschnittswert, 2017=100; 2 saisonbereinigt.Quelle: Federal Reserve 2025

LNG-Großanlagen im Aufbau

Über die größten Kapazitäten verfügt mit insgesamt 132 Raffinerien die Petrochemie. Die Anlagen konnten im Jahr 2024 eine Rohölmenge von insgesamt 18,4 Millionen Barrel pro Tag verarbeiten. Aufgrund der Schließung von zwei Raffinerien durch LyondellBasell und Phillips 66 wird bis 2026 ein Rückgang der Verarbeitungskapazitäten um 370.000 Barrel pro Tag erwartet.

Auf Hochtouren läuft hingegen der Ausbau der Terminals für Flüssigerdgas (Liquified Natural Gas; LNG), das in den USA durch Fracking gewonnen wird. Mit einer bereits installierten Kapazität von rund 123 Millionen Tonnen sicherten sich die USA 2024 zum zweiten Mal in Folge den Titel des Exportweltmeisters für LNG. Und liegen damit vor Australien und Katar

In den Bundesstaaten Louisiana und Texas entstehen derzeit fünf zusätzliche Gasverflüssigungsanlagen. Dadurch kommt bis 2028 eine jährliche Kapazität von knapp 79 Millionen Tonnen hinzu. Zu den Vorhaben zählt die zweite Phase des Plaquemines-Projektes in Louisiana, welches ab 2025 jährlich 13,8 Millionen Tonnen LNG bereitstellen soll.

Zehn weitere Projekte befinden sich zudem derzeit im Bau. Allein dadurch könnten weitere LNG-Kapazitäten von mindestens 107 Millionen Tonnen entstehen. Ein von US-Präsident Joe Biden verhängtes Moratorium für neue LNG-Exportprojekte wurde mittlerweile durch die Trump-Regierung aufgehoben, so dass noch weitere Anlagen hinzukommen könnten. Wie viele zusätzliche LNG-Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden, bleibt abzuwarten: Es gibt bereits Warnungen vor drohenden Überkapazitäten.

Attraktive Standortbedingungen dank günstiger Preise

Die reichhaltige und kostengünstige Verfügbarkeit von Erdgas ist einer der Hauptgründe für die guten Standortbedingungen der Chemieindustrie in den USA. Die U.S. Energy Administration (EIA) erwartet für das Jahr 2025 einen durchschnittlichen Spotpreis für Erdgas im als Benchmark geltenden Henry Hub nahe Erath, Louisiana, von 3,80 US-Dollar (US$) pro Million britischer Wärmeeinheiten (Metrische Millionen Britische Wärmeeinheiten; MMBtu). Damit liegt der erwartete Preis deutlich unter dem Durchschnittsniveau der letzten 20 Jahre von 4,18 US$. In Europa, wo die niederländische Title Transfer Facility (TTF) als wichtige Benchmark gilt, lag der Gaspreis Anfang 2025 bei über 14 US$ je MMBtu.

Hinzu kommt günstiger Strom: Laut der EIA lag der durchschnittliche Industriestrompreis im Dezember 2024 bei 8,01 US$ pro Megawattstunde. In Deutschland sind die Stromkosten mehr als doppelt so hoch.

Die US-Chemieindustrie kann deshalb in die Zukunft ihrer Standorte investieren. Nachdem im Jahr 2024 Investitionen in Höhe von 34 Milliarden US$ getätigt wurden, erwartet der ACC für 2025 einen Anstieg um 3,2 Prozent. Im Jahr 2026 sollen die Investitionen um 2,8 Prozent wachsen.

Deutsche Unternehmen auf Investitionskurs

Auch deutsche Chemiekonzerne bauen ihre Anlagen in den USA aus: BASF steckt bis 2025 rund 780 Millionen US$ in die Erweiterung der Fertigungsstätte Geismar, Louisiana. Evonik erhöht die Produktion von Kieselsäure in Charleston, South Carolina, bis 2026 um die Hälfte. Covestro will einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag investieren, um den Standort Hebron, Ohio, bis 2026 zu erweitern. Dies umfasst mehrere Produktionslinien für  Polycarbonate.

Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in den USAInvestitionssumme in Millionen US-Dollar
Akteur (Projekt)

Investitionssumme

Geplante Fertigstellung

Anmerkung
Formosa Plastics (Sunshine Project)

9.400

Baustart unklar, Genehmigung noch nicht vollständig erteilt

Herstellung von Polymeren in St. James, Louisiana; Kapazität pro Jahr: 2,4 Mio. t Ethylen für u.a. 800.000 t LLDPE und HDPE
Chevron Phillips/Qatar Energy (Golden Triangle Polymers)

8.500

2026

Herstellung von Polymeren in Orange, Texas; Kapazität pro Jahr: 2,1 Mio. t Ethylen und 2 Mio. t Polyethylen

LG Chemicals

3.200

2027

Herstellung von Kathodenaktivmaterial in Clarksville, Tennessee; Kapazität pro Jahr: 120.000 t
Cronus Chemicals

2.300

2028

Herstellung von Ammoniak für Düngemittel in Tuscola, Illinois; Kapazität pro Jahr: 840.000 t

Mitsubishi Chemical

1.000

 2025

Herstellung von Methylmethacrylat in Geismar, Louisiana; Kapazität pro Jahr: 35.000 t
Syenqo

850

2027

Herstellung von Polyvinylidenfluorid für die Batterieindustrie in Augusta, Georgia; Kapazität pro Jahr: ausreichend für 5 Mio. Autobatterien

Koura Chemicals

800

2027

Herstellung von Batteriechemikalien in St. Gabriel, Louisiana; Kapazität pro Jahr: 11.000 t Lithiumhexafluorophosphat und 44.000 t R-142b (Kältemittel)

Epsilon Advanced Materials

650

2026

Herstellung von Grafitanoden in Clarksville, Tennessee; Kapazität pro Jahr: 50.000 t
PCC GulfChem

540

2028

Herstellung von Chloralkali in Pass Christian, Mississippi; Kapazität pro Jahr: 340.000 t
PPG Industries

225

2026

Herstellung von Farben und Lacken in Loudon, Tennessee; Kapazität pro Jahr: 42 Mio. l
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025

Für Bewegung sorgen auch Batteriehersteller, die in den USA eine Gigafactory nach der anderen hochziehen. Bis 2028 könnte eine Gesamtkapazität von mehr als 1.000 Gigawattstunden entstehen. Dadurch steigert sich beispielsweise die Nachfrage nach Fluorkunststoffen, die für Batterien benötigt werden.

Gleichzeitig löste der IRA eine Investitionswelle entlang der gesamten Batteriewertschöpfungskette aus. BASF gehört zu einer Reihe von Unternehmen, die die Produktion von Kathodenmaterial starten. Lanxess ist in El Dorado, Arkansas, zusammen mit dem kanadischen Unternehmen Standard Lithium an einem Lithiumprojekt beteiligt.

Der CHIPS and Science Act hat entlang der Wertschöpfungskette für Halbleiter über 80 Projekte mit einem Investitionsvolumen von rund 450 Milliarden US$ angestoßen. In der Folge dürfte sich die Chipproduktion in den USA bis 2032 mehr als verdreifachen. Zur Herstellung eines Mikrochips werden rund 500 verschiedene Spezialchemikalien benötigt. Als Nebeneffekt löste der CHIPS and Science Act deshalb bereits knapp 30 Projekte für chemische Ausgangsmaterialien aus.

Für die Herstellung von chemischen Halbleiterlösungen investiert das zu Merck aus Darmstadt gehörende Unternehmen EMD Electronics rund 300 Millionen US$ in Pennsylvania. Weitere Großinvestitionen gibt es beispielsweise durch Entegris in Colorado (600 Millionen US$) und Soulbrain in Texas (575 Millionen US$).

Vielzahl an regionalen Chemieclustern

Der heterogene Charakter der Chemieindustrie und die engen Verbindungen zu anderen Wirtschaftszweigen zeigen sich auch geografisch. So verfügen fast alle US-Staaten über chemische Produktionskapazitäten. Herausgebildet haben sich klare regionale Schwerpunkte.

Für die Produzenten chemischer Grundstoffe aus Erdöl und Erdgas ist unter anderem die Nähe zu den Förderstätten und Häfen wichtig. Rund 90 Prozent der petrochemischen Produktion ballt sich deshalb in den Küstenstaaten Texas und Louisiana. Auch die Herstellung von Basischemikalien und Kunststoffen konzentriert sich stark an der US-Golfküste.

Regionale Schwerpunkte in der US-Chemieproduktion

Region

Schwerpunkte

Golfküste

Petrochemikalien, Grundchemikalien, Polymere, Kunstharze, Synthesekautschuk

Mittlerer Westen

Agrarchemikalien, Kunststoffe, Farben

Ohio Valley

Organische Chemikalien, Kunststoffe, Spezialchemikalien

Mittelatlantik

Konsumgüter

Südosten

Anorganische Chemikalien, Fasern, Konsumgüter, Batteriechemikalien

Nordosten

Konsumgüter, Spezialchemikalien

Westküste

Grundchemikalien, Agrarchemikalien, Konsumgüter
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025

Die Stärke der US-Chemie zeigt sich auch in der Unternehmenslandschaft. Die USA haben weltweit agierende Branchengrößen wie Dow, ExxonMobil und Chevron hervorgebracht. DuPont kündigte Anfang 2025 an, seine Elektroniksparte in ein eigenständiges börsennotiertes Unternehmen abzuspalten.

Wichtige Branchenunternehmen in den USAUmsatz in Milliarden US-Dollar

Unternehmen

Sparte

Umsatz 2023

Dow

Chemieproduktion

44,6

ExxonMobil

Petrochemikalien

40,7

LyondellBasell Industries

Chemieproduktion

32,0

Mosaic

Düngemittel

13,7

Air Products and Chemicals

Industriegase

12,6

DuPont

Chemieproduktion

12,1

Chevron Phillips Chemical

Petrochemikalien

11,6

Celanese

Chemieproduktion

10,9

Albemarle

Spezialchemikalien

9,6

Eastman Chemical

Chemieproduktion

9,2

Quelle: Chemical & Engineering News (C&EN)

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